Distefora: Schwere Vorwürfe – Wurden Aktionäre um 30 Mio. Franken geprellt?


Patrick Hofmann, Ex-CEO der Distefora, macht mobil. Zusammen mit der Merchant Bank beschuldigt er den neuen Verwaltungsrat und das Management der Distefora, die Firma systematisch ausgehöhlt zu haben.

Von Beat Römer


Ex-CEO Patrick Hofmann (Bild: PD)
Die an schillernden Kapiteln reiche Firmengeschichte der Distefora, einem der grössten Highflyer während des letzten Börsenhausse, wird erneut um einige Abschnitte reicher: Patrick Hofmann, ehemaliger CEO des Unternehmens, erhob heute Freitag an einer Medienkonferenz schwere Vorwürfe gegen den Verwaltungsrat und das Management der Distefora. Hofmann hat auf gerichtlichem Wege auf den 19. Dezember eine ausserordentliche Generalversammlung erstritten, an der ein neuer VR gewählt und Transparenz geschaffen werden soll. Die Aktie selbst ist ein gefundenes Fressen für Spekulanten, entsprechend gross sind die Kurssprünge.

Verschachtelte Strukturen
Verwaltungsrat und Management rekrutieren sich aus dem Umfeld der deutschen Adori AG, die wiederum zu über 90 Prozent einer Gesellschaft namens SIS gehört. Hofmann wurde Ende Juli entlassen, nachdem die Adori AG die Distefora vor der geplanten Liquidation übernommen hatte. Für seinen Kampf hat Hofmann den Zolliker Rechtsanwalt Michael Kloter sowie die in Herisau/AR domizilierte Merchant Bank (s. Box rechts) ins Boot geholt. Letztere wurde in der Schweiz bislang nur 1997 durch die Übernahme der Bank Rinderknecht bekannt.

Der Kampf um die 30 Millionen FrankenLaut Hofmann – er hält immer noch 30 Prozent der Distefora-Aktien – und seinen Mistreitern sollen die neuen Eigentümer systematisch die noch vorhandene Liquidität aus der Distefora abzogen haben. Per 30. Juni 2002 verfügte Distefora noch über 21 Millionen Euro (rund 31 Millionen Franken) an Liquidität. Seither leerte sich der Kassenbestand in auffälliger Eile.

Wo die Millionen hin sind
In der Folge erging ein Darlehen an die deutsche Köllmann-Gruppe, eine Immobilien-Entwicklungsfirma, die sich in finanziellen Schwierigkeiten befinden soll. Diese gehört zu über 50 Prozent der SIS – jener SIS also, die auch grösstenteils die Adori hält. Im Gegenzug soll die Distefora für das Darlehen Sicherheiten erhalten haben, die von der Merchant Bank als nicht werthaltig bezeichnet werden. So wurden unter anderem 29 Prozent der Adori-Aktien an Distefora abgetreten, zu einem Preis, der 60 Prozent über dem Börsenkurs lag.

Kostspieliger Beratervertrag
Ein weiteres Darlehen (ohne Sicherheiten) in der Höhe von 1,2 Millionen Euro ging an die Adori selber. Zudem soll der Chef der SIS, Christian Nicolai, über einen Beratervertrag 1,7 Millionen Euro aus der Distefora abgeführt haben. Sowohl bei der Köllmann-Gruppe als auch bei der Adori tauchen jene Namen auf, welche nun auch bei Distefora das Sagen haben. Laut «Tages-Anzeiger» haben dieselben Personen kürzlich bei der deutschen Gap die Kontrolle übernommen, wo nun ebenfalls das Plündern der Kassen befürchtet wird.

Dokumente sollen Vorwürfe belegen
Die happigen Vorwürfe scheinen nicht aus der Luft gegriffen. «Wir verfügen über alle relevanten Dokumente, welche die Vorgänge belegen», sagt Rechtsanwalt Michael Kloter. Ähnliche Methoden sollen die Beschuldigten auch schon in Deutschland angewandt haben. Pikant ist zudem, dass die Unternehmensberatung Roland Berger das von der Adori erarbeitete Geschäftsmodell für die «neue» Distefora als nicht tragfähig beurteilt.

VR und Management reagieren betont gelassenDie schwer beschuldigten Führungsgremien der Distefora halten in einer Stellungnahme fest, dass weder die Merchant Bank noch Rechtsvertreter Michael Kloter je Kontakt mit der Distefora aufgenommen hätten. Die Verantwortlichen beurteilen das Vorgehen als «Stimmungsmache» mit Blick auf die zukünftige Kontrolle über die Gesellschaft. Es wird versprochen, an der ausserordentlichen GV vom 19. Dezember umfassend Rechenschaft über die getroffenen Sanierungsmassnahmen abzulegen. Im gegenwärtigen Zeitpunkt bestehe «keine Veranlassung, auf die erhobenen Beschuldigungen einzutreten». Zudem wird die Frage aufgeworfen, weshalb sich die Merchant Bank nicht mit einem Übernahmeangebot an die Aktionäre wende und so auch ein eigenes Risiko eingehe. Ein kurios anmutender Vorwurf, wird doch keine Firma der Welt ein Unternehmen übernehmen wollen, dessen Werte verschwunden sind.

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