In der KI-begeisterten Schweiz nimmt Desinformation zu

In der KI-begeisterten Schweiz nimmt Desinformation zu
Generative KI-Tools verbreiten sich auch in der Schweiz rasant. (Unsplash)

Neuchâtel – 2025 nutzten mehr als zwei von fünf Personen künstliche Intelligenz (KI) zur Erstellung von Inhalten wie Texten oder Bildern. Bei den 15- bis 24-Jährigen waren es sogar vier von fünf Personen. Gleichzeitig sieht sich die Bevölkerung online vermehrt mit Desinformation, Hassreden oder Betrug konfrontiert. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse der jüngsten Befragung des Bundesamtes für Statistik (BFS) zur Internetnutzung in den Schweizer Haushalten.

Im Frühling 2025 gaben 43% der Bevölkerung zwischen 15 und 88 Jahren an, bereits einmal ein generatives KI-System genutzt zu haben. Dieses erstellt anhand einer Anweisung Text-, Bild- oder Toninhalte.

Generative KI-Tools verbreiten sich rasant
3,2 Millionen Personen in der Schweiz haben in den drei Monaten vor der Befragung generative KI genutzt – und bei vielen von ihnen kamen die entsprechenden Tools sogar sehr häufig zum Einsatz: 36% der Personen, die KI nutzten, griffen täglich auf sie zurück, 34% taten dies mindestens einmal pro Woche. Angesichts der Tatsache, dass KI-Systeme lediglich seit drei Jahren für die breite Öffentlichkeit verfügbar sind, erscheinen die Anzahl der Nutzenden und die Nutzungshäufigkeit umso höher.

Am häufigsten werden die Systeme zu privaten Zwecken eingesetzt (38% der Bevölkerung), gefolgt von beruflichen Zwecken (31%). Innerhalb des formalen Bildungssystems (z. B. Schulen und Hochschulen) wird eine Nutzungsquote von 75% erreicht.

KI verdeutlicht den digitalen Graben
Die Nutzung generativer KI-Tools variiert stark je nach soziodemografischem Profil. Die bestehenden Ungleichheiten bei der allgemeinen Nutzung digitaler Technologien treten bei dieser neuen Technologie noch verstärkt auf.

So greifen besonders junge Menschen auf generative KI zurück: 79% der 15- bis 24-Jährigen nutzen entsprechende Tools, bei den 25- bis 34-Jährigen sind es lediglich 66%. Dieser Anteil sinkt mit zunehmendem Alter weiter (55- bis 64-Jährige: 28%). Auch mit Blick auf das Bildungsniveau zeigen sich deutliche Unterschiede. 63% der Personen mit einem Hochschulabschluss verwenden generative KI, gegenüber 17% der Personen ohne nachobligatorische Ausbildung. Zwar nutzen Männer generative KI insgesamt häufiger als Frauen, in den Altersgruppen unter 30 Jahren bestehen jedoch keine geschlechtsspezifischen Unterschiede.

Die Hälfte der Bevölkerung nutzt keine generative KI
Auch wenn sich die generative KI rasant verbreitet, wird sie noch nicht flächendeckend beansprucht. Ein Drittel der Bevölkerung sieht für sich keinen Nutzen in den entsprechenden Anwendungen und 7% haben Datenschutz- und Sicherheitsbedenken. Lediglich 7% geben an, dass es ihnen an den notwendigen Kompetenzen mangelt, was zeigt, dass die Mehrheit der Bevölkerung der Ansicht ist, KI-Systeme seien relativ einfach in der Anwendung. Nur 2% der Bevölkerung geben an, keine Kenntnis von der Existenz solcher Tools zu haben.

Zunehmend problematische Inhalte und Sicherheitsprobleme
Die Ergebnisse zeigen einen weiteren wichtigen Aspekt: Zwischen 2023 und 2025 haben Sicherheitsprobleme, Desinformation und Hassrede im Internet stark zugenommen. Diese Entwicklung verdeutlicht die zunehmende Verbreitung problematischer Online-Inhalte sowie den Anstieg der Risiken und Gefahren bei der Internetnutzung. Der Anteil der Personen, die in den drei Monaten vor der Befragung betrügerische Nachrichten (Phishing) erhalten haben, ist von 51% auf 61% angestiegen (4,4 Mio. Personen). Die Zunahme dieser Art von Online-Betrug zeigt sich auch beim Anteil der Nutzenden, die angeben, in den zwölf Monaten vor der Befragung finanzielle Verluste erlitten zu haben. Deren Anteil lag 2021 noch bei 1,7% und verdoppelte sich bis 2025 auf 3,4% (250 000 Personen).

Desinformation auf dem Vormarsch
Auch Desinformation nimmt zu. Der bereits zwischen 2021 und 2023 beobachtete Aufwärtstrend bestätigt sich: 2025 gaben 58% der Bevölkerung an, auf Websites oder in den sozialen Medien Inhalte angetroffen zu haben, die sie für falsch oder fragwürdig hielten (2021: 45%; 2023: 51%). Junge Menschen unter 30 Jahren und Nutzende sozialer Medien sind besonders häufig Desinformation ausgesetzt (68% bzw. 67%).

Der Umgang mit Falschinformationen bleibt im Wesentlichen unverändert: Rund die Hälfte der Nutzenden überprüft den Wahrheitsgehalt der angetroffenen Inhalte. Die Mehrheit derjenigen, die dies nicht tun (38%), glaubt, bereits zu wissen, dass es sich um Falschinformationen bzw. eine unzuverlässige Quelle handelt. 15% räumen hingegen ein, nicht über die notwendigen Kenntnisse oder Fähigkeiten zu verfügen, um die Inhalte zu prüfen.

Hassrede nimmt zu
Immer mehr Internetnutzende werden mit Hassbotschaften konfrontiert. 2025 gaben 42% der Bevölkerung an, in den sozialen Medien oder auf Informationsseiten feindselige oder abwertende Botschaften gesehen zu haben, die sich gegen Gruppen oder Einzelpersonen richteten. Dies entspricht einem Anstieg von 4,5 Prozentpunkten. Wiederum berichteten am häufigsten die unter 30-Jährigen sowie Nutzende sozialer Medien von solchen Inhalten (61% bzw. 50%).

Ein besonders starker Anstieg ist bei Hassbotschaften im Zusammenhang mit politischen oder gesellschaftlichen Meinungen sowie Religion zu verzeichnen, ebenso wie bei fremdenfeindlichen Inhalten. Hassbotschaften, die sich auf die sexuelle Orientierung oder eine Behinderung beziehen, treten in etwa so häufig auf wie 2023. (mc/pg)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert