Rechtskommission sagt Ja zu Abzocker-Initiative und Gegenvorschlag

Dagegen stimmten die 8 SVP-Mitglieder der Kommission: Die SVP möchte die Initianten mit einer Revision des Aktienrechts zum Rückzug der Initiative bewegen. Bei diesem Plan blieb die SVP, obwohl der Gegenvorschlag teilweise ihren eigenen Anliegen entspricht. Die SP wiederum machte Kompromisse beim Gegenvorschlag. Die Beweggründe seien auf allen Seiten nicht nur edler Natur, sagte der Genfer SVP-Nationalrat Yves Nidegger zum parteipolitischen Seilziehen eineinhalb Jahre vor den Wahlen.


Übereinstimmung bei VR-Entschädigungen
Oberstes Ziel der Abzocker-Initiative ist es, Lohn- und Boni-Exzesse zu verhindern. Was die Verwaltungsratslöhne betrifft, sind die Initiative und der nun gewählte direkte Gegenvorschlag deckungsgleich: Beide verlangen, dass die Aktionäre jährlich über den Gesamtbetrag der Vergütungen abstimmen.


Gegenvorschlag will mehr Freiheit bei GL-Löhnen
Gemäss der Initiative soll dies auch für die Löhne der Geschäftsleitung und des Beirates gelten. Der Gegenvorschlag will den Firmen hier Spielraum lassen: Über die Entschädigungen der Geschäftsleitung soll nur dann die Generalversammlung bestimmen, wenn die Statuten dies vorsehen. Mehr Spielraum gibt der Gegenvorschlag den Unternehmen auch bei der Wahl des Verwaltungsrates. Die Initiative verlangt eine jährliche Wahl jedes Mitglieds. Der Gegenvorschlag sieht vor, dass die Amtsdauer der Verwaltungsräte ein Jahr beträgt, sofern die Statuten nichts anderes bestimmen. Die Höchstdauer beträgt drei Jahre.


«Goldene Fallschirme» sollen nicht ganz verunmöglicht werden
Im Unterschied zur Initiative verbietet der Gegenvorschlag zudem «goldene Fallschirme» und Antrittsprämien nicht vollständig. Sie sollen nur «grundsätzlich untersagt» werden, was Ausnahmen möglich macht.


Abschaffung des Organ- und Depotstimmrechts
Sowohl die Initiative als auch der Gegenvorschlag wollen das Organ- und Depotstimmrecht abgeschaffen. Der Gegenvorschlag hält aber zusätzlich fest, dass zur institutionellen Stimmrechtsvertretung nur die von der Generalversammlung gewählte unabhängige Stimmrechtsvertretung berechtigt ist.


Keine Strafbestimmungen – dafür Rückzahlungen
Im Unterschied zur Initiative verzichtet der Gegenvorschlag darauf, Strafbestimmungen in die Vorlage aufzunehmen. Die Initiative sieht Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren und Geldstrafen bis zu sechs Jahresvergütungen vor. Der Gegenvorschlag setzt auf die Rückzahlung von Geldern: Mitglieder des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung sollen Leistungen zurückerstatten müssen, wenn diese in einem «Missverhältnis» zur erbrachten Gegenleistung stehen.


Mehrheit auch für Initiative
Die Mehrheit der Rechtskommission sprach sich aber nicht nur für den direkten Gegenvorschlag aus, sondern – mit 16 zu 9 Stimmen – auch für die Initiative. Es seien unterschiedlich zusammengesetzte Mehrheiten, erklärte Nidegger. Für den Stichentscheid empfiehlt die Kommission den direkten Gegenvorschlag zur Annahme. Dies sei zwar für viele unbefriedigend, aber rechtlich zwingend, sagte Thanei. Das Parlamentsgesetz schreibt vor, dass das Parlament bei der Stichfrage den Gegenvorschlag empfehlen muss, wenn es beide Vorlagen zur Annahme empfiehlt.


SVP will Entscheid rückgängig machen
Die SVP will in der Märzsession den Kommissionsentscheid mittels Ordnungsantrag rückgängig machen. Der Entscheid gegen ihren indirekten Gegenvorschlag war am Donnerstag äusserst knapp gefallen, mit Stichentscheid der Präsidentin.  (awp/mc/pg/15)

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