Daniel Füglister, Hotel Saratz: «Back to the roots». Es werden künftig Werte gefragt sein, die früheren Generationen noch als selbstverständlich galten

Daniel Füglister, Hotel Saratz: «Back to the roots». Es werden künftig Werte gefragt sein, die früheren Generationen noch als selbstverständlich galten

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Füglister, nach 130 Jahren werden Sie diese Saison erstmals das Hotel den ganzen Herbst geöffnet haben. Was hat zu diesem Entschluss geführt und wie werden Sie die Gäste nach Pontresina locken?

All unsere Bemühungen, Mitarbeitern in unserem Haus eine langfristige berufliche Perspektive zu ermöglichen, wurden durch den Zweisaisoncharakter erschwert ? dies möchten wir nun mit der herbstlichen Öffnungszeit ändern. Wir verfolgen damit das Ziel, Know-how-Verlust zu reduzieren und den Wiedererkennungswert für Gäste und Mitarbeiter zu erhöhen. Sicher, auch Überlegungen und Berechnungen in wirtschaftlicher Hinsicht haben bei diesem Grundsatzentscheid eine nicht unwichtige Rolle gespielt. Doch mit dieser Massnahme verfolgten wir in erster Linie das Ziel, einem erweiterten Mitarbeiter-Kernteam Ganzjahresverträge anbieten zu können.

«Die jetzt anstehenden baulichen Innovationskosten müssen deshalb auch innovativ finanziert werden. Nun ist – dank weiser Voraussicht der Gründerväter – das Saratz in der glücklichen Lage, ungenutzte Landreserven sinnvoll für die Weiterentwicklung einzubringen.» Daniel Füglister, Hoteldirektor im Hotel Saratz, Pontresina

Unter dem Stichwort «Freigeist Engadin» knüpfen Sie an die Tradition der grossen Dichter und Denker an, die sich im Engadin inspirieren liessen. Was hat sich der Gast heute unter dem Thema «Freigeist» vorzustellen?

Wer sich die Freiheit des Geistes erarbeitet hat, ist befähigt frei zu handeln ? und warum soll dies nicht in einer der schönsten Gegenden der Schweiz geschehen? Der Gast, der wundervolle Herbsttage und sternenklare Nächte im Saratz verbringt, soll nicht nur von der Natur schlechthin verzaubert werden, sondern erlebt ein einzigartiges Programm für Geist und Körper ? eine Kombination von geistigen Höhenflügen, Gaumen-Philosophie und Rhythmus. Wir lassen Geschichten entstehen, an denen der Gast mitschreibt und die es wert sind, auch noch in vielen Jahren weitererzählt zu werden. Fast so wie damals, als Victor Hugo, Mary Shelly und Bram Stoker Geschichten für?s Leben sponnen. Ich denke, dass es sich lohnt, ein detailliertes Programm zu bestellen!

Mit dem Projekt Punt-ota (die «hohe Brücke») legen Sie den Weg in die Zukunft. Der Verkauf der Eigentumswohnungen (geplanter Termin für die Fertigstellung ist Ende 2007) wird unter anderen die Erweiterung des Wellness-Bereiches finanzieren. Lassen sich heute Erweiterungsprojekte nicht mehr aus dem Hotelbetrieb finanzieren?
 
Eine der teuersten Investitionen in der Hotellerie sind meiner Meinung nach jene Investments, welche das Hotel befähigen, auch künftig im stets härter werdenden Konkurrenzkampf die Nase vorn zu haben ? es sind dies die Innovationsinvestitionen.
Vor acht Jahren wurden Fr. 22.0 Mio. in das Traditionshaus Saratz investiert – eine Summe, die trotz der kometenhaften Entwicklung des Hotels nicht leicht zu verdauen ist. Die jetzt anstehenden baulichen Innovationskosten müssen deshalb auch innovativ finanziert werden. Nun ist – dank weiser Voraussicht der Gründerväter – das Saratz in der glücklichen Lage, ungenutzte Landreserven sinnvoll für die Weiterentwicklung einzubringen. So gesehen ist es toll, wenn man einen solch starken Trumpf ins Spiel bringen kann.

Beim Neubau der Ela Tuff haben Sie mit den Architekten Hans-Jörg Ruch (St. Moritz, leitender Bau-Architekt) und Pia Schmid (Zürich; Innenausbau, Farbkonzept) zusammengearbeitet. Das Resultat sorgte für Begeisterung. Wer wird beim kommenden Projekt Punt-ota die architektonische Leitung übernehmen?

Es wurde in einem Architektur-Wettbewerb sieben ausgesuchte Architekturbüros eingeladen. Die Jury hat sich nach einem intensiven Auswahlverfahren einstimmig für Herrn Michael Schumacher aus Chur entschieden. Ein junger Architekt, der unsere Bedürfnisse und Anforderungen geschickt mit seinen visionären Vorstellungen zu paaren versteht und der eine in sich stimmende Gesamtkonzeption mit den geografischen Besonderheiten unserer Gegend zu verbinden vermag.

Sie sind jetzt zwei Jahre Gastgeber im Saratz. Welches sind die wichtigsten Neuerungen, die Sie einführen konnten, wo sehen Sie noch Verbesserungspotential und wie haben sich die Übernachtungszahlen in dieser Zeit entwickelt?

Meine Ziele sind einfach auf den Punkt zu bringen: Der Hauptfokus lag und liegt im permanenten Ausbau und Verbesserung der Dienstleistungen in Bezug auf Service, Küche und Empfang, einer intensiven Beziehung zum Gast, der infrastrukturellen Verbesserung des Hauses (Realisation des Fitnessraumes, die Renovation der für Feiern einzigartigen Belle Epoque, Facelifting der Pitschna Scena, etc.) und dem Costmanagement. Die Summe dieser Ausrichtungen dient dem Zweck, das Hotel Saratz in unseren Primärzielmärkten attraktiver vermarkten zu können.
Erfreulicherweise konnten wir ? trotz rückläufigen Übernachtungszahlen in unserem Mitbewerberumfeld ? vergangenen Winter ein Logiernächtezuwachs von 10.4% gegenüber dem Vorjahr verzeichnen.


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Der Park wurde aufgefrischt und bietet auch für Golfer vielfältige Möglichkeiten, sich fit zu halten (Driving-Range, Sandbunker, Putting-green, Pitch-green). Welche Gäste möchten Sie besonders ansprechen im Saratz?

Grundsätzlich sind es immer noch diejenigen Gäste, die das Aussergewöhnliche suchen und die das «Spannungsfeld Saratz» in architektonischer, kulinarischer und in Hinsicht der täglich gelebten Gastfreundschaft schätzen. Vorwiegend sind es moderne Familien, Singles und erholungssuchende Paare aus der Schweiz und Deutschland, aber auch aus dem übrigen Europa und Übersee, die nicht nur dem Sport in seiner grossen Vielfalt frönen, sondern auch die ungezwungene, lockere Atmosphäre und die hohe Dienstleistungsbereitschaft unserer aussergewöhnlichen Mitarbeiter schätzen. Es sind aber auch immer mehr Organisatoren von Incentives und Kongressen bei uns anzutreffen, die den Saratz-Spirit als Garant für Ihren Event betrachten. Nicht zu vergessen all jene, die ebenfalls unser Motto als Grundlebenseinstellung betrachten: Celebrate your love, your life, your happiness! Also lebensfreudige Menschen, die unvergleichliche Feste feiern wollen ? sei es nun die eigene Hochzeit, einen besonderen Memorialday, den Polterabend oder die Inszenierung ihres Heiratsantrages.

GPS-Wanderungen und Biketouren, Ausfahrten auf den hoteleigenen BMW Motorräder. Eine Konzession an die technikverliebten Städter?

Die hohe Anziehungskraft «Engadin» ist ungebrochen – wir bieten Feriengenuss in einzigartiger Kulisse und atemberaubender Naturschönheit. Der Erholungsfaktor ist durch die unvergleichlichen klimatischen Bedingungen und die ungezählten Möglichkeiten um ein Vieles höher, als man ihn in anderen Destinationen erfährt. Das heisst jedoch nicht, dass wir in diesem intakten Umfeld auf eine Optimierung mit technischer Unterstützung zu verzichten brauchen. So stellen wir beispielsweise dem Sommergast vier «BMW James-Bond-Cruiser» mit Ausrüstung zur Verfügung ? ein grosszügiges Angebot ohne Mietgebühr, bei dem jedes Motorradherz höher schlägt. Denken Sie nur an die Traumrouten, die sich mit den vielen Alpenpässen beinahe aufdrängen! Einmal wöchentlich werden gemeinsame «Ausritte» mit den Bayrischen unter die Räder genommen ? Ausflüge mit Picknick-Stops vom Feinsten, die uns zu den schönsten Plätzen unseres Hochtals führen … ein unvergessliches Erlebnis.

Die GPS-Wanderungen und Biketouren sind wirklich ein Angebot an den High Tech Freak ? warum sollen wir dem Gast sein Outdoor Erlebnis nicht mit den neuen technischen Hilfsmittel vereinfachen und zu zusätzlicher Spannung verhelfen? Mit der sogenannten «GPS-Schatzsuche», bewegen wir sogar wandermüde Kinder, mit ihren Eltern einen ereignisreichen Tag in der Natur zu geniessen … und plötzlich wird das Wandern für Kinder zum attraktiven Familienspass.

In der Küche geht es dank Valère Braun ebenfalls vorwärts. GaultMillau hat die Leistung erstmals seit sechs Jahren mit 13 Punkten gewürdigt. In der Pitschna Scena wurde die Karte massiv erweitert. Welche Ziele haben Sie für die Küche im Saratz für die nächsten drei Jahre?
 
Die Kulinarik im Saratz ist für den Saratz-Gast mit ein Grund, bei uns genussvollen Urlaub zu verbringen oder eine Feier durchzuführen. Ja, Herr Braun versteht es meisterhaft, Gerichte so präsentieren, dass das Essen zum Vergnügen, zum Hochgenuss wird ? und Frau Fink, unsere neue Chefin im Service trägt zusammen mit einem hochmotivierten Team einen wesentlichen Teil dazu bei. Aber nicht nur das Essen und der Topservice sind entscheidend, sondern auch das Drum-Herum: Sei es nun die neu renovierte Belle Epoque mit Traumaussicht auf Gletscher und Park oder die bis anhin nur Insidern bekannte Empore im Jugendstilsaal ? schöner kann man Esskultur nicht mehr geniessen.

Sicher, es würde uns Freude bereiten, wenn wir unsere Restauration schon bald mit 14 , aber maximal 15 GaultMillau Punkten schmücken können. Das heisst aber auch, die Präsentationsweise den Veränderungen anzupassen ? zur Zeit prüfen wir die Anschaffung eines neuen Hotelgeschirrs, das dem Kochstil Valère Brauns entspricht.

Das Saratz steht mit anderen Feriendestinationen im Inland und vor allem im Ausland in Konkurrenz. Wie sehen Sie die Zukunft im Engadin, wieso soll der Gast nach Pontresina kommen, wenn er für das gleiche Geld in die Südsee fliegen kann?

Ich weiss: Die Verlockung, fremden Destinationen ob den vielen «all inclusive Angeboten» den Vorzug zu geben ist enorm. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass das Engadin ? das schönste Hochtal Europas ? auch in Zukunft als Ferienziel seinen besonderen Stellenwert behält. Nennen wir den Hauptgrund einfach mal «Back to the roots». Es werden künftig Werte gefragt sein, die früheren Generationen noch als selbstverständlich galten: Kurze Anreisewege, ein hohes Mass an persönlicher Sicherheit, einen überdurchschnittlichen Erholungsfaktor …. und vor allen Dingen die Erlebnisse ihrer Jugend, die sie an ihre Kinder weitergeben werden ? die sprudelnden Bergbäche, den Duft frischgeschnittenen Grases, das unvergleichliche Engadiner Licht, die Begegnung mit einem Steinbock auf 10 Meter Entfernung. Engadiner Gast ist der Sehnsüchtige, ist, wer Geborgenheit sucht, wer auf sichere Werte bauen will. Engadiner Gast ist, wer dem technologisierten, anonymen und gehetzten Alltag entfliehen und die schmerzliche Lücke zwischen Alltag und Paradies, zwischen urbanem Umfeld in Beruf  und Erholung in unverbrauchter Natur füllen will. Er sucht nach einem zweiten Zuhause in einem Hotel unter Seinesgleichen. Er will sich selber verwöhnen mit feiner Speise und edlem Trank. Er will sich sportlich betätigen in sauberer Luft und unverbrauchter Landschaft.

Er gönnt sich viel und stellt dabei hohe Ansprüche. Er grenzt sich besonders in den Ferien sozial ab und positioniert sich durch die Wahl seiner Feriendestination Engadin im Freundeskreis. Sauberes Wasser, gute Luft, physische Sicherheit und Ruhe sind Luxusgüter, die sich nur wenige leisten können. Er tut?s und lässt es seine Umwelt wissen. Er trifft dort Freunde und Gleichgesinnte.

Sie haben zwei Wünsche frei. Wie sehen diese aus?

Nichts einfacher als das:
1. Ein volles Haus mit zufriedenen und rundum glücklichen Gästen.
2. Ein motiviertes und einsatzfreudiges Mitarbeiterteam.





Weitere Artikel:
Das Interview mit Daniel Füglister aus dem Jahre 2004 finden Sie hier:
Interview 2004

Die Reportage über das Hotel Saratz aus dem Jahre 2004 finden Sie hier:
Reportage 2004

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