Riet Cadonau, CEO Ascom Holding AG

Von Bob Buchheit


Moneycab: Herr Cadonau, mit knapp über einer halben Milliarde Franken Umsatz ist die einst so grosse Ascom, die noch 2002 über 2 Milliarden umsetzte, ein Nischenspezialist geworden. Wohin geht die Reise in den nächsten 5 Jahren?


Riet Cadonau: Ascom ist im Vergleich zu 2002 zwar kleiner geworden, dafür sind wir heute ein solides Unternehmen und nicht mehr auf der Patientenliste der Schweizer Wirtschaft. Wir verfolgen eine klare Strategie in Nischenmärkten unter dem Dach von Mission-Critical Communication. Alle drei Divisionen sind profitabel – auch im Rezessionsjahr 2009. Ascom verfügt heute über eine solide Bilanzstruktur und ansehnliche liquide Mittel. Mittelfristig haben wir uns eine zweistellige EBIT-Marge zum Ziel gesetzt.



«Tatsache ist aber, dass Ascom trotz Rezession im Jahr 2008 die beste und im Jahr 2009 die zweitbeste EBIT-Marge ihrer Geschichte erreicht hat.» Riet Cadonau, CEO Ascom Holding AG


In der Vergangenheit mussten Ascomaktionäre gute Nerven haben. Von 2000 bis 2003 fiel der Kurs von über 100 Franken fast auf 1 Franken. Wann sehen Anleger wenigstens wieder Dividende, immerhin konnten Sie im letzten Jahr den Gewinn von 8,2 auf 24,4 Millionen Franken steigern?


Ascom ist heute ein anderes Unternehmen als vor zehn Jahren, weshalb ich die Vergangenheit nicht kommentieren möchte. Tatsache ist aber, dass Ascom trotz Rezession im Jahr 2008 die beste und im Jahr 2009 die zweitbeste EBIT-Marge ihrer Geschichte erreicht hat. Die Dividendenpolitik ist Sache des Verwaltungsrates. Sobald die Geschäftsergebnisse 2010 vorliegen, wird das Gremium über eine allfällige Dividende befinden. 


Der Zahlenkranz für 2009 war mit EBIT-Margen von 2,5 bis 20%, im Schnitt vor Restrukturierung von 9,1%, sehr ermutigend. Weshalb reicht es bei der Dauerbaustelle Security Communication nur zu 2,5%, trotz des Fitnessprogramms «Vitesse»?


Security Communication ist ein anerkannter Anbieter von zuverlässigen und sicheren Kommunikationslösungen mit einem starken Heimmarkt Schweiz. Die eingeschlagene Internationalisierungsstrategie wird konsequent vorangetrieben, was aber auch entsprechende Marktaufbaukosten beinhaltet. Diese Investitionen sollen in den nächsten Jahren Früchte tragen. Hinzugefügt sei, dass Security Communication für uns aufgrund von Kundenvorauszahlungen betreffend Finanzierung sehr interessant ist.



«Security Communication bringt in wenigen Monaten einen neuen IP-Switch auf den Markt, welcher den Einsatz der IP-Technologie auch im Defense-Umfeld ermöglichen wird»


Ihnen stehen jetzt 127,7 Millionen Franken an flüssigen Mitteln zur Verfügung. Was passiert damit?


Wir sind bestrebt, weiterhin in die Innovationskraft des Unternehmens und die Mitarbeiterentwicklung zu investieren sowie auch gezielte, wertvermehrende Akquisitionen zu tätigen. Dabei liegt der Fokus gegenwärtig auf Wireless Solutions, wobei eine allfällige künftige Akquisition kleiner als diejenige von TEMS sein wird. Wichtig ist auch zu wissen, dass ein Teil der flüssigen Mittel Kundenvorauszahlungen sind, die für Akquisitionen nicht alloziert werden.


Im letzten Geschäftsjahr stiegen die Ausgabe für Forschung und Entwicklung von 6,5 auf rekordhohe 8,7% des Umsatzes. Welches werden Ascoms vielversprechende Produktneuheiten sein?


Wir haben bewusst auch in der Rezession in Entwicklung investiert, um mit einem umfassenden Produkt-Portfolio als Gewinner aus der Wirtschaftskrise zu kommen. Alle drei Divisionen können regelmässig mit Innovationen aufwarten. Beispielsweise stehen die Anbieter von Mobilfunknetzen aufgrund des steigenden Bedarfs nach mobilen Internetdiensten vor der Frage, mittelfristig den neuen Mobilfunkstandard LTE einzuführen, um der Nachfrage nach Bandbreite gerecht zu werden. Ascom Network Testing ist bereit und verfügt über ein technologisch führendes LTE-Offering, um die Netzbetreiber bei diesem wichtigen Schritt zu unterstützen.


Wireless Solutions als anderes Beispiel hat kürzlich das widerstandsfähigste mobile Handset der Welt lanciert. Ebenso wurden die Funktionalitäten unserer IP DECT-Systeme weiter ausgebaut. Neben Voice- und Data-Übertragung werden auch Messaging-, Alarmierungs- und Lokalisierungsfunktionen angeboten, was beispielsweise für Spitäler oder Sicherheitseinrichtungen sehr wichtig ist. Security Communication bringt in wenigen Monaten einen neuen IP-Switch auf den Markt, welcher den Einsatz der IP-Technologie auch im Defense-Umfeld ermöglichen wird.


