Bernhard Kunz, Direktor Hupac Gruppe: «Wir wollen weiterhin mit eigenen Terminals an wichtigen Standorten die Unabhängigkeit gewährleisten»

Bernhard Kunz, Direktor Hupac Gruppe: «Wir wollen weiterhin mit eigenen Terminals an wichtigen Standorten die Unabhängigkeit gewährleisten»

von Patrick Gunti


Herr Kunz, Hupac hat 2006 mit über 612’000 Strassensendungen eine neue Rekordmenge befördert. Der Umsatz konnte auf 476,9 Mio., der Jahresgewinn um 7,4 % auf knapp 7 Mio. und der Cash flow um 16,7% auf 58,7 Mio. Franken gesteigert werden. Was sind die Hauptgründe für das Rekordergebnis?


In erster Linie sicher der positive Konjunkturverlauf. Hinzu kommen auch die Engpässe auf der Strasse, sei dies durch die erhöhten Staukosten und die dadurch reduzierte Produktivität, sei dies zum Teil wegen des Fahrermangels in Ländern wie Benelux. Dies hat viele Kunden dazu bewogen, auf den kombinierten Verkehr als zweites Standbein zu setzen. Auch die Ausdehnung unseres Netzwerkes Richtung Spanien und Osteuropa hat dazu beitragen. Im Transit durch die Schweiz hat der kombinierte Verkehr den Marktanteil gegenüber der Strasse erhöht.


Für die Strategieperiode 2006-2010 geht das Unternehmen von einem jährlichen Wachstum von 10-12 % aus. Liegt Hupac auf Kurs oder wird das entsprechende Ziel eines Sendungsvolumens von knapp 930’000 sogar vorher erreicht?

Bereits ein jährliches Wachstum von 10-12% ist ein sehr ambitiöses Ziel. Der Erfolg hängt auch von den zur Verfügung stehenden Terminal- sowie Streckenkapazitäten ab. Speziell im Terminalbereich verzeichnen wir grosse Engpässe in allen wichtigen Wirtschaftsräumen in Europa. Gerade im Raum Rhein-Ruhr, in Rotterdam sowie im Osten von Mailand fehlt es an den nötigen Infrastrukturen. Dies kann das Wachstum negativ beeinflussen, ist doch der Terminal das wichtigste Bindeglied zwischen Strasse und Schiene.


Hupac wird sich weiterhin bemühen, mit eigenen Terminals an wichtigen Standorten die Unabhängigkeit zu gewährleisten und so die Angebote und Frequenzen der Züge noch weiter auszudehnen. Als jüngstes Beispiel ist der Standort Antwerpen zu nennen, wo wir versuchen, mit einer eigenen Terminalinfrastruktur unsere Position zu festigen. Neben Terminals werden wir auch in neues Rollmaterial investieren. Total investieren wir in der Strategieperiode 2006-2010 durchschnittlich CHF 70 Mio. pro Jahr.


Die Hauptstossrichtung von Hupac liegt weiter im transalpinen kombinierten Verkehr. 460’000 Sendungen befördern Sie hier jährlich. Für 2010 lautet die Zielgrösse 717’000 Sendungen. Gibt es dabei auch neue Achsen, die Sie im Visier haben?

Um die transalpinen Verkehre weiter auszubauen, werden wir auch auf anderen Achsen tätig sein, wie dies bereits über den Brenner der Fall ist. Aber auch andere Feeder-Verkehre vom Raum Benelux sowie vor allem von Osteuropa hin zu Gateway-Terminals nördlich und südlich der Alpen verbinden die Knotenpunkte unserer transalpinen Pipeline von über 60 Zügen/Tag. Vor wenigen Wochen haben wir einen neuen Zug zwischen Antwerpen und Perpignan eingeführt. Gerade die Verkehre von/zu der iberischen Halbinsel sind für den kombinierten Verkehr prädestiniert. Durch die Qualitätsprobleme, die in Frankreich bestanden, war dieser Verkehr stagnierend. Nun sehen wir aber eine Chance, durch die Marktöffnung, die nun auch in Frankreich vollzogen ist, neue Potentiale für die Schiene zu gewinnen. Dieser erste Zug ist ein erster Beginn. Wir sind überzeugt, dass die Nachfrage bei qualitativ guten Produkten weiter zunehmen wird.


«Hupac wird sich weiterhin bemühen, mit eigenen Terminals an wichtigen Standorten die Unabhängigkeit zu gewährleisten und so die Angebote und Frequenzen der Züge noch weiter auszudehnen.» (Bernhard Kunz, Direktor Hupac Gruppe)


Der Geschäftsbereich Shuttle Net (unbegleiteter kombinierter Verkehr) steigerte das Volumen um 95’500 auf über 591’000 Strassensendungen. Auf welchen Strecken waren die grössten Zuwächse zu verzeichnen?

