Karl Hoppler, CEO BISON Systems: «Nachhaltiges Wachstum gibt es vor allem bei Wartungs- und Dienstleistungsaufträgen»

Von Helmuth Fuchs

Herr Hoppler, 1983 haben Sie die AGRO-DATA AG gegründet, aus der nach der Fusion mit der BF-Gruppe (Sempach-Station) die BISON Schweiz AG entstand. Im Jahre 2002 wurde dann die BISON Systems AG gegründet mit dem Hauptaktionär PC-Ware Information Technologies AG (Leipzig, D). Was war der Beweggrund, die Aktienmehrheit an PC-Ware zu übertragen?

Karl Hoppler:
Die Mehrheit gehörte der Fenaco, einer Unternehmensgruppe der Schweizerischen Agrarwirtschaft. Wir gehörten daher nicht zu ihrem Kerngeschäft. Die Idee international aufzutreten und unser Wissen in einen europäischen Konzern einzubringen hatte einen grossen Reiz. Ausserdem konnten wir so zu einem Microsoft Large Account Reseller werden.

«Die Berufsschule Sursee ist im IT-Bereich spezialisiert. Entsprechende Lehrstellen sehr gesucht, was uns ermöglicht kompetente, talentierte Lehrlinge einzustellen und sie schnell in laufende Geschäfte produktiv einzusetzen.» Karl Hoppler, CEO BISON Systems


Sie sind einer der Initianten des «Computer Valleys Sursee» zu dem heute etwa 40 Informatik-Firmen mit über 1’000 Arbeitsplätzen gehören. Sie selbst haben den Hauptsitz im modernen, von Ihnen gestalteten Geschäftshaus «Enterprise» in Sursee. Wieso entschlossen Sie sich, Ihre Ideen abseits der grossen Städte und Bildungszentren umzusetzen?

1983 war Sursee ein landwirtschaftlich orientiertes Zentrum, daher kam auch der Name AGRO-DATA AG. Heute ist Sursee eine spezialisierte Region für Informationstechnologie (IT) und geographisch ideal gelegen. Mit unseren Filialen in Bern und Winterthur haben wir zudem die grossen Zentren ebenfalls erschlossen.


Im Geschäftsjahr 2004/2005 bis zum 31. März konnten Sie den Umsatz um 44% auf 86 Mio. Franken steigern (2003/04: 60 Mio. Franken). Welche konkreten Faktoren haben zu einem solchen Umsatzsprung in einer für IT-Firmen doch eher schwierigen Zeit geführt?

Die Komplexität hat in unserer Branche stark zugenommen (Security, Storage, Kommunikation etc.). Dies hat interne Informatikabteilungen und kleinere Informatikfirmen in verschiedenen Bereichen überfordert und BISON Systems dank unserem breiten Know-how die Türen geöffnet. Innovationen wie die Point of Information Screens, das Voice over IP und unsere neue Business Unit «Software Management» haben zusätzliches Wachstum generiert.
 
Bei den Kassensystemen haben Sie schon sehr früh auf offene Standards gesetzt und so zum Beispiel die proprietären Lösungen von NCR und anderen Anbietern konkurrenziert. Das heisst aber auch, dass Sie mit geringeren Margen im Hardware-Bereich auskommen müssen und bei den Integrations- und Softwaredienstleistungen bei grösseren Kunden mit internen IT-Abteilungen in Konkurrenz treten. Was macht dieses Segment für Sie trotzdem interessant?

Nachhaltiges Wachstum gibt es vor allem bei Wartungs- und Dienstleistungsaufträgen. Die Hardware liefert für diese Geschäfte lediglich die nötige Grundlage und erlaubt keine hohen Margen mehr. Wir sehen uns nicht als Konkurrenz sondern als unterstützende Partner für interne IT-Abteilungen.


Schon 2001 haben Sie die Vision eines «intelligenten Einkaufswagens» als technisch funktionsfähige Version gezeigt (funkvernetzt mit RFID (Radio Frequency Identification) Tags). Was ist daraus geworden und welche wichtigen Entwicklungen sehen Sie für die nächste Zeit im Bereich Handel?

Bei RFID ist nicht die Technologie das Problem, sondern die praktische Umsetzung. Die Frage ist, wann wird zum Beispiel Coca-Cola weltweit den Barcode mit einem RFID-Tag ersetzen. Unsere Flugtickets basieren auch noch nicht auf RFID, sondern haben noch das Lochkartenformat aus den 50er Jahren, weil globale Änderungen sehr schwierig umzusetzen sind.

Eine praktische Umsetzung von RFID haben wir mit der Firma Bibliotheca in Zug realisiert, welche das Ausleihen von Büchern dank dieser Technologie erheblich vereinfacht.


Mit den «Publiscreen» Informations-Flachbildschirmen haben Sie ein neues Segment erfolgreich aufgebaut und zum Beispiel Flughäfen und Einkaufszentren als Kunden gewonnen. Dazu bauen Sie die Flachbildschirme seit neuem auch als dynamische Werbefläche in Zigarettenautomaten ein. An welchen Komponenten und Leistungen verdienen Sie mit dem «Publiscreen» Geld und wie sieht das Finanzierungsmodell für Ihre Kunden aus?

Unsere Kernkompetenz ist Projektierung, Lieferung, Installation, Wartung, Betreuung und Finanzierung von Systemen. Wir stellen daher für einen Pauschalpreis die gesamten Systeme zur Verfügung und der Kunde kann diese über Werbecontent refinanzieren.


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Da Sie die BISON Systems überall dort positionieren, wo Informatik das hauptsächliche Problemfeld einer komplexen Lösung ist, wäre eigentlich die zunehmende Vernetzung von Wohnhäusern (Zutrittssysteme; intelligente Steuerung von Licht, Wasser, Strom; Media Center etc.) ein interessantes Feld. Welche Plänehaben Sie für dieses Segment?

Ich glaube an einen Paradigmenwechsel in diesem Bereich. Alles wird irgendwann mit einem standardisierten PC gesteuert, verwaltet und konsumiert. Kassen, Telefone, Plakate und natürlich auch die Unterhaltungsmedien wie Fernsehen, Video, Musik, Foto etc. und selbst die Steuerung von Licht, Wasser, Strom und ähnlichem.

Die nahezu unbegrenzten Möglichkeiten des PCs erhöhen die Komplexität dramatisch und stellen sehr hohe Anforderungen an Verfügbarkeit, Security, Datensicherheit etc. Dadurch werden einige traditionelle Radio/TV-Händler überfordert und es wird zu einem klassischen Thema der IT. Wir werden an der Surseer Warenausstellung SURWA die erste komplette Multimedia-Lösung vorstellen.


Sie sind in der Umgebung sehr stark auch im sozialen und politischen Umfeld aktiv und vernetzt. Negativ könnte man das als Filz, positiv als regionale Verankerung umschreiben. Für die Entwicklung der BISON Systems AG war die regionale Stärke auf alle Fälle wichtig. Wie soll das bei Ihrem Nachfolger/Ihrer Nachfolgerin aussehen, welcher Managementstil und welchen regionalen Bezug soll er/sie pflegen?

Die Verfügbarkeit der IT ist für Firmen zunehmend überlebenswichtig. Daher handelt es sich in äusserstem Masse um ein Vertrauens- und Beziehungsgeschäft, das auf der hohen Kompetenz unser langjähriger Mitarbeiter und dem Führungspersonal basiert. Um diese Mitarbeitertreue zu erreichen ist ein hohes soziales und gesellschaftliches Engagement erforderlich. Dieses Engagement erwarte ich auch von meinem Nachfolger.


Von Ihren 160 MitarbeiterInnen sind 20 als Lehrlinge angestellt. Wie viele von den Lehrlingen werden Sie nach der Lehre weiter beschäftigen und wie ist Ihre Meinung zur Aussage, dass sich die Ausbildung von Lehrlingen heute nicht mehr rechne (zu hohe Kosten, zu schlechte Grund-Ausbildung?

