Paul Zumbühl, CEO Interroll

Von Christa Spoerle

Moneycab: Herr Zumbühl, krass ausgedrückt, ist Interroll vom Börsenliebling zum Kellerkind abgerutscht, trifft Sie das persönlich?


Paul Zumbühl: Gelistete Unternehmen müssen damit klarkommen, dass es im Börsenumfeld auch stürmisch zugehen kann. Das gilt auch für diejenigen, die es in der aktuellen Finanzkrise noch wesentlich härter getroffen hat als Interroll. Für unser Unternehmen und mich ist vor allem entscheidend, dass wir unsere täglichen Hausaufgaben machen und eine hervorragende weltweite Marktposition haben, die wir ständig weiter ausbauen können. Die Resultate der letzten Jahre bestätigen uns darin.



«Wir haben eine komfortable Eigenkapitalquote. Durch den guten Cash Flow konnten die Nettofinanzschulden kontinuierlich abgebaut werden. Wir sind finanziell sehr gesund.» Paul Zumbühl, CEO Interroll 


Wie beurteilen Sie persönlich den Halbjahresabschluss 2008?


Ich bin damit sehr zufrieden. Umsatz, EBIT, die EBIT-Marge und der Reingewinn haben deutlich zugelegt.


Welche Einflussfaktoren beeinflussen in welcher Weise den Geschäftsgang von Interroll am deutlichsten, die Konjunkturflaute, die Rohwarenpreise oder die Währungsentwicklung?


Der Konjunkturflaute können wir uns selbstverständlich nicht entziehen, können aber dank einer breiten Basis von weltweit über 23 000 Kunden konjunkturelle Schwankungen abfedern. Steigende Rohmaterialpreise lassen sich teilweise oder zeitverzögert an die Kunden weitergeben. Alternativ setzen wir andere Materialien ein, beispielsweise Aluminium anstelle von Stahl. Die Währungsentwicklung macht uns keine Sorgen, da wir in denselben Währungsregionen verkaufen, in welchen wir produzieren.


Ihr Ausblick für 2008 war insgesamt zurückhaltend, sie halten aber der Mittelfristzielsetzung von 5-10% des organischen Umsatzwachstums und einer Betriebsgewinnmarge von 12% fest?


Das ist richtig. Mittel- bis längerfristig wollen wir diese Ziele im Durchschnitt erreichen.


Ist der neue Grossauftrag der finnischen Post ein Einzelfall? Wie sieht Ihre Auftragslage aus? Wo ist der Hunger nach Infrastruktur am grössten?


Dieser Auftrag ist das bisher grösste Sorter-Projekt und lässt sich klar auf unsere bisherigen Referenzen zurückführen. Auch während einer Konjunkturflaute werden noch viele Projekte realisiert, die dazu dienen, die Produktivität zu steigern und Kosten signifikant zu senken. Im Moment zeichnen sich beispielsweise in Osteuropa und im Mittleren Osten bedeutende neue Aufträge ab.


Welche ihrer Produkte liegen derzeit am deutlichsten im Trend?


Etwa der Quergurtsorter für Post- und Distributionszentrens, Fördermodule für staudrucklosen Behältertransport oder auch hygienisch genormte Trommelmotoren für die lebensmittelverarbeitende Industrie.


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Stecken neue Produkte in der Pipeline?


Aktuellerweise entwickeln wir neue Antriebslösungen mit höherer Leistung, beispielsweise für Bandförderer oder auch Rollenförderer. Die Potenziale  dieser und anderer Produkte sind sehr erfolgsversprechend.



«Interroll Brasilien hat unsere Erwartungen übertroffen. Momentan bauen wir unsere Werke in China und Thailand aus. In Indien soll noch im laufenden Jahr ein Werk in Bangalore eröffnet werden. Ebenso verstärken wir unsere Geschäftstätigkeit in Russland und im Nahen Osten»


Wie verläuft der Start in Brasilien?


Interroll Brasilien ist seit Jahresbeginn in diesem interessanten Markt tätig und hat bisher unsere Erwartungen weit übertroffen. Nebst brasilianischen Kunden schätzen auch lokal vertretene, weltweit tätige Unternehmen unsere Unterstützung vor Ort.


In welchen Regionen wollen Sie noch expandieren?  Wird das die regionale Umsatzstruktur deutlich verändern?


Momentan bauen wir unsere Werke in China und Thailand aus, um die Marktpotenziale noch besser ausschöpfen zu können. In Indien sind wir daran, mit einem Franchisee-Partner dieses Jahr in Bangalore ein Werk zu eröffnen. Ebenso verstärken wir unsere Geschäftstätigkeiten in Russland und im Nahen Osten.


In wieweit beeinflussen die Investitionen in den Marktaufbau und das Vertriebsnetz ihre Margen in den kommenden Jahren?


Einerseits ist es unser Ziel, kontinuierlich unsere Marktposition auszubauen anstatt längerfristig die Margen zu maximieren. Andererseits wollen wir klar unsere Produkte und Lösungen zu Preisen mit guten Margen verkaufen. Der Kundennutzen als Preisprämie ist dabei entscheidend.


Sind Sie offen für akquisitorisches Wachstum? Gibt es da eventuell Pläne?


Wenn sich Akquisitionsmöglichkeiten im Sinne unserer Unternehmensstrategie ergeben, prüfen wir diese selbstverständlich. Konkrete Pläne liegen aber derzeit nicht auf dem Tisch.


Sind Sie mit der Kapitalisierung zufrieden?


Wir haben eine komfortable Eigenkapitalquote. Durch den guten Cash Flow konnten die Nettofinanzschulden kontinuierlich abgebaut werden. Wir sind finanziell sehr gesund – eine wichtige Tatsache für unseren weiteren Ausbau der globalen Märkte.


Wann erwarten Sie persönlich wieder eine Erholung des Börsenkurses?


Da kann ich nur mit dem Hinweis auf die berühmte «Glaskugel» antworten …






Der Interviewpartner:
Paul Ambühl, Jahrgang 1958, ist Diplomingenieur und besitzt den MBA eines gemeinsamen Programms der Universitäten Boston, Bern und Shanghai.  Seit erstem Januar 2000 ist er CEO der Interroll Holding AG, San Antonio/TI. Zuvor war er als operativer Leiter der Division Plastics Technology bei Mikron und in leitenden Funktionen bei Sarna Group tätig. Er ist verwitwet und hat eine Tochter.


Das Unternehmen: 
Die Interroll Gruppe ist eine weltweit führende Anbieterin von Komponenten und Subsystemen für Materialfluss, Fördertechnik und Automation. Unter dem Dach einer strategischen Holding mit Sitz im schweizerischen Sant’Antonino steuern drei global operierende Geschäftseinheiten mit klarer markt- und produktspezifischer Ausrichtung die Aktivitäten der Gruppe: Im Komponentenbereich unterstützt «Interroll Drives & Rollers» hauptsächlich regional operierende Anlagenhersteller und Erstausrüster;  «Interroll Dynamic Storage» und «Interroll Automation» konzentrieren sich im Subsystembereich vor allem auf Systemintegratoren, multinationale Unternehmen und Endkunden. Die an der Schweizer Börse SWX kotierte Interroll erzielte 2007 mit 1300 Mitarbeiter in 28 Gesellschaften weltweit einen Umsatz von 371 Mio CHF.

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