Merck will angeblich den Pharma-Konzern Schering schlucken

Wie bereits von Schering selbst mitgeteilt, werde das MDAX-Unternehmen Merck als Kaufpreis 77 Euro je Schering-Aktie anbieten. Finanziert werden solle die Übernahme durch Eigen- und Fremdkapital sowie mittelfristig auch durch eine Kapitalerhöhung, erfuhr die Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX am Sonntagabend aus den Kreisen.


Mit 14,9 Milliarden Euro bewertet
Das Übernahmeangebot bewertet den Berliner Konzern mit 14,9 Milliarden Euro. Institutionelle Investoren halten 68 Prozent der Anteile, grösster Einzelaktionär der Schering AG ist die Allianz mit mehr als zehn Prozent der Anteile.


Engagement von einer Milliarde Euro
Ein Verkauf eines grösseren Aktienpakets der Familie Merck sei zur Finanzierung des Kaufs nicht geplant, sagte ein mit den Plänen vertrauter Experte. Die Familie wolle sich aber auf verschiedene Weise mit rund einer Milliarde Euro bei der Übernahme engagieren.


Noch keine Pflichtmitteilung veröffentlicht
Das Übernahmeangebot ist allerdings den Kreisen zufolge noch nicht offiziell von den Merck-Gremien beschlossen worden. Dies müsse erst noch geschehen. Daher habe Merck auch noch keine Pflichtmitteilung veröffentlicht. Merck selbst halte das Angebot von 77 Euro für «sehr angemessen», hiess es in den Kreisen. In der Höhe entspreche es damit einem Aufschlag von 35 Prozent auf den durchschnittlichen Kurs der Schering-Aktie in den vergangenen drei Monaten. Am Freitag hatte das Papier im Xetra-Handel 1,52 Prozent auf 66,86 Euro zugelegt.


Zu niedrige Offerte für Schering
Der Schering-Vorstand betonte hingegen, er halte die Offerte für erheblich zu niedrig. In einer Pflichtmitteilung hiess es, «dass dieses Angebot die Gesellschaft und ihre Zukunftsaussi chten als unabhängiger Pharmaspezialist erheblich unterbewertet». Es gebe keine Verhandlungen über eine Fusion, das Angebot sei unaufgefordert abgegeben worden. Von Merck war am Sonntag zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Das «manager magazin» hatte in seiner Online-Ausgabe über die geplante Transaktion berichtet. Um die Übernahme zu bezahlen, würden die Familiengesellschafter von Merck einen Teil ihres Aktienpakets verkaufen, hiess es in dem Bericht des Wirtschaftsmagazins.


Kein attraktives Angebot
Schering-Chef Hubertus Erlen sagte dem «Handelsblatt» (Montagausgabe): «Das Angebot ist nicht im Interesse unserer Aktionäre und reflektiert nicht den wahren Wert von Schering». Dem «Tagesspiegel» (Montagausgabe) sagte er weiter : «Für uns ist das kein attraktives Angebot». Es werde «umgehend mit dem Aufsichtsrat beraten», sagte Erlen.


Spekulationen über grössere Übernahme
In den vergangenen Wochen war mehrfach darüber spekuliert worden, dass Merck eine grössere Übernahme plane. Der Erfolg des Mischkonzerns ist stark abhängig von den derzeit noch hoch profitablen Flüssigkristallen, die bei der Herstellung von Flachbildschirmen eingesetzt werden, sowie vom Krebsmittel Erbitux. In beiden Bereichen könnten Merck nach Einschätzung von Branchenkennern allerdings künftig Erlöse einbüssen.


Pharmasparte auf breitere Füsse stellen
Eine Grossakquisition gilt daher als Gelegenheit, vor allem die Pharmasparte auf breitere Füsse zu stellen. Die Merck- Aktien liegen bisher überwiegend (73 Prozent) in der Hand der Familie. Die Darmstädter hatten 2005 überraschend den Vorstandsvorsitzenden Bernhard Scheuble vor die Tür gesetzt und den langjährigen Manager Michael Römer als Übergangschef installiert. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins «Spiegel» könnte Lufthansa-Finanzvorstand Karl- Ludwig Kley im Sommer zur Merck KGaA wechseln und zu diesem Zeitpunkt oder später Nachfolger von Römer werden.


Konzern aus der ersten Börsenliga
Im Fall eines Zusammenschlusses würde die im MDAX notierte Merck KGaA einen Konzern aus der ersten Börsenliga, dem DAX, übernehmen. Gemessen an den Zahlen sind die beiden Firmen jedoch etwa gleich gross: Merck beschäftigte Ende 2005 rund 29.000, Schering knapp 25.000 Mitarbeiter. Auch beim Umsatz liegen beide fast gleichauf: Bei Schering waren es im abgelaufenen Geschäftsjahr 5,3 Milliarden Euro, bei Merck 5,9 Milliarden Euro. Die Schering AG ist bekannt als Hersteller von Anti-Baby-Pillen und Krebsmitteln. Beide Seiten werden laut «manager magazin» bei der möglichen Fusion von renommierten Investmentbanken beraten.


Keine überzeugenden Argumente
Nach Meinung von Analysten deutet einiges darauf hin, dass der Pharma- und Chemiekonzern Merck den Schering-Konzern nach einer erfolgreichen Übernahme zerschlagen könnte. Der Preis erscheine nicht gerade günstig und die Überschneidungen zwischen beiden Unternehmen seien gering, sagte Pharma-Analyst Markus Konstanti vom Bankhaus Sal. Oppenheim dem «Tagesspiegel». Richtig überzeugende Argumente für eine erfolgreiche Übernahmestory drängten sich nicht auf. Die Frage sei, was Merck mit dem Konzern vorhabe. Am Ende könnte möglicherweise die Zerschlagung stehen, sagte der Analyst. (awp/mc/ab)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert