Finanzkrise: Einigung über US-Rettungspaket

Die Deutsche Bundesbank und die Finanzaufsicht BaFin teilten in der Nacht zum Montag mit, die deutsche Finanzbranche habe HRE einen Kreditrahmen in «ausreichender Höhe» zur Verfügung gestellt, mit dem die Bank aus dem Schneider sei. Genaue Zahlen wurden nicht genannt.


Probleme bei HRE gelöst?
Der im DAX notierte Immobilien- und Staatsfinanzierer hatte zuvor mitgeteilt, Abschreibungen auf den Beteiligungsbuchwert seiner Tochter DEPFA Bank vornehmen müssen. Zur Höhe wurden auch hier zunächst keine Angaben gemacht. Für 2008 werde es aber keine Gewinnbeteiligung für die Aktionäre geben. Die HRE sei aber von einer Konsortialgruppe des deutschen Finanzbranche ein mittelfristiger, ausreichend hoher Kreditrahmen zur Verfügung gestellt worden. Die durch die Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten ausgelösten Probleme der Hypo Real Estate Gruppe seien durch das Rettungspaket gelöst, hiess es in der gemeinsamen Mitteilung von Bundesbank und BaFin. Sie gingen davon aus, «dass die Marktfähigkeit der Hypo Real Estate Gruppe dadurch gesichert ist».


Kollaps verhindert
Vorausgegangen waren Presseberichte über massive Finanzierungsschwierigkeiten der HRE. Die Grösse der Lücke war auf mehr als zehn Milliarden Euro beziffert worden. Laut «Financial Times Deutschland» drohte dem Münchner Immobilienfinanzierer wegen der Liquiditätsprobleme sogar der Kollaps. Die Tochter DEPFA habe sich für Langfristprojekte, für die sie Geld verliehen habe, extrem kurzfristig refinanziert, was wegen des Misstrauens an den Märkten inzwischen nicht mehr möglich sei. An den Märkten sei derzeit kein Geld mehr aufzutreiben.


Rettungspaket für Hypo Real soll bis zu 35 Milliarden Euro betragen
Das geplante Rettungspaket für den Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) beläuft sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa auf bis zu 35 Milliarden Euro. Dieses Paket soll von privaten Banken und dem Bund getragen werden, hiess es am Montag in Koalitionskreisen.


Benelux-Staaten retten Fortis
Zur Rettung des angeschlagenen Finanzkonzerns Fortis steigen Belgien, die Niederlande und Luxemburg zusammen mit 11,2 Milliarden Euro bei der belgisch-niederländischen Grossbank ein. Belgien schiesst 4,7 Milliarden Euro zu, sagte der belgische Ministerpräsident Yves Leterme am Sonntagabend in Brüssel. Die Niederlande geben vier Milliarden Euro. Luxemburg investiert 2,5 Milliarden Euro. Fortis werde seine Anteile an der ABN Amro Bank verkaufen. Der Käufer sei noch nicht bekannt, hiess es in der Nacht zum Montag.


Bradford & Bingley vor Zerschlagung
Die britische Hypothekenbank Bradford & Bingley (B&B) soll nach Medieninformationen verstaatlicht und zerschlagen werden. Um einen Zusammenbruch zu vermeiden, soll nach Informationen der BBC der Steuerzahler für B&B-Verbindlichkeiten in Höhe von 63 Milliarden Euro geradestehen, davon 52 Milliarden aus risikoreichen Hypotheken. Dagegen übernimmt der spanische Bankenriese Santander die Spargeschäfte und das Filialnetz des Baufinanzierers, wie Santander in der Nacht zum Montag bestätigte. Das Spargeschäft von B&B hat ein Volumen von 25 Milliarden Euro. Damit würden 2,6 Millionen Kunden eine neue Hausbank bekommen. Bradford & Bingley war wegen der Finanz- und Immobilienkrise in Schieflage geraten. Die B&B-Aktie hatte innerhalb eines Jahres 90 Prozent an Wert verloren.


