Kaspar Ottiger, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Schaffhauser Kantonalbank (SHKB)

Von Helmuth Fuchs


Moneycab: Herr Ottiger, während sich die Grossbanken in der momentanen Finanzkrise schwer tun und mit beträchtlichen Imageproblemen kämpfen, empfangen die kleineren Institute, Kantonal- und Raiffeisenbanken frustrierte Grossbankenkunden mit offenen Armen. Was überwiegt bei Ihnen, die Freude über das zusätzliche Geschäft oder die Sorge um den Bankenplatz Schweiz?


Kaspar Ottiger: Die globale Krise an den Finanzmärkten stellt für die ganze Branche zurzeit eine grosse Herausforderung dar. Einerseits sind bedeutende Banken in der Schweiz direkt davon betroffen, was sich vom Image her ungünstig auf den Finanzplatz Schweiz auswirkt. Andererseits haben die durch die Krise ausgelösten, stark rückläufigen Kurse an den Börsen Auswirkungen auf die Wertschriftenbestände von Kunden, Banken und Pensionskassen.


Es ist mir ein Anliegen, dass sich im Interesse der gesamten Volkswirtschaft und des Bankenplatzes Schweiz die Situation rasch stabilisiert und verbessert.


Bei der SHKB konnten in letzter Zeit viele neue Kundenbeziehungen eröffnet werden, die auf einen Wechsel der Bankbeziehung von Mitbewerbern zur SHKB zurückzuführen sind. Dies hat es immer schon gegeben und dies wird auch in Zukunft stattfinden. Das ist übliches Marktverhalten. Selbstverständlich freuen wir uns über jede zusätzliche Geschäftsbeziehung.



«Aufgrund der gegenwärtig unsicheren weiteren Entwicklung an den Finanzmärkten und dem tiefer erwarteten Wirtschaftswachstum in der Schweiz rechnen wir in diesem Jahr mit einem guten, gegenüber dem Rekordjahr 2007 etwas reduzierten operativen Ergebnis.» Kaspar Ottiger, Vorsitzenden der Geschäftsleitung der Schaffhauser Kantonalbank


Die Schaffhauser Kantonalbank (SHKB) feiert dieses Jahr das 125-jährige Jubiläum. Worauf dürfen sich die Schaffhauserinnen und Schaffhauser nebst einer einmaligen Ausschüttung von 125 CHF pro Person sonst noch freuen?


Aus Anlass des 125-Jahr-Jubiläums im Jahr 2008 schüttet die SHKB einmalig 50 Mio CHF an ihre Eigentümer, den Kanton Schaffhausen und ihre Gemeinden, aus. Davon gehen 40 Mio CHF an den Kanton und 10 Mio CHF bzw. CHF 125 pro Einwohner an die Gemeinden. Zusätzlich richtet die SHKB einen «Jubiläumsfonds Schaffhauser Kantonalbank» zur Unterstützung nicht kommerzieller Projekte ein, der mit 15 Mio CHF dotiert sein soll. Sonderangebote und ein Geschenk für Kunden, ein offizieller Festakt sowie ein Fest für die Mitarbeitenden runden die Jubiläumsfeierlichkeiten ab.


Letztes Jahr konnten Sie ohne die Berücksichtigung der Jubiläumsausschüttung von 50 Millionen CHF einen Rekordgewinn von 35.5 Millionen CHF ausweisen und die Bilanzsumme erstmals auf über 4 Milliarden CHF steigern (4.1 Milliarden CHF). Welche konkreten Ziele haben Sie für 2008 und wie sind Sie in das Jahr gestartet?


Die SHKB ist gut ins Jahr 2008 gestartet. Unser wichtigstes Standbein, das Zinsgeschäft, konnte im ersten Quartal gegenüber der Vorjahresperiode nochmals zulegen. Die Krise an den Finanzmärkten hat zu einem leichten Rückgang bei den Kommissionserträgen geführt, die aber immer noch auf einem hohen Niveau liegen. Insgesamt gesehen sind wir mit dem ersten Quartal 2008 zufrieden.


Im Geschäftsjahr 2007 passte bei uns alles zusammen und es konnte ein absolutes Rekordergebnis erzielt werden. Aufgrund der gegenwärtig unsicheren weiteren Entwicklung an den Finanzmärkten und dem tiefer erwarteten Wirtschaftswachstum in der Schweiz rechnen wir in diesem Jahr mit einem guten, gegenüber dem Rekordjahr 2007 etwas reduzierten operativen Ergebnis.


Trotz steigenden Personalkosten (plus 5.4% auf 32.4 Millionen CHF) konnten Sie vor allem dank tieferen Informatikkosten (Sachaufwand minus 13.6%) den Geschäftsaufwand letztes Jahr um 0.4 Millionen CHF senken. Allgemein geht der Trend zurzeit eigentlich eher in Richtung Erhöhung der Automatisierung und damit der Technologiekosten und Verminderung der Personalkosten. Was machen Sie anders und welche Investitionspläne haben sie in den kommenden zwei Jahren?


Die Schaffhauser Kantonalbank gehört zu den Gründerbanken von Finnova und arbeitet schon seit mehreren Jahren mit dieser modernen Bankenplattform. Wir haben also im Gegensatz zu anderen Banken die grossen Technologieinvestitionen früher getätigt und haben deshalb in den letzten zwei Jahren die Kosten deutlich reduzieren können. Dazu kommt, dass die Finnova dank der bedeutend höheren Zahl ihrer Kunden die jährliche Nutzungs- und Wartungsgebühr für ihre Pionierkunden senken konnte. Wir sind jedoch in diesem Jahr bereits wieder daran, die nächsten Technologieinvestitionen vorzunehmen. So werden wir sowohl die Finnova- als auch unsere gesamte PC-Infrastruktur erneuern und auf Windows Vista inkl.  Office 2007 migrieren. Es entspricht unserer Strategie, dass wir mit einer modernen und effizienten Informatik die Bedürfnisse unserer Kunden und damit des Marktes und der Bank abdecken wollen.


Die Cost-Income-Ratio wurde ein weiteres Mal auf im Branchenvergleich sehr gute 34,7% gesenkt. Welches sind die wichtigsten Gründe für diesen tiefen Wert und was ist das Ziel im laufenden Jahr?


Die SHKB ist ertragsstark. Der Anteil des Zinsengeschäfts am Betriebsertrag betrugt im Jahr 2007 63%. Das zweite wichtige Standbein ist das Kommissionsgeschäft, mit einem Anteil von 30%. Die Kosten werden bei der SHKB konsequent kontrolliert. Dies widerspiegelt sich auch im ausgezeichneten Cost-/Income-Ratio (Geschäftsaufwand/Betriebsertrag) für das Jahr 2007.


Das Geschäftsjahr 2007 kann für die Banken in der Schweiz als ausserordentlich gut bezeichnet werden, vorausgesetzt dass sie nicht direkt im US-Hypothekargeschäft beteiligt waren. Wie schon erwähnt, rechnen wir für das laufende Jahr mit einem guten, gegenüber dem Vorjahr leicht tieferen operativen Ergebnis.


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Regional und auch in den Geschäftssegmenten sind einer Kantonalbank mit Staatsgarantien gewisse Grenzen gesetzt. In welchen Bereichen und durch welche Massnahmen sehen Sie noch Wachstumsmöglichkeiten?


Die SHKB ist eine primär regional tätige Universalbank. Im Bereich der Anlageberatung und der Vermögensverwaltung erstreckt sich das Marktgebiet weit über die Region Schaffhausen hinaus. Wir bieten alle Bankgeschäfte an, die den Bedürfnissen von privaten Kunden und KMU-Firmen entsprechen.



«Vom Banker der Zukunft wird sicherlich ein besseres  Technologieverständnis erwartet; aber auch vertiefte Kenntnisse im regulatorischen Umfeld und bei der Prozessgestaltung werden gefragt sein.»


Die Ergebnisse der Vergangenheit zeigen, dass die SHKB stetig wachsen konnte. Wir sind überzeugt, dass die Bank auch in Zukunft weiter wachsen wird. Einerseits wollen wir die Chancen des gesamtwirtschaftlichen Wachstums – verbunden zum Beispiel mit Investitions- und Bautätigkeiten sowie Anlagemöglichkeiten der Kundschaft – nutzen. Andererseits wollen wir strategiekonform in unseren beiden Hauptgeschäftsfeldern (Zinsengeschäft sowie Anlageberatung und Vermögensverwaltung) das Potenzial und die Chancen weiterhin ausschöpfen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist noch der Hinweis, dass die SHKB nicht um jeden Preis wachsen will, sondern ein qualitatives Wachstum anstrebt.


