KOF senkt BIP-Prognose 2009 überraschend auf -3,4 %

Ursache für die Differenz der Erwartungen von KOF und den anderen Forschern ist nach Ansicht von KOF-Leiter Jan-Egbert Sturm, der Konjunktureinbruch im Winterhalbjahr 2008/09. Dieser sei nach Erkenntnissen der KOF im Rückblick stärker gewesen als von den meisten Beobachtern angenommen worden war. Auch die schlechten Export-Daten seien ein Grund für die negativeren Erwartungen, so Sturm bei der Vorstellung der Herbstprognose am Freitag in Zürich.


Keine Kritik an anderen Prognosen
Kritik an den Wirtschaftsexperten anderer Einrichtungen und Banken wegen der grossen Differenzen wies Sturm zurück. «Wir gehen einen Schritt weiter und kümmern uns um die Datenqualität der Vergangenheit», kommentierte Sturm die Prognosenunterschiede. Für das laufende Jahr 2009 erwarten die KOF-Ökonomen nun einen Rückgang des realen Bruttoinlandproduktes (BIP) um 3,4%. Bei der letzten Prognose vor knapp drei Monaten hatten sie noch ein Minus von 3,3% prognostiziert. Zu diesem Resultat gelangt die KOF aufgrund des negativen Aussenbeitrags 2009 und der Einschätzung, dass die BIP-Verlaufswachstumsrate zum Jahreswechsel 2008/09 deutlich negativer war, als von vielen Beobachtern der Schweizer Wirtschaft angenommen.


Seco, SNB und UBS korrigiern Prognosen nach oben
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) hatte diese Woche die BIP-Prognose für 2009 von -2,7 auf -1,7% korrigiert. Die SNB nannte Mitte September eine BIP-Prognose 2009 von -1,5 bis -2,0% nach bisher -2,5 bis -3,0% und das UBS Investmentbanking erhöhte zuletzt die Erwartungen auf -1,4 von zuvor -2,4%.


Geringes Wachstum von 0,1 Prozent im kommenden Jahr
Die gegenwärtige Stagnation werde erst Mitte 2010 von einer langsamen Erholung abgelöst, so die KOF. Für 2010 geht das Institut in der Folge von einem Zuwachs der Wirtschaftsleistung um 0,1% aus (Prognose bisher -0,6%). Im Vergleich zur Zeit vor der Krise wird das Wachstum in der Schweiz in den kommenden Jahren geringer veranschlagt. Entscheidend dürfte sein, dass die Nettozuwanderung von Arbeitskräften kaum mehr die Werte der letzten Jahre erreicht und dass der Beitrag des Finanzplatzes zum Wirtschaftswachstum schwächer ausfallen wird.


Teuerung geht im laufenden Jahr um 0,4 % zurück
Die durchschnittliche Teuerung werde sich im laufenden Jahr um 0,4% zurückbilden. Als Grund nennt die KOF den Ölpreiszerfall in der zweiten Jahreshälfte 2008. Für 2010 wird eine Teuerung von +0,5% erwartet, nach zuvor prognostizierten +0,7%.


Leichte Verbesserung der konjunkturellen Lage im 2. Halbjahr
Zusammen mit den massiven Stützungsmassnahmen im Ausland, die sich positiv auf die Nachfrage nach Exporten aus der Schweiz auswirken, dürfte sich die konjunkturelle Lage in der zweiten Jahreshälfte dieses Jahres etwas verbessern.


Export-Wachstumsprognosen nach unten korrigiert
Die Prognose für den Export hat die KOF im Vergleich zum Juni für das laufende Jahr von -13,1 auf -11,6% leicht verbessert. Für 2010 gehen die Experten von einem Wachstum von 0,1% aus, das ist wesentlich weniger als die im Juni prognostizierten 2,1%. Grund ist laut KOF eine 2010 lahmende Dynamik in den EU-Staaten, wo Konjunkturprogramme auslaufen.


Arbeitslosenquote dürfte sich der 6-%-Grenze nähern
Keine Entspannung gebe es auf dem Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosenquote steige bis Ende Jahr auf 3,8%, 2010 um 5,1% und 2011 um 5,5% und werde damit den Höchststand erreichen. Im Sommer hatte die KOF noch prognostiziert, dass sich die Arbeitslosenquote der 6%-Grenze nähern werde.


«Double Dip»
Wie schnell und nachhaltig die Weltwirtschaft aus der Rezession herausfindet, ist für die Experten die entscheidende Frage für die Konjunkturentwicklung in der Schweiz im nächsten Jahr. Zwar werden sich die USA und andere Wirtschaftsräume, darunter Lateinamerika und Teile Asiens, allmählich erholen. China und Indien, die im Winterhalbjahr nur eine Wachstumsverlangsamung erfuhren, weisen bereits seit dem 2. Quartal wieder höhere BIP-Zunahmen auf. Für die EU, die wichtigste Exportdestination der Schweiz, gilt das aber nicht. Hier sieht die KOF einen «Double Dip», d.h. einen W-förmigen Konjunkturverlauf mit einem BIP-Rückgang in der ersten Jahreshälfte 2010, da viele europäische Konjunkturpakete in diesem Jahr auslaufen. (awp/mc/pg/23)

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