Hansueli Loosli, Vorsitzender der Coop-Geschäftsleitung: «2006 wollen wir auch gesamthaft wieder zulegen»

von Patrick Gunti


Herr Loosli, Coop hat im Geschäftsjahr 2005 einen Gewinneinbruch von 15,6 % auf 270 Mio. Franken hinnehmen müssen. Geht dieser markante Einbruch nur auf das Konto der Konsumenten, die von Preisabschlägen profitieren konnten?


Insgesamt haben die Kundinnen und Kunden von Preissenkungen im Betrag von 280 Millionen Franken profitiert, der Gewinn ist demgegenüber um nur um 50 Millionen Franken zurückgegangen. Die zusätzliche Dividende an die Kundinnen und Kunden war also bedeutend grösser als der Gewinnrückgang


Mit 0,3 % war auch der Marktanteil rückläufig. Wie wollen Sie in Anbetracht des immer grösseren Konkurrenzdrucks den Abwärtstrend stoppen?


Nach der geplanten Schliessung von 11 EPA Filialen im vergangenen Jahr und der Durststrecke Anfang 2005 haben wir unsere Konkurrenzfähigkeit schon ab Herbst 2005 bedeutend verbessert. Im Food haben wir 2005 bereits wieder Marktanteile gewonnen. Im Jahr 2006 wollen wir auch gesamthaft wieder zulegen.


Der Umsatz der Coop-Gruppe stieg um 0,6 %, wenn man die rückläufigen Preise einberechnet, betrug das reale Wachstum 2,6 %. Betrachtet man den Konkurrenz- und Preisdruck in der Schweiz, kann Coop überhaupt noch wachsen?


In den ersten zwei Monaten des laufenden Jahres ist der Umsatz um 2 % gestiegen. Wir wachsen also auch weiterhin. Zudem haben wir mit REWE die transGourmet gegründet, die im zukunftsträchtigen Abhol- und Belieferungsgrosshandel schon heute Nummer 1 in der Schweiz und in Frankreich ist.



«Der Umsatz der verbleibenden Warenhäuser zeigt deutlich aufwärts». Hansueli Loosli, Vorsitzender Coop-Geschäftsleitung


Überdurchschnittlich stark gingen die Verkäufe bei den Warenhäusern zurück, wo der Umsatz um 13,9 % auf 938 Mio. Franken sank. Geraten grosse «Einkaufstempel» immer mehr ins Abseits?


Nach der Uebernahme der EPA war klar, dass unrentable Warenhäuser nicht weitergeführt werden können. Wir haben die notwendigen elf Schliessungen vorgenommen. Der Umsatz der verbleibenden Warenhäuser zeigt deutlich aufwärts. Wir wachsen wieder kräftig. Und bereits im Jahr 2005 haben wir wieder schwarze Zahlen in diesem Kanal geschrieben, ein Jahr früher als geplant.


Auch wenn der Anteil am Gesamtvolumen noch gering ist – die Verkäufe über Internet kletterten erneut um mehr als die Hälfte. Welche Erwartungen hegen Sie in diesem Geschäftsbereich in den nächsten Jahren?


Wir rechnen auch in Zukunft mit einem kräftigen Wachstum. Der Verkauf per Internet wird aber aber auch in Zukunft bei weitem nicht den Umsatz der stationären Verkaufsstellen erreichen, sondern vielmehr eine positive Ergänzung des Gesamtangebots bleiben.


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Coop ist mir vier europäischen Grossverteilern eine Einkaufsallianz eingegangen, genannt Coopernic. Von wem ging die Initiative zur Gründung von Coopernic aus?


Gemeinsam mit REWE sind wir auf die «lateinischen» Partner zugegangen.


Dank dieser Allianz wollen Sie erreichen, dass die Coop-Kunden künftig von günstigeren und attraktiveren Preisen profitieren können. Bei welchen Produkten wird dies zuerst der Fall sein?


Einerseits bei internationalen Marken, andererseits auch bei Eigenmarken.



«Als Partner aus einem mehrsprachigen Land nehmen wir eine wichtige Verbindungsfunktion in der Allianz ein.»


Neben Riesen wie REWE und E.Leclerc ist Coop ein relativ kleiner Partner in dieser Allianz. Was kann Ihr Unternehmen einbringen?


