Kunstmuseum Basel: Atlantic & Bukarest
Zu sehen sind die exemplarisch ausgewählten Neuerwerbungen sowohl des Kunstmuseums Basel, das sich in den letzten drei Jahren dezidiert den neuen Medien gewidmet hat, als auch Arbeiten aus der Emanuel Hoffmann-Stiftung, die seit den 70er Jahren in diesem Feld wegweisende Ankäufe getätigt hat und weiterhin unternimmt.
Produktionsmechanismen des Kinos
Pierre Huyghe schafft vor allem Videoprojektionen, die sich nicht nur bestehende Sprachformen des Kinos aneignen, sondern auch dessen Produktionsmechanismen. So versetzt uns die gleichzeitige Projektion von drei separat gedrehten Sprachversionen des Filmes «Atlantic» von 1929 in einen Raum aktivierter Wahrnehmung. Da jede der drei Sprachversionen das Untergangszenario der Titanic unterschiedlich lang darstellt, beginnen sich die Handlungsabläufe zu verschieben: eine verblüffende Dekonstruktion und Fortsetzung der filmischen Illusion.
Grossformate zur Ideologie
Mit verschiedenen Medien von Malerei bis Skulptur vertraut, ist Förg der eigentliche Initiator des fotografischen Grossformates. Hier liegt der Hauptfokus auf dem fotografischen Festhalten von modernistischer Architektur, die ideologisch verschieden aufgeladen ist. In «Bukarest» schiesst Förg mit einer Kleinbildkamera Ansichten eines in die Jahre gekommenen Treppenhauses, das nicht nur an das Ende der osteuropäischen Avantgarde erinnert, sondern auch der kommunistischen Ära.
Von Thomas Demand zu Fischli-Weiss
Neben Förg und Huyghe treten andere wichtige Positionen im Bereich der zeitgenössischen Fotografie, von Film und Video in einen Dialog, so Thomas Demand, Olafur Eliasson, Peter Fischli David Weiss, Andreas Gursky, Louise Lawler, Sherrie Levine, Steve McQueen, Richard Prince, Thomas Ruff und Wolfgang Tillmans. Serialität und Variation, Bewegung und Statik, Aneignung fremder Bilder und individueller Ausdruck prägen klassische Bildgattungen wie Porträt, Stilleben und Landschaft auf neuartige Weise.
Thomas Demand, Kitchen, 2004, Emanuel Hoffmann-Stiftung, Depositum in der Öffentlichen Kunstsammlung Basel.
Welten des Sehens
Während Demand aus Karton völlig artifiziell ein naturgetreues Stück Waldes schafft und dieses fotografisch vermittelt, kategorisiert Eliasson, einem Naturforscher ähnlich, fotografische Abbilder realer Höhlenöffnungen in konzeptueller Konsequenz. Zeigt sich der Mensch bei Gursky als winziger Teil einer ganzen Menschenmenge oder einer Szenerie, die aus der Distanz eines erhöhten Blickwinkels fotografiert ist, bannt eine Folge monumentaler und statuarischer Porträts von Ruff das Betrachterauge.
Existenzielle Verlorenheit
Wiederholt sich bei Levine die existenzielle Verlorenheit der Absinthtrinkerin nach Edgar Degas rigoros in schwarzweisser Monotonie, zeigt sich die Condition humaine bei Tillmans in spontanen oder inszenierten Erlebnismomenten. Und im Raum schwebende Fragen von Fischli Weiss umspannen mit leichtfüssiger Ironie eine ganze Welt. (BMB/mc/th)