Nitin Mehta, Managing Director EMEA des CFA Institute

von Alexander Saheb

Die CFA Qualifikation ist in der Finanzbranche sehr angesehen. Was sind die Gründe dafür?

Erstens ist die Ausbildung streng: Um einen CFA Charter zu erlangen, müssen die Kandidaten drei Prüfungsstufen bestehen, wofür man im Schnitt vier Jahre und fast 1000 Lernstunden benötigt, sowie über vier Jahre Berufserfahrung im Fachbereich verfügen. Zweitens, die Teilnehmer verpflichten sich zur Einhaltung der höchsten Standards hinsichtlich des ethischen und professionellen Verhaltens und der Ausbildung. Drittens, Arbeitgeber schätzen Mitarbeiter mit CFA-Titeln und den damit verbundenen Mehrwert für das Unternehmen sehr. Da es weltweit nur 86?000 CFA Charterholders gibt, stechen sie aus der Masse hervor.


Im Vergleich zu vielen anderen Weiterbildungsprogrammen ist die CFA Qualifikation finanziell recht günstig. Spielt das für die Teilnehmer eine entscheidende Rolle?

Die Kosten für das komplette CFA-Programm (einschliesslich der Einschreibung und alle drei Examen) belaufen sich auf 3345 USD. Das ist sehr viel günstiger als ein Masterstudiengang oder MBA. Es ist zudem ein Selbststudiumprogramm, das man nebenberuflich absolvieren kann, ohne seine Karriere unterbrechen zu müssen. Für viele ist jedoch nicht der Kostenfaktor ausschlaggebend, sondern die berufliche Anerkennung und die tiefgreifenden Kenntnisse der Vermögensverwaltung, die das CFA Programm vermittelt. Die CFA Qualifikation kann in der Investmentbranche sehr karrierefördernd sein.


Die globale Erfolgsquote aller Kandidaten lag 2009 bei 45 Prozent. Streben Sie bewusst eine harte Selektion an?

Die Erfolgsquote für das CFA Programm variiert. Letztes Jahr lag der Prozentsatz der erfolgreichen Absolventen weltweit bei 45%. Im Dezember 2009 schafften nur 34% die erste Hürde (Stufe 1). Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle. Die CFA-Examen unterliegen jedoch einem strengen Benotungssystem, damit der Prozess für alle Kandidaten fair ist. Die Erfolgsquote hängt letztendlich von der Prüfungsvorbereitung und Leistung der einzelnen Kandidaten ab.


«Ein grosser Vorteil des CFA Programms ist seine Einheitlichkeit weltweit.»


Die ethische Haltung vieler Finanzmanager ist in jüngster Zeit öffentlich stark kritisiert worden. Glauben Sie dass CFA Charterholders, bei denen Ethik auf dem Lehrplan steht, im Berufsalltag tendenziell besser abschneiden?

Das CFA Institute stellt hinsichtlich der Einhaltung ethischer Standards hohe Ansprüche an die CFA Titelträger. Unserer Auffassung nach ist die Vermittlung und Einhaltung ethischer und professioneller Standards von zentraler Bedeutung für die Arbeit in der Investmentbranche. Es ist zudem äusserst wichtig, die ethischen Dilemmas, mit denen Finanzexperten konfrontiert werden, zu verstehen, und den richtigen Umgang mit ihnen zu lernen. Ich weiss nicht, ob die CFA Charterholders in der Geschäftswelt erfolgreicher sind, aber sie sind auf jeden Fall in der Erkennung und Behandlung ethischer Probleme bestens geschult und stellen sicher, dass sie im besten Interesse des Kunden handeln.  Die CFA Charterholders sind verpflichtet, jährlich einen unterzeichneten Bericht über ihr professionelles Verhalten einzureichen und die CFA Grundsätze für das ethische und professionelle Verhalten («CFA Code of Ethics and Professional Conduct») einzuhalten. Bei Unterlassung wird dem/der Betroffenen der CFA Charter entzogen.


Oft absolvieren die Lehrgangsteilnehmer die anspruchsvolle Weiterbildung noch neben dem Berufsalltag. Ein familienverträgliches Weiterbildungsprogramm würde wohl anders aussehen?

Ein grosser Vorteil des CFA Programms ist seine Einheitlichkeit weltweit. Alle Teilnehmer des CFA Programms und CFA Titelträger haben die gleiche Erfahrung gemacht. Das wird von Kollegen und Arbeitgebern geschätzt. Es gibt keine Pläne, das Format der Examen zu ändern. Wir sind uns bewusst, dass die Teilnahme am CFA Programm Disziplin und harte Arbeit erfordert. Deshalb ist es auch so angesehen und begehrt.


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Wie hoch ist im Vergleich zum CFA das Interesse an ihrem «Certificate in Investment Performance Measurement Program» (CIPM)?

Der Lehrgang CIPM ist neueres Programm und bietet eine Schwerpunktbezeichnung für jene, die Experten in Performance Measurement werden wollen. Letztes Jahr haben Kandidaten in 22 verschiedenen Ländern die Prüfung abgelegt. Da es sich um eine Nischenqualifikation handelt, dürften die Prüfungsanmeldungen nicht das gleiche Niveau erreichen.


«In der Schweiz beabsichtigen wir, gemeinsam mit der Swiss CFA Society (SCFAS) unsere Zusammenarbeit mit Arbeitgebern, Universitäten und Aufsichtsbehörden zu erweitern».


Welche weitere Entwicklung strebt das CFA Institute in Europa an?

Wir würden eine höhere Teilnahme europäischer Anlageexperten am CFA Programm begrüssen. Ein Hauptanliegen ist es daher, das Bewusstsein für das CFA Programm zu erhöhen. Wir arbeiten zudem aktiv daran, Mitglieder in puncto lebenslanges Lernen zu unterstützen, indem wir unser Angebot der Fortbildungsmöglichkeiten erweitern. Auch in aufsichtsrechtlichen Angelegenheiten ist das CFA Institute aktiv. In der Schweiz beabsichtigen wir, gemeinsam mit der Swiss CFA Society (SCFAS) unsere Zusammenarbeit mit Arbeitgebern, Universitäten und Aufsichtsbehörden zu erweitern. Generell will die Swiss CFA Society, mit über 2?000 Mitgliedern die grösste CFA Landesorganisation in Kontinentaleuropa, eine führende Rolle in der Förderung von Fachwissen, Professionalität und Integrität im Investment Business der Schweiz spielen.


Was hat Sie nach langen Berufsjahren in der Finanzindustrie daran gereizt, in einem Weiterbildungsinstitut zu arbeiten?

Ich wollte der Branche etwas zurückgeben. Die Ausbildung sowie die Erhöhung der professionellen Standards liegen mir sehr am Herzen. Kurz gesagt, fand ich die Mission und die Werte des CFA Institute sehr interessant.


Was ist an Ihrer Tätigkeit besonders spannend?

Jeder Tag ist anders. In der EMEA-Region verfügen wir über 33 CFA Länderorganisationen (Mitgliedorganisationen des CFA Institute, die sich auf lokaler Ebene um die Mitglieder kümmern). Daher spreche ich täglich mit Kontaktpersonen in verschiedenen Ländern. Natürlich bin ich auch recht häufig auf Reisen, da ich unsere Mitglieder so am besten kennenlernen und ihre Bedürfnisse verstehen kann.


Sie sind eines der wenigen Führungsmitglieder des CFA Institute, das die CFA  Qualifikation nicht auch selbst erworben hat. Wäre das noch eine Entwicklungsperpektive für Sie?


Ein Küchenchef schmeckt immer seine Gerichte ab, bevor sie den Gästen serviert werden. Auch ich finde es wichtig, «zu probieren, was ich verkaufe». Daher habe ich mich nun auch in das CFA Programm eingeschrieben, um das Teilnehmererlebnis aus erster Hand zu erfahren.





Der Gesprächspartner:
Nitin Mehta stiess im Februar 2006 als Managing Director für die Region Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA) zum CFA Institute. Bevor er diese Funktion übernahm, war Nitin Mehta als Head of International Equities bei Henderson Global Investors tätig, einem britischen Fondsmanager mit institutionellen und Privatkunden.  Im Laufe seiner Karriere bekleidete Nitin Mehta verschiedene Führungspositionen bei Investmentgesellschaften. So war er zum Beispiel der Leiter der Devisen- und Derivate-Abteilung bei Quorum Capital Management, einer Londoner Tochtergesellschaft der New York Life; Investment Officer bei der International Finance Corporation, einem privatwirtschaftlichen Zweig der Weltbank in Washington, D.C., und Head of Global Equities bei Shearson Lehman Global Asset Management in London.


Das CFA Institute
Das CFA Institute ist die globale Organisation für Finanzanalysten und Investmentexperten. Es organisiert die Lehrgänge CFA und CIPM sowie die entsprechenden Examenprogramme weltweit, veröffentlicht Studien, führt berufliche Weiterbildungsprogramme durch und setzt freiwillige, auf Ethik basierende Berufs- und Reporting-Standards für die Investmentbranche fest. Dem CFA Institute gehören weltweit nahezu 100?000 Mitglieder an, darunter mehr als 89?000 CFA Charterholders. Insgesamt sind 136 Mitgliederorganisationen in 57 Staaten angeschlossen.

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