Calmy-Rey: Kampf gegen schwarze Liste vorrangig

Die Bildung eines Ausschusses sei ein Zeichen, dass der Bundesrat die Situation sehr ernst nehme, sagte Calmy-Rey dem «SonntagsBlick». Es zeige auch, dass die Regierung nun proaktiver sein werde. «Ich persönlich denke, die Schweiz kann nicht das arme Opfer mimen. Wir müssen auf internationalem Parkett selbstsicher und aktiv auftreten.» Als dringlichste Probleme bezeichnete Calmy-Rey, dass «wir einerseits verhindern müssen, bei der G-20 auf eine Liste der unkooperativen Länder zu kommen».


Amtshilfe: Heutiges System zu wenig effizient
Andererseits müsse man sich fragen, «wie wir mit den Klagen gegen die UBS in den USA umgehen». Dabei könne man im Zusammenhang mit der Dauer von Amtshilfeverfahren tatsächlich den Eindruck gewinnen «dass unser heutiges System zu wenig effizent ist», sagte Calmy-Rey der «SonntagsZeitung». Die Schweiz habe ein «systematisches Problem»: Die Prozeduren seien nur für einzelne und wenige Anfragen aufgebaut – «und nicht für zwei- oder dreihundert Anfragen auf einmal».


Absage an Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und -hinterziehung
In einer Umfrage des «SonntagsBlick» sprachen sich 56% dafür aus, dass die Schweiz künftig ausländischen Behörden nicht nur bei Steuerbetrug, sondern auch bei Steuerhinterziehung helfen soll. 35% lehnten dies ab, 9% hatten dazu keine Meinung. Jeder zweite Befragte teilte die Einschätzung, man werfe der Schweiz zu Recht vor, eine Steueroase zu sein und Steuerflüchtlingen Unterschlupf zu bieten. 39% lehnten diese Sichtweise ab, 11% äusserten keine Meinung.


Bankgeheimnis verteidigen
Trotzdem sind 56% der Ansicht, die Schweiz solle das Bankgeheimnis für Ausländer hartnäckig verteidigen. Die Umfrage führte das Institut Isopublic im Auftrag des «SonntagsBlick» am 25. und 26. Februar bei 602 Personen in der Schweiz durch. Eine Aufhebung der Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung würde aus Sicht des eidgenössischen Datenschützers Hanspeter Thür «kein datenschutzrechtliches Problem» darstellen.


Datenschutz statt Täterschutz
«Datenschutz ist eben gerade nicht Täterschutz», erklärte Thür in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag. Werde jemand verdächtigt, eine strafbare Handlung begangen zu haben, schütze ihn das Bankgeheimnis bereits heute nicht. Die Sorge um den «gläsernen Bürger» sei in diesem Fall unbegründet.


Schweiz riskiert laut Sarkozy Kritik am G-20 Gipfel
Die Schweiz könnte am G-20 Gipfel im April auf der geplanten schwarzen Liste der Steueroasen aufgeführt sein. Das sagte der französische Präsident Nicolas Sarkozy am Sonntag am Rande des EU-Sondergipfels in Brüssel. Die Antwort hänge von Bern ab, im Moment heisse sie jedoch eher ‹ja›, sagte Sarkozy an einer Medienkonferenz nach Abschluss des Sondergipfels weiter. Es sei inakzeptabel, dass sich Finanzplätze etablierten, welche Herkunft und Adressaten des Geldes nicht deklarierten.


Steueroasen austrocknen  
Bereits vor einer Woche hatten sich die EU-Staaten, die am Weltfinanzgipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20) teilnehmen werden, bei einem Treffen in Berlin für eine Austrocknung der Steueroasen ausgesprochen. Sie forderten eine schwarze Liste «unkooperativer» Staaten, deren Entwurf bis spätestens zum G-20 Gipfel in London vorliegen soll.&(awp/mc/ps/03)

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