Mit der zunehmenden Automatisierung der Geschäftsvorfälle, dem Outsourcing zentraler Funktionen und dem Internetbanking verändert sich auch das Bild des traditionellen Bankers. Welche Qualitäten wird der Banker der Zukunft haben müssen und in welche Richtung wird sich die Bankensoftware entwickeln?


Ein zentraler Bestandteil der Bankensoftware wird auch in Zukunft sicher die klassische Geschäftsfallabwicklung sein. Die Automatisierung durch Standardisierung wird weiter voranschreiten und es den Banken ermöglichen, ihre Verarbeitungsprozesse noch effizienter zu gestalten, sei es inhouse oder durch Outsourcing.  Zunehmend wichtiger werden aber auch Funktionen, welche Tätigkeiten im Vertrieb und bei der Banksteuerung betreffen. Ich denke da vor allem an Funktionalitäten in den Bereichen e-banking, CRM, Risk Management und Management Information. Aufgrund der Marktanforderungen werden die Bankensoftwarehersteller ihre Investitionen künftig noch verstärkter in diese Themen lenken.

Vom Banker der Zukunft wird sicherlich ein besseres  Technologieverständnis erwartet; aber auch vertiefte Kenntnisse im regulatorischen Umfeld und bei der Prozessgestaltung werden gefragt sein.  Jedoch – auch wenn die Informatik im Banking weiter an Bedeutung zunimmt – die Fähigkeit der Bankmitarbeitenden, die Bedürfnisse ihrer Kunden kompetent, zuverlässig und freundlich zu befriedigen ist und bleibt weiterhin vorrangig und absolut entscheidend für den Erfolg einer Bank.


Die SHKB ist heute Aktionärin, Lizenznehmerin und Mitentwicklerin der Finnova AG und deren Bankensystem. Wie bringen Sie diese unterschiedlichen Rollen unter einen Hut und wie gehen Sie mit den sich abzeichnenden Interessenkonflikten um?


Die SHKB wird ihren Aktienanteil an der Finnova – wie übrigens alle anderen Bankaktionäre auch – zu Beginn des nächsten Jahres deutlich reduzieren. Hauptaktionär wird die Firma msg systems ag. Sie wird dann zusammen mit dem Management die Mehrheit haben. Diese neue und bereits im Herbst 2006 beschlossene Governance verhindert potenziell bestehende Interessenskonflikte, wobei zu erwähnen ist, dass solche Konflikte in der Vergangenheit nie aufgetreten sind. Die in den vergangenen Jahren äusserst erfolgreiche Entwicklung der Finnova AG wäre sonst kaum möglich gewesen.

In der Rolle als Lizenznehmerin hat die SHKB eine reine Kunden – Lieferanten Beziehung mit den dazu gehörenden Verträgen. Die Tatsache, dass wir zusammen mit den anderen Finnova-Banken durch Einsitznahme in den verschiedenen Fachgruppen Einfluss auf die Weiterentwicklung des Systems nehmen können, erachten wir als Vorteil. Diese Art der Product Governance bietet Gewähr, dass die Plattform den Anforderungen der Kunden entsprechend ausgebaut wird.


Die zunehmende Regulierungsdichte, die technologische Entwicklung und die steigenden Kundenbedürfnisse führen prinzipiell zu höheren Kosten. Wie wollen Sie dem entgegenwirken und welche Rolle kann dabei die Zusammenarbeit mit anderen Finnova-Banken spielen?


Es ist richtig, dass die erwähnten Gründe tendenziell zu höheren Kosten führen. Der SHKB ist es jedoch in der Vergangenheit gelungen, durch eine sehr hohe Disziplin, Kostensteigerungen in den einen durch Senkungen in anderen Ausgabepositionen auszugleichen. Systematisches und effektives Prozessmanagement hilft dabei. Gerade dank unserer Finnova-Plattform konnten beispielsweise in vielen Middle- und Back-Office Einheiten signifikante Effizienzstei-gerungen und damit Kosteneinsparungen erzielt werden. Wir sind überzeugt, dass dies auch weiterhin möglich sein wird. Eine Zusammenarbeit mit Partnern, Finnova-Banken und anderen Finanzdienstleistern wird dort eingegangen bzw. angestrebt, wo klare Vorteile entstehen.



«Die Tatsache, dass wir zusammen mit den anderen Finnova-Banken durch Einsitznahme in den verschiedenen Fachgruppen Einfluss auf die Weiterentwicklung des Systems nehmen können, erachten wir als Vorteil. Diese Art der Product Governance bietet Gewähr, dass die Plattform den Anforderungen der Kunden entsprechend ausgebaut wird.»


Sie befinden sich bei Finnova in einem Verbund mit anderen Banken um einen gemeinsamen Lösungsanbieter. Nebst den offensichtlichen Vorteilen, müssen Sie sich aber auch dem Tempo und der Entwicklungsrichtung der anderen Banken anpassen. Bleibt hier nicht auch ein Innovationspotenzial auf der Strecke?


Nein, diese Gefahr sehen wir nicht. Im Gegenteil, die Finnova ist ja gerade durch die vielen neuen Kunden gezwungen, rasch auf deren Anforderungen zu reagieren und neue, innovative Funktionalitäten zu entwickeln. Die immer grösser werdende Community der Finnova-Banken führt auf Seiten des Softwareherstellers zu einer verstärkten Professionalisierung und zu einer Beschleunigung der Innovationszyklen.


Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei. Wies sehen diese aus?


Einen Wunsch habe ich einleitend bereits erwähnt: Es ist mir ein Anliegen, dass sich die Finanzmärkte bald stabilisieren und erholen. Als Zweites wünsche ich mir, dass die SHKB weiterhin erfolgreich bleibt.





Der Gesprächspartner:
Kaspar Ottiger, Vorsitzenden der Geschäftsleitung der Schaffhauser Kantonalbank (SHKB), Jahrgang 1945

Ausbildung und beruflicher Hintergrund:
– Eidg. dipl. Bankfach-Experte
– Verschiedene Weiterbildungen im In- und Ausland
– Langjähriger Kommerzberater bei der Schweiz. Volksbank, Schaffhausen, zuletzt als Kommerzchef und Stellvertreter des Niederlassungsleiters in Schaffhausen
– SHKB 1988-1998: Bereichsleiter Kommerz, Mitglied der Geschäftsleitung und Stellvertreter des Vorsitzenden der Geschäftsleitung
– Seit 1998: Vorsitzender der Geschäftsleitung

Wesentliche Tätigkeiten in Führungs- und Aufsichtsgremien sowie politische Ämter:
– Präsident der Vorsorgestiftung Sparen 3 der Schaffhauser Kantonalbank
– Verwaltungsratspräsident Sasag Kabelkommunikation AG, Schaffhausen
– Verwaltungsratspräsident Sauter AG Radio + Television, Schaffhausen
– Verwaltungsrat Schweiz. Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein, Schaffhausen
– Verwaltungsrat Verband Schweiz. Kantonalbanken (VSKB), Basel
– Verwaltungsrat Pfandbriefzentrale der schweizerischen Kantonalbanken, Zürich
– Mitglied des kaufmännischen Direktoriums des Kantons Schaffhausen
– Vorstandsmitglied IVS Industrie- und Wirtschafts-
– Vereinigung Region Schaffhausen

Das Unternehmen:
Die Schaffhauser Kantonalbank (SHKB) ist die führende Bank im Kanton Schaffhausen. Die 1883 gegründete Bank bietet alles, was eine moderne Universalbank ausmacht. Als verlässliche Finanz-dienstleisterin mit einer umfassenden Dienstleistungspalette für Privatpersonen, Firmen und öffentliche Hand hat sich die SHKB in der Region eine führende Marktstellung erarbeitet. Sie liegt geografisch günstig auf der Nord-Süd-Achse.


An sechs Standorten bestätigt die SHKB ihre Strategie der Kunden-nähe. Ergänzend zu den Filialen unterhält die SHKB ein weit ver-zweigtes Bancomaten-Netz. Neben der klassischen Beratung im Hypothekar- und Spargeschäft, haben das kommerzielle Kredit-geschäft, sowie die Vermögensberatung und Vermögensverwaltung stark an Bedeutung zugenommen. Kunden der SHKB schätzen die individuelle Betreuung und die massgeschneiderten, ganzheitlichen Lösungen. In ihrer Rechtsform ist die SHKB eine selbständige Anstalt des kantonalen öffentlichen Rechts. Für die Verbindlichkeiten der Bank haftet der Kanton (Staatsgarantie).

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