Schweizer Maschinenbau: Rauchende Köpfe statt rauchender Kamine

Claude Maurer, Credit Suisse Economic Research

Die harten Restrukturierungsmassnahmen haben das Gesicht der Branche nachhaltig verändert: Anstelle grosser Produktionsstätten sind Entwicklungs- und Servicedienstleister getreten. In diesem Jahr sollten zudem neue Jobs geschaffen werden.

Industrieller «Shift» von West nach Ost
Das Wort «Maschinenbau» assoziieren die meisten nur noch mit China. Der industrielle «Shift» von West nach Ost ist denn auch die dominante Seite der Realität. Unternehmen aller Grössen ziehen in den europäischen und asiatischen Osten, um direkt in den Wachstumsmärkten präsent zu sein und vom tiefen Kostenniveau in diesen Ländern zu profitieren. Gleichzeitig steigt jedoch auch die Nachfrage nach teuren, massgeschneiderten Einzelanfertigungen sowie Komplettlösungen, was wiederum eine Chance für den Standort Schweiz bedeutet.


Die Branche hat sich gesund getrimmt
Die teilweise harten Restrukturierungsmassnahmen der Schweizer Maschinenbauer zeigen denn auch Erfolge. So konnten diese in den vergangen zwei Jahren erfolgreich vom weltweit wiedererwachten Investitionsklima profitieren. Sowohl die Produktion als auch der Umsatz liegen heute um rund 5 Prozent höher als noch 2003. Dank den wieder besseren Aussichten wird auch innerhalb der Branche zunehmend investiert. Laut der neusten Investitionsumfrage der KOF plant eine Mehrheit der Unternehmen für 2006 eine Erhöhung der Investitionen. Der Überhang an investitionsfreudigen Firmen am Total aller Firmen beträgt beinahe ein Drittel und erreicht damit den höchsten Stand seit 2001.


Wachstumsmotor Ausland
Vier von fünf Franken erwirtschaftet die Schweizer Maschinenindustrie im Ausland. Und die internationale Ausrichtung nimmt weiter zu. Das Exportvolumen stieg seit 2003 um beinahe 10 Prozent an, während sich die Binnennachfrage in derselben Zeit weiter rückläufig entwickelte. Jährlich werden Maschinen im Wert von durchschnittlich 24 Mrd. CHF in die ganze Welt exportiert. Dies entspricht einem Anteil der Maschineindustrie von fast 20 Prozent an den gesamten Schweizer Warenausfuhren.


Die 15 wichtigsten Exportmärkte der Schweizer (Quelle: Credit Suisse Economic Research)


Der ferne Osten gewinnt an Bedeutung
Beinahe zwei Drittel der Exporte der Schweizer Maschinenindustrie bleiben auf dem europäischen Kontinent. Das mit Abstand wichtigste Abnehmerland ist Deutschland. So exportierten die Schweizer Maschinenbauer im Jahr 2005 Produkte im Wert von beinahe 6 Mrd. CHF ins nördliche Nachbarland. Gleichzeitig gewinnen die dynamischen Regionen im fernen Osten für den Schweizer Aussenhandel zunehmend an Bedeutung. Die Wachstumsaussichten in diesen Märkten sind enorm. Aber auch Mittel- und Osteuropa ? insbesondere die neuen EU-Mitgliedländern ? verfügen über einen grossen Investitionsbedarf.


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Vom Produzenten zum Dienstleister
Die Maschinenindustrie erbringt in der Schweiz immer mehr Dienstleistungen. Die Nachfragetrends gehen vermehrt in die Richtung, Komplettlösungen, wie z.B. Planung, Bau, Betrieb und Optimierung einer gesamten Anlage im Auftrag des Kunden. Zudem wird der Service immer wichtiger, aber auch komplexer. Insbesondere der rasant zunehmende Einsatz von Softwaresteuerungen und Elektronik erhöht den Komplexitätsgrad massiv.


Die Forschung und Entwicklung bleibt zuhause
Dank der industriellen Tradition sowie der international immer noch angesehenen Qualitätsgarantie und Termintreue kann der Standort Schweiz überdurchschnittlich von dieser Entwicklung profitieren. So haben denn auch diverse Schweizer Grossunternehmen, wie Rieter, Sulzer oder Schindler zwar die Produktion mehr oder weniger in Länder mit tieferem Kostenniveau ausgelagert, die Forschung und Entwicklung, der Service sowie das Management verblieben jedoch in der Schweiz.


Für Schweizer Firmen eröffnen sich Nischen
Zudem sind viele Schweizer Maschinenbauer ? insbesondere KMUs ? in der Schweiz darauf fokussiert, ihren Kunden individuelle und massgeschneiderte Lösungen für deren komplexen Fertigungsprobleme anbieten zu können. Darüber hinaus sind diverse Nischenanbieter in der Lage rasch auf geänderte Marktbedürfnisse zu reagieren.


Weniger leisten mehr
Der Maschinenbau ist und bleibt ein wichtiger Wirtschaftszweig der Eidgenossen. Rund 3 Prozent des Bruttoinlandprodukts werden in dieser Branche erwirtschaftet, und von hundert Beschäftigten haben drei ihren Arbeitsplatz im Maschinenbau. Die Zeiten, in denen Heerscharen von Arbeitern in der Maschinenindustrie beschäftigt waren, sind allerdings vorbei. So gingen seit 1990 rund 50’000 Arbeitsplätze verloren. Und die Produktivität der Schweizer Maschinenindustrie nimmt weiter zu. Für die Herstellung eines Produktes wird immer weniger Arbeitsinput benötigt. Insbesondere ist ein kontinuierliches «Crowding-out» von weniger qualifizierten Arbeitsplätzen zu beobachten. Gerade diese werden an billigere Produktionsorte im Ausland verlegt.


Neue Jobs in Sicht
Die Talsohle ist jedoch auch bei der Beschäftigung erreicht. 2006 werden neue Jobs geschaffen, die Kapazitätsgrenzen sind erreicht. Diese Entwicklung spiegelte sich bereits in den Beschäftigungszahlen des BfS für das erste Quartal 2006 wider, diese liegen um 3.1 Prozent über dem Vorjahreswert. Das laufende Jahr verspricht somit auch in der Schweiz erneut ein gutes Maschinenbaujahr zu werden.












Das Interview wurde uns freundlicherweise vom EMAGAZINE der Credit Suisse zu Verfügung gestellt

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