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Dank der Akquisition von TEMS verfügt Ascom nun wieder über drei Divisionen. Bleibt es auf absehbare Zeit dabei?


Mit der erfolgreichen Akquisition des Geschäftsbereichs TEMS von Ericsson konnte Ascom 2009 einen wichtigen strategischen Schritt nach vorne machen. TEMS wurde mit der bestehenden Einheit Mobile Test Solutions zur neuen Division Network Testing zusammengeführt. Somit verfügen wir seit anfangs 2010 wiederum über drei Divisionen, nachdem Ascom in den vergangenen fünf Jahren lediglich aus zwei Divisionen  bestand. 



«Allein schon aufgrund der demographischen Entwicklung dürfte das Segment «Krankenhaus/Altersheim» weiterhin ein interessanter Markt bleiben»


2008 erreichte die EBIT-Marge ansprechende 8,6%. Könnten für einen so spezialisierten Anbieter wie Ascom es mittlerweile ist, nicht auch zweistellige Gewinnmargen drin liegen?


Für das Jahr 2010 haben wir uns eine EBITDA-Marge von 10 – 11,5% zum Ziel gesetzt.


Durch die hohen Umsätze die Ascom im Gesundheitswesen wie beispielsweise mit Spitälern macht, ist Ascom im Vergleich zu manch anderen Technologiefirmen viel weniger konjunkturanfällig. Könnte die aus der Verschuldungskrise überschwappende Sparmentalität der öffentlichen Haushalte in Europa bedrohlich werden?


Die allgemeine Wirtschaftsentwicklung bleibt schwer voraussehbar. Das Marktsegment Spitäler und Altersheime erwies sich in Europa bis anhin als stabil, während in den USA nach einer starken Zurückhaltung im Jahr 2009 nun wiederum eine  Erholung eingetreten ist. Allein schon aufgrund der demographischen Entwicklung dürfte das Segment «Krankenhaus/Altersheim» weiterhin ein interessanter Markt bleiben.


Schweizer Banken zählen zu Ascoms grössten Aktionären und über ein Viertel des Umsatzes macht Ascom in der Schweiz. Wünschen Sie sich nicht auch auf der Suche nach neuem Umsatz einen starken ausländischen Partner?


Wichtig ist für uns, dass wir Investoren haben, die uns in der Umsetzung der in den letzten drei Jahren verfolgten Strategie mittelfristig unterstützen, unabhängig von ihrer Nationalität. Aus Sicht der Konzernleitung möchten wir den erfolgreich eingeschlagenen Weg konsequent weiterführen.


Um die Jahrtausendwende wurde Ascom fast in einem Atemzug mit den grossen  Netzwerkausrüstern wie Cisco Systems, Nortel Networks oder Lucent genannt. Mittlerweile ist Cisco weiter oben, Nortel pleite und Lucent wegfusioniert. Was lehrt uns die Geschichte?


Ich möchte nach vorne schauen und nicht Dinge kommentieren, die sich nicht mehr ändern lassen. Ascom hat eine spannende Zukunft vor sich und ich bin überzeugt, dass wir in allen drei Divisionen gut positioniert sind, um profitabel wachsen zu können.nbsp;





Der Gesprächspartner:
Riet Cadonau ist seit dem 20.8.2007 CEO der Ascom Holding AG. Zuvor war er Managing Director Transport Revenue, einer global tätigen Sparte des amerikanischen Konzerns ACS, Inc. mit Hauptsitz in Dallas. Seit 2006 übte Riet Cadonau, zusätzlich zu seiner Aufgabe als Managing Director ACS Transport Revenue, die Funktion des Managing Director ACS Europe aus. Von 2001-2005 war er Mitglied der Konzernleitung der Ascom Gruppe, ab 2002 als Stellvertreter des CEO und Leiter Division Transport Revenue, welche Ende 2005 an die ACS, Inc., verkauft wurde. Zuvor, von 1990 bis 2001, war Riet Cadonau in verschiedenen Führungsfunktionen für die IBM Schweiz tätig, zuletzt als Mitglied der Geschäftsleitung und Chef des Dienstleistungsgeschäftes.


Zudem ist er Mitglied des Verwaltungsrates der Kaba Gruppe in Rümlang und der Griesser Gruppe in Aadorf sowie Mitglied des Vorstandes der Schweizerischen Management Gesellschaft. Riet Cadonau (*1961) schloss sein Studium der Betriebswirtschaft an der Universität Zürich mit dem Lizentiat ab. Im Jahre 2007 ergänzte er seine Ausbildung am INSEAD (AMP) in Fontainebleau/Paris. Er ist Generalstabsoffizier der Schweizerischen Luftwaffe.


Das Unternehmen:
ist ein internationaler Lösungsanbieter mit umfassendem Technologie-Know-how in Mission-Critical Communication. Das Unternehmen fokussiert sich auf die Bereiche Wireless Solutions (hochstehende, kundenspezifische On-Site-Kommunikationslösungen), Network Testing (ein weltweiter Marktführer für Test- und Optimierungslösungen von Mobilfunknetzen) sowie Security Communication (zuverlässige und sichere Kommunikationslösungen für Alarmierung/Mobilisierung sowie taktische Kommunikation). Das Unternehmen mit Sitz in der Schweiz ist mit Niederlassungen in 20 Ländern vertreten und beschäftigt weltweit rund 2’300 Mitarbeitende. Die Ascom Namenaktien (Symbol ASCN) sind an der SIX Swiss Exchange in Zürich (Schweiz) kotiert.

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