Der relativ grosse Zuwachs auf nicht-transalpinen Relationen hat zum einen mit der Zunahme im Maritimverkehr zu tun, zum anderen aber mit der Anbindung weiterer Destinationen in Osteuropa. Dieser Markt wird sich weiter öffnen und weiterhin zweistellige Zuwachsraten erzielen.


Was waren die Kennzeichen im Bereich «Maritimer Verkehr»?

Die Hafenanbindungen an unser europäisches Shuttlenetz haben für uns eine der höchsten Prioritäten. Wir sind speziell an strategische Allianzen interessiert, wo sich Maritimverkehre auf Ganzzugsrelationen bündeln lassen. Dass dies funktioniert und konkurrenzfähig ist, zeigt das Beispiel des Groupement Fer-Verkehrs, den wir mit täglich zwei Zügen zwischen Antwerpen und der Schweiz bedienen. Wir wollen dieses System auch mit anderen Häfen ausbauen und Hinterland-Terminals mit grossen Häfen Europas verbinden. Dieser Verkehr hat ein sehr hohes Potential; die Wachstumsprognosen sind im Überseeverkehr grösser als im kontinentalen Verkehr.


Wie wichtig ist für Hupac der Bereich «Rollende Autobahn», bei dem LkW’s befördert werden, die für den unbegleiteten Verkehr nicht ausgerüstet sind?

Die Rollende Autobahn ist für uns ein wichtiges Ergänzungsangebot. Am Gotthard sind wir durch die niedrige Eckhöhe (3,80m) benachteiligt, da alle heutigen Strassenfahrzeuge bereits über 4 Meter Eckhöhe verfügen. Auf der Achse Freiburg-Novara sind wir zusammen mit SBB, BLS und Trenitalia an der RAlpin beteiligt. Auf diesem Korridor bauen wir die Verkehre weiter aus, da hier das erforderliche 4-m-Profil vorhanden ist.


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Seit letztem Jahr setzt Hupac satellitengestützte Ortungssysteme für die Züge ein. Wie sind die Erfahrungen mit dem System E-train?

Das satellitengestützte Ortungssystem wird bei uns täglich benutzt und hat sich bereits bewährt. Ziel ist es, die Zugsortung kontinuierlich und automatisch vorzunehmen, ohne dabei personelle Ressourcen zu binden. Die eingesparte Zeit kann unser Personal vermehrt den Kunden widmen. Des weiteren kann dadurch der Informationsfluss gegenüber den Kunden verbessert werden.


Hupac feiert am 1. Juni 2007 das 40-Jahr-Jubiläum. Die technischen Innovationen gehören sicherlich zu den bedeutendsten Entwicklungen der letzten Jahre. Welches waren die anderen grossen Veränderungen im Huckepackverkehr?

Mit einigen Innovationen hat Hupac zur erfolgreichen Entwicklung des kombinierten Verkehrs beigetragen. Ich denke hier besonders an die Einführung des Shuttle-Zug-Konzepts Anfang der 90er Jahre. Dies hat einen enormen Produktivitätssprung ausgelöst und davon haben Bahnen, Terminaloperateure und vor allem die Kunden profitiert, weil die Transportzeit reduziert und die Qualität verbessert wurden.


  Vor drei Jahren hat das Konzept der durchgehenden Traktion im transalpinen Verkehr die Rahmenbedingungen der Eisenbahntraktion revolutioniert. Dies wurde durch eine europaweite Ausschreibung der Hupac ausgelöst. Die Kriterien waren dabei vor allem die Traktionsleistungen, die durch ein Bahnunternehmen durchgehend vom Anfangs- bis Endterminal vorgenommen werden müssen. Dadurch werden Schnittstellen reduziert, und der betreffende Bahnpartner muss von diesem Moment an für die ganze Relation die Koordination sowie die Verantwortung übernehmen. Dies hat zu erhöhter Effizienz bei den Eisenbahngesellschaften geführt.
Dadurch entstand auch der Vorteil der freien Wahl des Partners auf der Nord-Südachse. Heute arbeitet Hupac mit sechs Eisenbahnunternehmen auf dieser Achse. Dieser erhöhte Wettbewerb hat sicherlich dazu beigetragen, dass die Bahnen viel kundenorientierter agieren und die «Time-to-Market»-Zeit für neue Produkte bedeutend reduziert werden.


