Fortis rechnet nach Gewinneinbruch nicht mit schnellem Ende der Krise

«Wie die meisten Mitbewerber gehen wir davon aus, dass die Krise bis ins Jahr 2009 dauert.» Der Gewinn brach auch infolge erneuter Abschreibungen in dreistelliger Millionenhöhe im zweiten Jahresviertel um die Hälfte ein. Nun will sich der Konzern von weiteren Unternehmensteilen trennen. Die Aktie sank nach einem kurzzeitigen Kurssprung zu Handelsbeginn um bis zu vier Prozent. Am Mittag lag sie noch mit 2,6 Prozent im Minus bei 9,06 Euro. Der Quartalsgewinn habe die Erwartungen zwar übertroffen, doch die Aussagen zur künftigen Entwicklung seien negativ», schrieben Analysten der ING Groep in einer ersten Reaktion.


Gewinn halbiert
Der Quartalsüberschuss vor Sondereffekten war von 1,6 Milliarden auf 830 Millionen Euro eingebrochen. Analysten hatten die Entwicklung sehr unterschiedlich eingeschätzt und einen Gewinn zwischen 524 Millionen und 1,3 Milliarden Euro vorausgesagt. Wie erwartet, verbuchte das Unternehmen erneute Abschreibungen infolge der Finanzkrise. Sie beliefen sich auf 362 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr hat die Krise bei Fortis damit insgesamt Wertberichtigungen in Höhe von 591 Millionen Euro ausgelöst. Das Ergebnis im Bankgeschäft rutschte von 1,2 Milliarden auf 465 Millionen Euro. Damit näherte sich der Gewinn der grösseren Konzernsparte dem des kleineren Geschäftsbereiches an: Das Versicherungsgeschäft steigerte sein Ergebnis von 413 Millionen auf 423 Millionen Euro. «Fortis hat weiter unter den Turbulenzen an den Kreditmärkten gelitten», sagte Verwilst. Allerdings sei die Kapitalausstattung des Unternehmens weiterhin solide.


Sparten abstossen
Zum Verkauf weiterer Unternehmensteile wollte sich Verwilst noch nicht festlegen. «Es hat keinen Sinn, vorzeitig anzukündigen, was man verkaufen wird», sagte er. Voraussichtlich im Laufe des zweiten Halbjahrs werde das Unternehmen einige Schritte verkünden können. Die Gewinne und Verluste aus den Spartenverkäufen würden das Ergebnis des Gesamtjahres merklich beeinflussen, sagte Verwilst. Im dritten Quartal will Fortis den Verkauf des niederländischen Geschäfts von ABN Amro an die Deutsche Bank abschliessen. Die Behörden von EU und Niederlanden haben das Geschäft noch nicht genehmigt. Das Ergebnis von Fortis könnte dem Vorstand zufolge dadurch mit 900 Millionen Euro belastet werden. Fortis hatte ABN Amro gemeinsam mit der britischen Royal Bank of Scotland (RBS) und der spanischen Banco Santander übernommen.


Suche nach neuem Chef
Zur Suche nach einem neuen Vorstandschef sagte Verwilst, es gebe derzeit nichts zu sagen. Der bisherige Vize-Chef Verwilst hatte den Posten Mitte Juli nur übergangsweise übernommen, nachdem Jean-Paul Votron infolge eines Kurssturzes an der Börse seinen Hut genommen hatte. Nach der überraschenden Ankündigung einer Kapitalerhöhung war die Aktie des Finanzkonzerns im Juni um rund 20 Prozent eingebrochen. Insgesamt will Fortis die Kapitaldecke mittelfristig um mehr als acht Milliarden Euro aufstocken. (awp/mc/ps/23)

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