Die Berufsschule Sursee ist im IT-Bereich spezialisiert. Entsprechende Lehrstellen sehr gesucht, was uns ermöglicht kompetente, talentierte Lehrlinge einzustellen und sie schnell in laufende Geschäfte produktiv einzusetzen. Ein Grossteil unserer Mitarbeiter hat schon bei uns die Lehre gemacht.


Die Abstimmung zur «Ausdehnung des Personenfreizügigkeitsabkommens auf die neuen EU-Staaten» ist vom Volk angenommen worden. Welche direkten Auswirkungen wird der Entscheid  auf Ihr Unternehmen haben?

Als Unternehmer sehe ich die positiven Seiten für unsere Wirtschaft, was uns wieder zugute kommt. Als Vater von drei schulpflichtigen Kindern erlebe ich allerdings auch die Probleme der mangelnden Integration.


Sie haben den gleichen Jahrgang wie Mick Jagger. Wie er scheinen auch Sie sich noch nicht mit dem Ruhestand zu beschäftigen. Da die Aktienmehrheit seit 2002 mit 70% bei der PC-Ware liegt, was motiviert Sie noch und wie lange werden Sie CEO der Bison Systems bleiben?

BISON Systems ist mein Baby und Erfolg motiviert. Erste organisatorische Massnahmen auf operativer Ebene wurden aber bereits eingeleitet. Einen «Ruhestand» werde ich noch lange nicht haben, da ich aufgrund meines breiten Engagements auch in einigen Jahren noch aktiv sein werde.


Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?

Einerseits wünsche ich meinen Kindern, dass sie ein ebenso erfülltes Leben in einem entsprechenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeld erleben können wie ich. Anderseits hoffe ich meine Klassierung im Tennis noch 10 Jahre lang halten zu können.



Karl Hoppler
ist 61 Jahre alt, wohnhaft in Luzern, verheiratet und hat drei schulpflichtige Kinder.

Er absolvierte eine umfassende IT-Ausbildung bei Computerfirmen im In- und Ausland.
1970 übernahm er die Stelle als Leiter Informatik bei der Firma VLGZ in Sursee (heute fenaco).
Karl Hoppler gründete 1975 die Firma DATA-UNIT AG, 1984 die Firma AGRO-DATA AG und 1990 die Firma SUCO-MTF AG.

Im Jahr 2000 fusionierte die AGRO-DATA AG in die BISON Group. Karl Hoppler ist CEO der BISON Systems AG mit Sitz in Sursee. Die BISON Systems AG ist einer der führenden System Integratoren der Schweiz, hat Filialen in Bern und Winterthur und beschäftigt 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im Geschäftsjahr 04/05 wurde ein Umsatz von CHF 86 Mio. realisert (+44%). Seit 01. April 2002 gehört die BISON Systems AG zu 70% dem deutschen IT-Dienstleister, der PC-Ware AG mit Sitz in Leipzig.

Karl Hoppler war u.a. Initiant von Computer Valley Associates und amtiert heute als Präsident des Vereins. Seit der Gründung im Jahr 2000 zählt der Verein bis heute über 40 Mitgliederfirmen. Ziel von Computer Valley Associates ist der Zusammenschluss von hochqualifizierten IT-Unternehmungen der Region Sursee, die Wahrung und Vertretung von Branchen- und Mitgliederinteressen sowie die Förderung des aktiven Erfahrungsaustausches zwischen den Partnerfirmen sowie das Standortmarketing (www.computervalley.ch).

Weitere «Taten» von Karl Hoppler:
– Mit-Initiant für den Bau der Stadthalle Sursee
– Initiant für den Bau des Geschäftshauses Enterprise Sursee
– Mitglied bei der FDP Luzern
– Sportchef beim FCL (1998)
– Gönner und Unterstützer zahlreicher Vereine und Organisationen in der Zentralschweiz (z.B. Kranzpartner beim Eidg. Schwing- und Älplerfest 2004)




Das Interview wurde ermöglicht durch die Unterstützung von contacts.



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