Der ganze Liberalisierungsprozess hat grosse Impulse innerhalb des Eisenbahngüterverkehrs gebracht und diese Dynamik hat zu einer Art Bahnrenaissance geführt. Die Gefahr besteht jedoch, dass der Liberalisierungsprozess in einigen Ländern Europas durch protektionistische Schritte ins Stocken gerät. Hier ist die Politik und vor allem die EU-Kommission aufgefordert, weiterhin alles Mögliche zu unternehmen, damit dieses positive Effekt nicht blockiert wird.



«Vor drei Jahren hat das Konzept der durchgehenden Traktion im transalpinen Verkehr die Rahmenbedingungen der Eisenbahntraktion revolutioniert.» (Bernhard Kunz)


Als wichtiger Akteur der Verlagerung des Verkehrs von der Strasse auf die Schiene erhält Hupac vom Bund Finanzierungshilfen. In welcher Höhe bewegen sich diese und wie werden Sie eingesetzt eingesetzt?

Auf den Flachbahnstrecken – dort wo die Hupac das grösste Wachstum verzeichnet – wird der kombinierte Verkehr nicht subventioniert. Betriebsbeiträge werden im Transalpinverkehr eingesetzt, denn die Bahn muss eine 125 Jahre alte Infrastruktur benutzen, die mit der Strasse nicht konkurrenzfähig ist. Heute muss im Verkehr durch die Schweiz am Gotthard eine 700-m-hohe Steigung vollzogen werden. Dies beansprucht drei Lokomotiven pro Zug. Die erhöhten Kosten werden durch Betriebsbeiträge des Bundes abgedeckt. Während der Plafond der Subventionen konstant ist, reduziert sich bei steigendem Verkehr der durchschnittliche Subventionsbetrag pro Sendung. Die Rollende Autobahn erfordert übrigens dreimal so hohe Subventionen als der unbegleitete kombinierte Verkehr.


Hupac erwartet im Rahmen des Güterverkehrsgesetzes 2011-2017 eine Weiterführung dieser Politik. Was wird sich 2017 ändern, wenn die Gotthard-Flachbahn wahrscheinlich eröffnet wird?

Das neue Güterverkehrsgesetz für den Zeitraum 2011-2017 ist für die Weiterführung des Verlagerungsprozesses enorm wichtig. Aus diesem Grund verlangen wir Kontinuität der heutigen Verlagerungspolitik und fordern für die Jahre 2011-2017 die Variante 1. Erst mit der Inbetriebnahme des NEAT-Tunnels verfügen wir im Transit durch die Schweiz über eine Flachbahn. Das Ziel wäre, mit der Inbetriebnahme dieser Flachbahn und den dadurch eingesparten Produktionskosten die Subventionen abzubauen. Dass dies möglich ist, zeigen ja bereits andere Verkehre auf der West-Ost-Achse nördlich der Alpen, die bereits ohne jegliche Subventionen gefahren werden.


Herr Kunz, herzlichen Dank für das Interview.





Zur Person:
Bernhard Kunz ist seit 2003 Direktor der Hupac in Chiasso, Verwaltungsratspräsident der niederländischen Filiale Hupac Intermodal NV, sowie Mitglied des Verwaltungsrats der italienischen Filiale Hupac SpA in Milano. Ausserhalb der Hupac ist er Mitglied des Verwaltungsrats der RAIpin in Bern, der Union Internationale Rail-Route und des Bahnunternehmens DLC in Bruxelles. Vor der Hupac arbeitete Bernhard Kunz bei Danzas in Amerika.


Zur Hupac Gruppe:
Hupac ist der führende Anbieter im kombinierten Verkehr durch die Schweiz. Das Unternehmen wurde 1967 in Chiasso gegründet. An ihm sind 99 Aktionäre beteiligt. 72% des Kapitals wird von Transport- und Logistikunternehmen, 28% von Bahnunternehmen gehalten. Mit ihren 396 Mitarbeitern betreibt Hupac ein Netzwerk mit täglich mehr als 100 Zügen zwischen den wichtigsten Wirtschaftsräumen Europas (Kontinentalverkehr) und zwischen den bedeutendsten Häfen und dem Hinterland (maritimer Verkehr).


Das Ziel des Unternehmens sind schnelle, regelmässige und zuverlässige Gütertransporte auf der Schiene. Damit leistet Hupac einen wichtigen Beitrag zur Verkehrsverlagerung. Der intermodale Verkehr kombiniert verschiedene Verkehrsträger: Strasse, Schiene, Wasser und Luft. Im unbegleiteten kombinierten Verkehr (UKV) wird die Warenladung – Container, Sattelanhänger oder Wechselbehälter – auf der Strasse oder per Schiff im Verladeterminal angeliefert. Die Weiterbeförderung erfolgt mit dem Zug; der Fahrer bleibt am Terminal zurück. Am Bestimmungsterminal übernimmt ein Lkw die Sendung und befördert sie bis zur Enddestination weiter.

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