GB-Finanzminister: B&B-Verstaatlichung stabilisiert Bankensystem
Der britische Finanzminister Alistair Darling hat die geplante Verstaatlichung der britische Hypothekenbank Bradford & Bingley (B&B) verteidigt. Der Schritt sei nötig gewesen, um das gesamte Bankensystem zu stabilisieren, das von einem B&B- Zusammenbruch getroffen worden wäre, sagte er am Montag in London. Ausserdem hätten die B&B-Kunden und deren Ersparnisse geschützt werden müssen. Das Geschäft mit den Spareinlagen werde der britische Bank Abbey übertragen, die 2004 vom spanischen Bankenriese Santander übernommen worden war.


Bush sieht «starkes Signal»
US-Präsident George W. Bush begrüsste die Einigung auf das 700 Milliarden Dollar schwere Rettungspaket für die US-Finanzbranche. Der Plan sende ein «starkes Signal» an die Märkte. Es handele sich um einen «sehr guten Gesetzentwurf», der einen Zusammenbruch des Finanzsystem verhindere. Demokraten und Republikaner einigten sich nach einwöchigem Ringen auf den Rettungsplan, der vorsieht, dass die Regierung faule Kredite von angeschlagenen Banken aufkauft. Damit soll erreicht werden, dass die Banken weiterhin Geld verleihen und der Wirtschaftskreislauf nicht unterbrochen wird. US-Medien sprachen von einem «historischen Abkommen». Das US- Repräsentantenhaus soll an diesem Montag zustimmen, der Senat diese Woche. «Jetzt müssen wir die (notwendigen) Stimmen bekommen», sagte Harry Reid, Fraktionsvorsitzender der Demokraten im Senat.


Erste Tranche über 250 Milliarden Dollar
Experten hatten gewarnt, falls es keine Vereinbarung gebe, drohten die weltweiten Aktienkurse weiter abzurutschen. Demokraten, Republikaner im Kongress sowie Finanzminister Henry Paulson hatten das gesamte Wochenende verhandelt. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die US-Zentralbank in einer erste Tranche für 250 Milliarden Dollar «faule Kredite» bedrängter Banken aufkaufen kann. Entgegen der Vorlage der Regierung sei auch eine parlamentarische Aufsicht vorgesehen, berichteten US-Medien. Das Programm sei 106 Seiten lang, der erste Entwurf des Finanzministeriums sei lediglich drei Seiten lang gewesen.


Politische Kontrolle über Verteilung
Allerdings gebe es nach wie vor Vorbehalte konservativer Republikaner, die staatliche Eingriffe in die Privatwirtschaft grundsätzlich mit Skepsis betrachten, berichtete der TV-Sender CNN. Es herrsche aber Optimismus, dass es eine Mehrheit für das Rettungsprogramm geben werde. Grundsätzlich hiess es in dem Gesetzentwurf, die Zentralbank erhalte die Erlaubnis, faule Kredite «von allen finanziellen Instituten» aufzukaufen. Wichtiger Aspekt der Gesetzesvorlage sei die parlamentarische Aufsicht bei der Vergabe der Gelder. Es solle eine Art Aufsichtsrat gebildet werden, dem Regierung und Parlamentarier angehören.


Hilfe auch für bedrängte Hausbesitzer
Der Staat, der jetzt notleidende Banken stützt, soll an deren späteren Gewinnen teilhaben können. Dies sei vor allem von den Republikanern verlangt worden, die grundsätzliche Bedenken hatten, Privatfirmen mit Steuergeldern wieder auf die Beine zu helfen. Die «New York Times» hatte bereits vor der Einigung berichtet, die Regierung sei zudem angewiesen, im Zuge des Rettungsplans auch bedrängten Hausbesitzern zu helfen. Dies war eine der Kernforderungen der Demokraten. (awp/mc/ps/02)

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