Julián Díaz González, CEO Dufry: «Ich bin überzeugt, dass unsere Strategie richtig ist»


Von André Schäppi


Moneycab: Herr Díaz, Dufry ist noch nicht in Indien, obwohl dieses Land zu den Emerging Markets gehört. Weshalb und wann wird Dufry dort aktiv?


Julián Díaz González: Indien wird mittelfristig ein wichtiger Markt mit vielversprechenden Aussichten werden und wir verfolgen verschiedene Projekte, so etwa in Banaglore, Mumbai, Delhi und Hydrabad. Es wird jedoch noch etwas dauern, bis solche Projekte realisiert werden können. Die Gründe liegen in den verschiedenen Randbedingungen, die für uns erfüllt sein müssen, wie etwa die rechtlichen Grundlagen, das Passagieraufkommen und die kritische Masse als Unternehmen.


China wäre für Dufry wohl ebenfalls interessant. Aber auch hier gibt es noch keine Dufry Duty Free Shops. Wie sehen Sie die Zukunft in China?


In China aktiv zu werden, ist nicht ganz so einfach, da oft lokale Betreiber bevorzugt werden und auch tatsächlich zu den Hauptakteuren zählen. Mit Hongkong, für das wir sechs Konzessionen erhalten haben, haben wir einen ersten Schritt gemacht. Diese Shops sollten in einigen Monaten den Betrieb aufnehmen. Wir betrachten Hongkong als ideale Plattform, um von da aus unser Chinageschäft auszudehnen.


Wie wichtig ist China für Dufry?


China ist ein wichtiger Zukunftsmarkt und wir erwarten grosse Wachstumsraten. Ich denke, dass sich dieser Markt für einen Reisedetailhändler schnell entwickeln wird, rascher als vergleichsweise der indische Markt. Begünstigend dürften sich die olympischen Spiele 2008 sowie der vermehrte internationale Handel auswirken.


Beeinflussen sogenannte «Billig-Fluggesellschaften» das Geschäft von Dufry?


Ja, definitiv. Nebst Reisenden, die bereits bisher geflogen sind und aufgrund von günstigeren Preisen oder besseren Verbindungen mit diesen Gesellschaften fliegen, gibt es eine neue Kategorie von Reisenden. Obwohl das nicht in erster Linie Leute mit einem kleinen Geldbeutel sind, müssen wir uns neu auch auf diesen Teil der Passagiere ausrichten: So müssen wir beispielsweise den Anreiz schaffen, überhaupt in einen Duty Free Shop zu gehen. Dies erreichen wir, indem wir unser Produktsortiment anpassen und neue Formate entwickeln. Mit unserem Bijoux Terner-Konzept kommen wir etwa diesen Bedürfnissen nach: Alle Artikel in diesen Läden, z.B. Schmuck, Sonnenbrillen oder andere Accessoires sind zu einem Einheitspreis von beispielsweise 12 Euro erhältlich. Wir betrachten die Zunahme dieser Art von Reisenden als wichtige Möglichkeit, unser Geschäft in Zukunft auszuweiten.


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Gibt es noch andere Trends, die das Verhalten Ihrer Käufer beeinflussen, wie dies möglicherweise bei Tabakwaren der Fall ist?


Für uns sind Tabakwaren nach wie vor interessante Produkte und wir wachsen immer noch in diesem Bereich. Aber wir wachsen in diesem Segment weniger schnell als in anderen Produktkategorien. Weil es bekanntermassen Einschränkungen gibt, etwa bei der Werbung, versuchen wir auch, diesen Trend mit anderen Produkten zu kompensieren. So verstärken wir das Angebot mit Luxusgütern oder Parfüm und Kosmetika, die teilweise auch eine höhere Marge ermöglichen.


Dufry wächst und wächst. Kann Ihre Organisation dieses schnelle Wachstum überhaupt verdauen?


Es ist richtig, dass wir unsere Organisation noch mehr auf unsere künftigen Bedürfnisse anpassen müssen und hier für Dufry einiges an Potential ausgeschöpft werden kann. Diesen Prozess haben wir zwar bereits begonnen, müssen ihn aber auch konsequent umsetzen. Insgesamt haben wir vier Säulen identifiziert: Erstens den IT-Prozess, zweitens die Logistik, drittens haben wir den HR-Bereich und viertens die Standardisierung unserer Prozesse und Abläufe.


Die IT-Reorganisation beinhaltet eine strategische Planung für unsere künftigen Bedürfnisse. Dieser Prozess sollte bis Mitte Februar abgeschlossen sein und wird in den nächsten 2 Jahren implementiert werden. Die Logistik-Reorganisation soll die Anforderungen unseres künftigen Wachstums abdecken und bis Ende Jahr vollzogen werden. Im Bereich HR muss identifiziert werden, wie unsere Mitarbeiter Mehrwert in unserem global aktiven Unternehmen schaffen können. Auch dieses Projekt soll bis Ende Jahr umgesetzt werden. Die Prozessstandardisierung zielt darauf ab, dass wir weltweit gewisse Abläufe immer gleich machen, wodurch wir insgesamt effizienter und transparenter werden. Diesbezüglich haben wir die erste Phase in mehreren Regionen abgeschlossen und die restlichen Regionen werden bald folgen. Mit der Summe dieser Massnahmen glauben wir für die Zukunft gerüstet zu sein.


Verdauen von Wachstum ist wohl die eine, die erfolgreiche Integration von Akquisitionen wie Brasif die andere Herausforderung. Ist man mit der gleichzeitigen Bewältigung beider Aufgaben nicht überfordert?


Schauen Sie, die Integration und Adaption gehört zu unserem täglichen Geschäft. Das sind Themen, die uns beschäftigen, wenn wir bestehende Konzessionen gewinnen und Shops in unseren Konzern überführen. Zugegebenermassen war bisher keines der Projekte so gross wie Brasif. Aber wir haben eine breite Erfahrung und vorhandenes Know-how, wie wir vorgehen müssen oder wo die Schwierigkeiten liegen können. Ich will damit nicht sagen, dass wir diese Aufgabe auf die leichte Schulter nehmen, oder meinen, es gebe keine Probleme. Die Integration von Brasif ist bisher sehr gut verlaufen und ich bin überzeugt, dass wir diese erfolgreich vollziehen werden.


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Die Grösse von Dufry gibt Ihrem Unternehmen bei Lieferanten sicher Gewicht bei der Verhandlung von Einkaufskonditionen, was wiederum auf die Marge durchschlägt. Wie viel kann man da eigentlich noch zulegen?


Dazu Folgendes: In diesem Bereich haben wir noch Raum für Verbesserungen bei der Bruttomarge. Wie viel und wie lange das noch geht, kann ich nicht sagen. Aber wir haben noch nicht alle Massnahmen realisiert, die zu einem weiteren Wachstum führen können. Dies sind: Globale Verhandlungen mit Lieferanten, Effizienzsteigerung bei der Logistik und Wertsteigerung durch eine Anpassung beim Produktmix. Deshalb gehe ich davon aus, dass weitere Steigerungen bei der Bruttomarge durchaus drin liegen.


Dufry ist stärker in Emerging Markets aktiv als alle anderen Reise-Retailer. Glauben Sie nicht, dass dies Dufrys Risikoprofil negativ beeinflusst?


So wie wir Dufry jetzt positioniert haben, ist das Risiko mit unseren Aktivitäten in den einzelnen Regionen sehr gut ausbalanciert: In Europa, Amerika/Karibik und Südamerika generieren wir jeweils rund einen Viertel unseres Umsatzes, in Asien und in Afrika je rund einen Achtel. Wir haben also nirgends ein Klumpenrisiko, wie es der eine oder andere unserer Mitbewerber hat. Es stimmt, wir sind in Emerging Markets aktiv, aber sogar, wenn ein Problem in einer Region auftreten sollte, wird das nicht auf alle anderen durchschlagen. Darum bin ich davon überzeugt, dass unsere Strategie richtig gewählt ist.





Zur Person
Der 48-jährige Spanier Julián Díaz González bringt eine langjährige Erfahrung im Duty-free-Geschäft mit. Er arbeitete während sieben Jahre in Mexiko als Manager einer lateinamerikanischen Duty-free-Gesellschaft und war von 1993 bis 1997 für die spanische Duty-free-Kette Aldeasa aktiv. 1997 bis 1999 war Díaz Geschäftsführer der Aeroboutiques de Mexico und 2000 bis 2004 Geschäftsführer der Latinoamericana Duty-Free. Seit 2004 ist er bei Dufry, die er als CEO leitet.


Das Unternehmen
Dufry entstammt der früheren Basler Handelsgruppe Weitnauer, die 1865 gegründet wurde. Es umfasst das Duty-Free-Geschäft an Flug- und Seehäfen sowie Bahnhöfen, auf Kreuzfahrtschiffen, Fähren und an anderen Standorten. Mehr als 420 Verkaufsstellen in 36 Ländern werden von Dufry betrieben. Der Umsatz 2005 betrug 949,8 Mio. CHF.

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