Jean-Claude Philipona, CEO Adval Tech

von Patrick Gunti


Herr Philipona, das Geschäftsjahr 2008 war für Adval Tech kein Erfolg, die Ziele, organisch zu wachsen und die operativen Ergebnisse gegenüber 2007 zu verbessern, wurden nicht erreicht. Das Betriebsergebnis EBITDA lag 31 % unter dem Vorjahreswert, der EBIT ging um 1,3 Mio. Franken zurück, das Unternehmensergebnis um 9,2 Mio. Franken. Was sind die Hauptgründe?


Der nochmalige Einbruch bei den Werkzeugen zur Herstellung von Optical Discs ist ein Grund, die globale Finanzkrise mit ihren Auswirkungen auf die Konsumgüter- und Automobilindustrie ein zweiter. Negativ beeinflusst wurde unser Ergebnis zudem durch deutliche Verschiebungen bei den Fremdwährungsrelationen und durch Finanzaufwendungen im Zusammenhang mit Überbrückungskrediten bei der Finanzierung der Übernahme der Omni-Gruppe.


Vor allem im letzten Quartal hat Adval Tech die Weltwirtschaftskrise deutlich zu spüren bekommen. Hätten Sie diese rasante Abwärtsentwicklung zuvor für möglich gehalten?


Ganz ehrlich gesagt: Nein. Insbesondere der Einbruch des Automobilmarkts hat nicht nur uns bezüglich Geschwindigkeit und Ausmass überrascht. Unsere Kunden korrigierten ihre Absatzprognosen Woche für Woche nach unten, Lagerabbau und Produktionsunterbrüche in der gesamten Versorgungskette waren die Folge.


Welche Massnahmen wurden in der Folge eingeleitet?


Wir haben unverzüglich einen gruppenweiten Personalstopp verfügt und mit der Kompensation von Überzeit- und Gleitzeitguthaben sowie der Reduktion der Feriensaldi begonnen. Zusätzlich wurden die Temporärstellen auf das Minimum herabgesetzt. In Asien, Ungarn, Brasilien und Mexiko erfolgte auch ein gezielter Personalabbau. Der Personalbestand hat sich seit dem 30. Juni 2008 um 641 auf 2’691 Pensen per Ende März 2009 reduziert. In einzelnen Bereichen haben wir ab Januar 2009 auch Kurzarbeit eingeführt.


Wo wird nicht gespart?


Generell gelten für die ganze Gruppe konsequentes Sparen und ein Investitionsstopp. Davon ausgenommen sind die strategisch wichtigen Projekte, die Innovationsvorhaben, die Marktbearbeitung sowie die Ausbildung. Wir wollen gestärkt aus der Krise hervorgehen.


Der Bereich Stanz- und Umformtechnologie war stark von der Krise in der Automobilindustrie betroffen. Wie verlief die Entwicklung in diesem Segment, die Krise einmal ausgeklammert?


Bis September 2009 waren wir sowohl bezüglich Umsatz und Ertrag deutlich über dem Vorjahresniveau. Der Rohstoff Stahl beispielsweise wurde sogar knapp. Es ist uns gelungen, die Marktanteile für Metallkomponenten in den einzelnen Segmenten auszubauen und zusätzliche Applikationen für bestehende Kunden zu akquirieren. Zudem konnten wir zwei neue Kunden im Bereich Sitzhalterungssysteme gewinnen. Die neuen Projekte werden ab 2010 umsatzwirksam und tragen so zu unserer Zukunftssicherung bei.


Dank der Übernahme der Omni-Gruppe konnte der Umsatz im Segment Spritzgiesstechnologie um 43 % gesteigert werden. Akquisitionsbereinigt büsste aber auch dieses Segment ein. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung dieses Bereichs, welche Massnahmen werden ergriffen und bis wann soll der Turnaround gelingen?


Den Umsatzeinbruch hatten wir praktisch ausschliesslich im Geschäft mit Werkzeugen zu verzeichnen. Während er bei Foboha in Deutschland hauptsächlich auf Verschiebungen und Annulationen von Aufträgen zurückzuführen ist, mussten wir bei AWM Mold Tech in Muri einen massiven Rückgang des Geschäfts mit Werkzeugen für Optical Discs und deren Verpackungen hinnehmen. Bei Foboha haben wir die Markbearbeitungsaktivitäten weiter verstärkt, der Auftragseingang im ersten Quartal 2009 hat sich denn auch positiv entwickelt. Bei AWM Mold Tech starteten wir im Oktober letzten Jahres ein Restrukturierungprojekt, das zu einem Abbau von 50 Stellen führte. Die Umsetzung der weiteren Massnahmen ist im Gang; mit einem Turnaround rechnen wir für AWM Muri innerhalb der nächsten 18 Monate.


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Für das laufende Jahr steht eine strategische und organisatorische Neuausrichtung des Unternehmens an. Wie präsentiert sich diese?


Eine strategische Neuausrichtung steht im laufenden Geschäftsjahr nicht an. Wir haben die Umsetzung der angepassten Strategie 2007 begonnen und seither weitergeführt. Mit der neuen Aufbauorganisation per 1. April 2009 haben wir die Strukturen der Strategie angepasst. Wir richten uns neu nach den Hauptmärkten Automotive, Medizinaltechnik und Konsumgüterindustrie aus. Die konsequente Implementierung dieser Veränderung hat im laufenden Jahr deshalb hohe Priorität.


Und welche Vorteile erwarten Sie sich von der Neuausrichtung?


Als Hauptvorteile sehen wir eine noch konsequentere Fokussierung unserer Aktivitäten auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse und ein klareres Profil unserer Leistungen im Markt. Die Neuausrichtung ermöglicht es uns, die personellen und finanziellen Ressourcen noch gezielter den jeweiligen Einheiten zuzuteilen.


«Im März konnten wir eine Belebung der Nachfrage feststellen, ob diese jedoch anhält, lässt sich im Moment noch nicht beurteilen.»


Wie ist Adval Tech ins Geschäftsjahr 2009 gestartet und welche weitere Entwicklung erwarten Sie im laufenden Jahr?


Wie wir bereits im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss kommuniziert haben, war der Start des Geschäftsjahres 2009 eher schwierig. Im März konnten wir eine Belebung der Nachfrage feststellen, ob diese jedoch anhält, lässt sich im Moment noch nicht beurteilen. Die Visibilität in unseren Märkten ist nach wie vor schwach. Positiv werten wir hingegen, dass unsere Kunden ihre strategischen Projekte nicht zurückstellen.


Adval Tech ist von der Weltwirtschaftskrise stark betroffen. Sehen Sie in der aktuellen Situation auch Chancen, die durch diese Krise entstehen?


Kurzfristige Chancen entstehen für uns, wenn Mitbewerber wegen der Krise aus dem Markt ausscheiden. Wir haben in letzter Zeit einige Offertanfragen aufgrund solcher Entwicklungen erhalten. Grundsätzlich lässt sich sagen: Aus der aktuellen Krise werden mit Sicherheit diejenigen Unternehmen gestärkt hervorgehen, die sich durch eine hohe Innovationsleistung auszeichnen und die über globale Vertriebs- und Produktionsplattformen verfügen sowie über eine starke Bilanz und ein industriell orientiertes Aktionariat. In dieser Hinsicht sind wir sehr gut aufgestellt.


Herr Philipona, besten Dank für das Interview.





Zur Person:
Jean-Claude Philipona, lic. oec. publ., geboren 1953, kam 1997 als CFO zur Adval Tech Gruppe. 2001 wurde er zum CEO gewählt. Zuvor war Philipona als Unternehmensberater in leitender Position mit Schwerpunkten Strategie, Organisation und Controlling bei PricewaterhouseCoopers in Bern tätig (1982-1989). Von 1989 bis 1997 war er CFO und Geschäftsleitungsmitglied der Papierfabrik M-Real AG, Biberist. Jean-Claude Philipona ist verheiratet und wohnt in Stettlen.


Zum Unternehmen:
Als global tätiger Technologie- und Prozesspartner legt Adval Tech den Fokus auf die sich gegenseitig ergänzenden Technologien Stanzen und Umformen von Metall sowie Spritzgiessen von Kunststoff. In ausgewählten Märkten der Automobil-, Medizinaltechnik- und Konsumgüterindustrie gehört Adval Tech zu den führenden globalen Anbietern von Werkzeugen, Anlagen, Baugruppen, Systemen und Serienteilen. Als Zulieferer und Wertschöpfungspartner deckt Adval Tech die gesamte Wertschöpfungskette ab: vom Produktdesign und der Entwicklung von Serienteilen über die Konstruktion und den Bau der dazu notwendigen Werkzeuge und Formen bis zu ganzen Produktionssystemen und der daraus resultierenden Fertigung von Komponenten. Auf den Märkten tritt Adval Tech unter den Namen Styner+Bienz, QSCH, AWM, FOBOHA, Teuscher und Omni auf.

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