Joseph Jung: «Alfred Escher 1819-1882. Der Aufbruch zur modernen Schweiz»

Alfred Eschers Familie, ein Zweig der wohlhabenden und angesehenen Escher vom Glas, stand Mitte des 18. Jahrhunderts auf dem politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Höhepunkt. Wegen «haarsträubender Geschichten» war sie jedoch zum Zeitpunkt von Alfred Eschers Geburt am 20. Februar 1819 durch Fehltritte seines  Urgrossvaters und seines Grossvaters ins gesellschaftliche Abseits geraten. Sein Vater Heinrich brachte es in den USA zwar zu neuem Reichtum, verletzte aber den Ehrenkodex, indem er die Schulden seines Vaters nicht zu tilgen bereit war. Die Kluft zum Zürcher Grossbürgertum vertiefte sich weiter, als er mit seiner Familie das ausserhalb der Stadt gelegene Belvoir bezog und seinen Reichtum unverhohlen zur Schau stellte.

Der Wirtschaftspolitiker
Obwohl für eine naturwissenschaftliche Laufbahn prädestiniert, entschied sich Alfred Escher für das Studium der Jurisprudenz, welches er mit seiner Promotion zum Doktor beider Rechte mit «summa cum laude» im September 1842 abschloss. Auf kantonalzürcherischer Ebene dokumentiert sich Eschers herausragende politische Stellung in eindrücklichen Zahlen: Von 1844 bis zu seinem Tod 1882 sass er im Zürcher Kantonsrat (Grossrat), sechsmal war er dessen Präsident. Von 1848-1855 war er Zürcher Regierungsrat, davon während 4 Jahren Regierungspräsident. Ein ähnliches Bild zeigt sich auf eidgenössischer Ebene: 34 Jahre war Escher Mitglied des Nationalrats und wurde viermal zu dessen Präsidenten gewählt (1849, 1855, 1856 und 1862). Über die ganze Zeit seiner politischen Tätigkeit betrachtet, sass er in mehr als 200 eidgenössischen und zürcherischen Kommissionen, von denen er einen grossen Teil präsidierte.

Wirtschaftspolitische Blütezeit
Eschers grosse wirtschaftspolitische Zeit war das «Erfolgsjahrzehnt», das von 1848/49 bis in die frühen 1860er Jahre dauerte. In diese Zeit fielen die aussenpolitischen  Entscheide in der Neuenburgerfrage (1856-1857), im Savoyerhandel (1860) und in der Dappentalfrage (1860-1862), innen- und vor allem wirtschaftspolitische Weichenstellungen wie der Eisenbahnentscheid zugunsten des Privatbahnsystems (1852) und der Entscheid für das Polytechnikum (1854) ebenso wie die Realisierung seiner grossen wirtschaftlichen Schöpfungen: Nordostbahn (1852/53), Kreditanstalt (1856) und Rentenanstalt (1857). Die Krönung seines Lebenswerks folgte in den 1870er Jahren mit dem Gotthardprojekt.

(CS/mc/hfu)



Der Autor
Prof. Dr. Joseph Jung ist Leiter des Bereichs «Foundations & Corporate History» der Credit Suisse Group und hat verschiedene Publikationen zur Wirtschafts- und Kulturgeschichte der Schweiz verfasst.






Das Buch
«Alfred Escher 1819-1882. Der Aufbruch zur modernen Schweiz»
1116 Seiten, Format 23.0 x 28.0 cm, 2006
farbige und schwarzweisse Abbildungen (600)
Pappband
ISBN 3-03823-236-X
ISBN 978-3-03823-236-0
CHF 128.00
EUR [D] 88.00
www.nzz-libro.ch



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