In Deutschland und Frankreich ist z.B. heute wieder ein Trend in Richtung Bio-Produkte festzustellen. Hier können wir als Anbieter, der in der Schweiz bei Bio-Produkten einen Marktanteil von rund 50 % besitzt, unsere Erfahrung einbringen. Wir haben aber auch gesehen, dass wir als Partner aus einem mehrsprachigen Land eine wichtige Verbindungsfunktion innerhalb der Allianz wahrnehmen.


Einerseits erhöht sich der Druck auf die Produzenten internationaler Markenartikel. Wie gross ist die Chance auf der anderen Seite für Schweizer Produzenten und Lieferanten, jetzt ins Sortiment der internationalen Handelspartner aufgenommen zu werden?


Für Schweizer Anbieter, die sich mit ihrem Angebot bei Coop mit qualitativ hochstehenden Produkten profiliert haben, eröffnen sich sicher Möglichkeiten, weiter ins Ausland vorzustossen.


Ihre Prix-Garantie-Produkte sind ein Verkaufsschlager. Wie sehen die weitere Entwicklung dieser Linie und was für finanzielle Erwartungen knüpfen sich daran?


Die Prix Garantie Linie hat praktisch aus dem Stand einen Umsatz von gut 330 Millionen Franken erreicht und sich damit am Markt voll etabliert. Der Umsatz wird auch weiterhin zunehmen und uns Zusatzfrequenzen bescheren.


Sie wollen tiefere Preise für die Konsumenten erreichen, jeder Grossverteiler verfügt heute über eine Billiglinie, die Discounter definieren sich praktisch  ausschliesslich über den Preis. Gehen Ihnen in der ganzen Preisdiskussion Kriterien wie Produkte-Qualität sowie Bio, Fair Trade etc. nicht zu sehr verloren?


Coop bietet mit ihrer Prix Garantie Linie von heute über 370 Artikeln auch den Konsumenten ein Angebot, die auf den Preis achten müssen oder wollen. Coop ist aber nach der Devise «für mich und dich» eben der Anbieter, bei dem die Kunden auch ein grossen Angebot an Eigenmarken, an renommierten Markenartikeln und an Kompetenzmarken wie Coop Naturaplan oder auch Betty Bossi Frischconvenience Artikel finden. Wir bieten spezielle zielgruppenorientierte Linien wie Coop Weight Watchers oder Coop Fine Food an. Coop versteht sich deshalb nicht als Hard Discounter mit einem rudimentären Basissortiment, sondern als Anbieter, der dem Kunden die volle Wahlfreiheit garantiert und auf seine speziellen Bedürfnisse eingeht.


Abgesehen von Coopernic ? welches werden die anderen Eckpfeiler des Coop-Geschäftsjahres 2006 sein?


Mit noch attraktiveren, zielgruppenorientierten Sortimenten und weiteren Preisabschlägen auf Markenartikeln und Eigenmarken wollen wir im Kerngeschäft wachsen und die Kundenfrequenzen weiter erhöhen.


Herr Loosli, wir bedanken uns für das Interview.





Zur Person:
Hansueli Loosli ist seit September 1992 in der Direktion von Coop tätig. Anfangs war er verantwortlich für den Einkauf Non-Food und gleichzeitig Direktor der Coop Zürich. Seit dem 1. Januar 1997 ist er Vorsitzender der Geschäftsleitung Coop und seit Juni 2001 zusätzlich Leiter der Direktion Retail. 2001 hat er die bisherigen 14 Genossenschaften zu einer einzigen Firma zusammengeführt.


Zum Unternehmen:
Coop ist rechtlich eine einzige, landesweite Genossenschaft. Organisatorisch gliedert sie sich in fünf dezentral geführte Verkaufsregionen. Coop führt verschiedenste Ladenformate aus den Bereichen Food, Non Food und Dienstleistungen und bietet einen Mix aus Markenartikeln, Eigenmarken und Kompetenzmarken wie Coop Naturaplan. Zahlreiche Produkte der Coop Eigenmarke stammen aus eigenen Produktionsbetrieben. Das Unternehmen beschäftigt über 44’000 Mitarbeitende, betreibt über 1’400 Verkaufsstellen und erzielt einen jährlichen Umsatz von rund 14 Milliarden Franken.


 

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