Deiss in Russland

Der Volkswirtschaftsminister wird sich mit seinem Amtskollegen German Grev und dem Finanzminister Alexei Koudrine treffen. Dabei fällt ihm auch die delikate Aufgabe zu, die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern wieder aufzufrischen, die in den vergangenen Jahren mehrere Rückschläge hinnehmen mussten. Denn die Affäre um den ehemaligen Kreml-Finanzchef Pawel Borodin, der Flugzeugabsturz in Überlingen (D) am Bodensee, der Fall um die Jukos-Gelder und die umstrittene Auslieferung des Ex-Atomministers Jewgeni Adamow haben in Moskau Unverständnis ausgelöst.


Russland wichtig für die Schweiz
Der letzte Russland-Besuch eines Wirtschaftsministers geht auf Pascal Couchepin im Jahr 2001 zurück. Deiss und seine Delegation wollen nun erneut die Gelegenheit nutzen, die russischen Investoren von den Vorteilen des Wirtschaftsplatzes Schweiz mit einem «Business Summit Schweiz-Russland» zu überzeugen. Der russische Markt sei sehr wichtig für die Schweiz, vor allem auf dem Gebiet der Exporte und der Direktinvestitionen sagt economiesuisse-Sprecher und Mitglied der Schweizer Delegation, Urs Rellstab. «Diese Reise gibt uns die Möglichkeit, die Kontakte auf Regierungsebene wieder zu stärken.» Die Schweizer Wirtschaftsdelegation besteht aus Vertretern der Maschinenindustrie, von multinationalen Unternehmen, Banken sowie der Uhren- und Pharmaindustrie.


Chance für KMUs
Doch auch kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) hätten in Russland grosse Ausbaumöglichkeiten. «Wir hoffen, gewisse bürokratische Hindernisse aus dem Weg räumen zu können», sagt Rellstab. Obwohl Russland mit seinen Öl- und Gasreserven ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von durchschnittlich 7 Prozent erlebt, bleiben die ausländischen Investitionen eher zurückhaltend, wie Chalres Wyplosz, Professor für Wirtschaft am Institut für Internationale Beziehungen (HEI) in Genf, sagt. Denn die Einküfte aus dem Energie- und Rohstoffsektor bildeten ein Trugbild. Daneben kämen die wirtschaftlichen Reformen weit langsamer voran. Und sowohl die Ausschaltung der Oligarchen als auch die unklare Rolle des Staates in der Industriegesellschaft hätte ein Klima der Unsicherheit geschaffen.


Investitionen im Ausland
Gemäss Wyplozc tätigen deshalb auch die Russen selber ihre Investitionen lieber im Ausland. Die Reformen von Präsident Wladimir Putin seien nach einer ersten Erfolgsphase inzwischen festgefahren. «Dies ist eine Zeit der wirschaftlichen Vereisung und des politischen Rückschritts», sagt Wyplozc. Trotzdem verteilt sich der Reichtum dank einer grossen Nachfrage nach Handel und Dienstleistungen langsam unter der Bevölkerung. Und das wirtschaftliche Potenzial wäre mit 144 Mio Einwohnern eigentlich vorhanden. (awp/mc/as)

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