Pleitewelle erreicht Schweiz: Konkurse nehmen sprunghaft zu

Die drastische Verschlechterung der Zahlungsmoral zeigt, dass immer mehr Firmen mit Liquiditätsproblemen kämpfen, die sie ohne externe Hilfe nicht mehr lösen können. Für viele ist der Konkurs die einzige Alternative. Auch die Zahl der Neugründungen ist im November mit einem von Minus 16 Prozent deutlich zurückgegangen. Dun & Bradstreet rechnet im laufenden Jahr mit 4`050 Firmenkonkursen und mit 36`400 Neugründungen. 


Luzern steuert auf Negativrekord hin
Punkto Konkurse gehören die beiden Appenzell, Glarus, Luzern, Nidwalden und Neuenburg zu den Sorgenkantonen. In den ersten elf Monaten diesen Jahres explodierten die Firmenpleiten regelrecht mit Zuwachsraten von 43% bis 133% gegenüber dem Vorjahr. Während in den Kleinkantonen der hohe prozentuale Anstieg aufgrund der tiefen absoluten Zahlen nur beschränkt aussagekräftig ist, ist besonders die aktuelle Entwicklung in Luzern besorgniserregend. Der Kanton Luzern verzeichnete einen Pleiteanstieg von 46,2% seit Jahresbeginn und steuert damit auf einen neuen Negativrekord hin. Dafür verantwortlich sind in Luzern insbesondere der Gross- und Einzelhandel sowie die Architekturbüros.


Neuenburg: Handwerksbetriebe unter Druck
Im Kanton Neuenburg, wo die Firmenpleiten mit 33,9% ebenfalls stark zugenommen haben, gehören die Handwerker zu den Branchen mit dem höchsten Konkurswachstum. Mit Ausnahme von Appenzell-Ausserrhoden, Luzern und Nidwalden sind es denn auch die gleichen Kantone, bei denen die Neugründungen zurückgegangen sind. Luzern fällt auch hier aus dem Raster, allerdings positiv mit einem Gründungswachstum von 4,2% seit Jahresbeginn.


BE, AG, ZH, SZ, VD und VS «schwimmen» gegen den Trend
Gegen den allgemeinen Trend «schwimmen» derzeit unter anderem die Kantone Bern, Aargau, Zürich, Schwyz, Waadtland und das Wallis. Sie verzeichneten alle in den ersten elf Monaten diesen Jahres weniger Konkurse als noch im Vorjahr.


Wirtschaftskrise breitet sich (noch) nicht flächendeckend aus
Einige Branchen scheinen von der Wirtschaftskrise noch nichts zu spüren. Zu ihnen gehören die Chemie- und Pharmaindustrie, die Präzisions- und Uhrenindustrie, das Baugewerbe und die Branche der Unternehmensdienstleister. Die Chemie- und Pharmaindustrie steht an der Spitze mit dem höchsten Konkursrückgang. Gegenüber dem Vorjahr sank die Zahl der Pleiten um über 53%. Einen zweistelligen Rückgang verzeichneten im gleichen Zeitraum unter anderem auch die Präzisions- und Uhrenindustrie, die Personalvermittler sowie die Informatikdienstleister.


Boombranchen
Gerade die Personalvermittler gehören zu den grossen Profiteuren der aktuellen Finanz- und Liquiditätskrise. Denn einerseits spielt ihnen in die Hand, dass Firmen in unsicheren Zeiten vermehrt auf Zeitarbeiter zurückgreifen und andererseits beschert ihnen der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften Auftrag um Auftrag. Es mag deshalb auch nicht erstaunen, dass nicht nur die Konkurse stark zurückgegangen sind, sondern gleichzeitig auch die Zahl der neu gegründeten Zeitarbeitsfirmen zugenommen hat.


Verlangsamter Konkursrückgang im Baugewerbe
Anders beim Baugewerbe. Ihm geht’s zwar immer noch gut, aber der Konkursrückgang verlangsamt sich allmählich, was darauf hindeutet, dass die Baukonjunktur sich nun in den nächsten Monaten weiter abkühlen dürfte. Der enorme Anstieg bei den Neugründungen darf nicht über diese Entwicklung hinwegtäuschen. Denn eine grosse Zahl der neu gegründeten Firmen sind so genannte Arbeitsgenossenschaften, die für laufende Projekte und Arbeiten gegründet und anschliessend wieder aufgelöst werden.


Dunkle Wolken über Textil- und Bekleidungsindustrie
Zu den Sorgenbranchen gehören aktuell die Textil- und Bekleidungsindustrie, das Handwerk, der Einzelhandel, die Architekturbüros, die Immobilienverwalter und -makler, das Autogewerbe. Besonderes hart trifft es die Textil- und Bekleidungsindustrie: Die Zahl der Firmenpleiten stieg in den ersten zehn Monaten diesen Jahres um 61% gegenüber dem Vorjahr an, gleichzeitig ging die Zahl der Gründungen um über 7% zurück. Dass weniger im Wohnungs- und Gewerbebau geplant und gebaut wird, spüren nun auch die zum Bausektor gehörenden Nebenbranchen. Die Zahl der Konkurse von Architekten stieg seit Jahresbeginn um über 33%, die der Handwerker um 6% und die der Immobilienverwalter und -makler um 8%. (d&b/mc/ps)

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