Marchionne greift nach Opel

Opel-Betriebsrat und IG Metall machen derweil weiter Front gegen den Einstieg der Italiener. Sie halten ein Zusammengehen mit dem Autozulieferer Magna für sinnvoller. Gewerkschafter und Opel-Aufsichtsrat Armin Schild sieht zudem einen wachsenden Zeitdruck. Er geht davon aus, dass die Opel-Mutter General Motors (GM) bis Mitte Mai Insolvenz anmelden wird. Spätestens dann müssten Verträge zwischen GM und Opel vorliegen, die den Zugriff auf Technologien sowie die künftigen gemeinsamen Aktivitäten von GM und Opel regelten, sagte der Frankfurter IG-Metall-Bezirksleiter dem Berliner «Tagesspiegel» vom Montag.


«Präzise Strategie»
Fiat-Präsident Luca Cordero de Montezemolo sieht Opel nach dem Einstieg der Italiener bei Chrysler als passende Ergänzung. «Opel wäre jetzt der ideale Partner eines grossen Fiat-Konzerns», sagte Montezemolo der Zeitung «Corriere della Sera» (Sonntag). «Damit würde sich der Kreis schliessen. Eine neue grosse Autohersteller-Gruppe würde entstehen.» Fiat gehe nach einer «präzisen Strategie vor».


14-Punkte-Katalog Steinmeiers
Fiat-Boss Marchionne will in Berlin auch mit Vizekanzler Frank- Walter Steinmeier und Opel-Betriebsratschef Klaus Franz zusammenkommen. Nach «Spiegel»-Informationen hat Steinmeier einen 14- Punkte-Katalog mit Kriterien für einen Investor bei Opel aufgestellt. Neben dem Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze gehe es da auch um die Sicherheit möglicher Staatsbürgschaften, mögliche Synergien und die Vermittelbarkeit der Lösung bei der Belegschaft und den Händlern.


Angebot unter 1 Milliarde Euro
Laut «Wirtschaftswoche» hat Fiat in einem ersten Angebot weniger als eine Milliarde Euro für Opel geboten, was aus Sicht der Opel-Mutter GM deutlich zu wenig sei. Ob Fiat nachbessere sei unklar. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» wird ein alternativer Einstieg des österreichisch-kanadischen Konzern Magna von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) mit seinen Kontakten nach Russland unterstützt.


Guttenberg: Fiat will Opel-Montagewerke erhalten
Fiat will bei einer Übernahme von Opel die deutschen Endmontagewerke erhalten. Das teilte Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg am Montag nach einem Gespräch mit Fiat-Chef Sergio Marchionne in Berlin mit. Fiat wolle ohne eigene Schulden bei Opel einsteigen und die Marke Opel beibehalten. Den Konsolidierungsbedarf habe Marchionne auf 5 bis 7 Milliarden Euro geschätzt. Es sei jedoch zu früh, den entsprechenden Anteil für Deutschland zu ermitteln. Das Werk in Kaiserslautern könnte allerdings von Konsolidierungsmassnahmen betroffen sein, sagte der Wirtschaftsminister unter Bezug auf Äusserungen des Fiat-Chefs. In Kaiserslautern werden Fahrzeugteile hergestellt.


«Europäische Lösung»
Die von Fiat angepeilte europäische Lösung betreffe alle Marken von General Motors (GM) in Europa, sagte Guttenberg. Fiat wolle den grössten europäischen Autobauer entwickeln und zusammen mit Chrysler zur Nummer zwei weltweit aufsteigen. Guttenberg sprach von einem interessanten Konzept des italienischen Autobauers, das aber «auf Herz und Nieren» überprüft werde. Es seien allerdings zügige Entscheidungen nötig. Auch andere Optionen müssten geprüft werden.


Gewerkschaften gegen Fiat-Einstieg
IG-Metall-Bezirksleiter Schild sprach sich erneut gegen einen Einstieg von Fiat ab und griff Guttenberg scharf an. Viele hätten Zweifel, ob bei Guttenberg «überhaupt der Wille zu einer Lösung im Sinne des Unternehmens und seiner Beschäftigten im Vordergrund steht». Guttenberg habe immer wieder Bedenken gegen eine Opel-Rettung geäussert und damit im Ergebnis «Stimmung gegen Opel» gemacht.


Mehr Druck auf US-Finanzministerium gefordert
Betriebsratschef Franz verlangte von Fiat ein umfassendes Konzept für alle europäischen Standorte. Er erneuerte den Verdacht, Fiat wolle mit deutschen Steuermilliarden die Chrysler-Übernahme in den USA absichern. Von der Bundesregierung forderte er mehr Druck auf das US-Finanzministerium, um den Übergang der Patente auf Opel zu beschleunigen. Franz wies erneut darauf hin, dass auch mit anderen Investoren ausser Fiat und Magna gesprochen werde.


Auch Händler skeptisch 
Auch der selbst einstiegswillige Händlerverband äusserte sich skeptisch zum möglichen Investor Fiat. «Es gibt zumindest Zweifel, ob ein Engagement von Fiat nachhaltig wäre», sagte der Sprecher des Verbands Deutscher Opel- und Chevrolet-Händler (VDOH), Thomas Bieling, der «Automobilwoche» (Montag). «Es ist jedenfalls nicht genug, allein auf ein grösseres Gesamtvolumen zu setzen.» Unterdessen hat der Magna-Betriebsrat seinen Widerstand gegen den möglichen Minderheitseinstieg bei Opel offenbar aufgegeben. Der Betriebsrat von Magna Steyr in Graz, Thomas Stoimaier, sagte der «Automobilwoche»: «Ich sehe mehr Chancen als Risiken im Falle eines Einstiegs von Magna bei Opel.» (awp/mc/ps/02)

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