Schweizer Pensionskassen vor grossen Herausforderungen

Die Diskussionen um die Festlegung von BVG-Mindestzins und Umwandlungssatz müssen weitergeführt werden, soll die 2. Säule nicht zu Lasten der kommenden Generationen an Substanz verlieren. Dies zeigt die aktuelle Swisscanto Pensionskassenumfrage mit 272 Teilnehmern. Sie ermöglicht fundierte und differenzierte Aussagen zur aktuellen Lage der beruflichen Vorsorge und vermittelt einen aktuellen Einblick in Struktur und Verhalten der teilnehmenden Vorsorgeeinrichtungen in einer anforderungsreichen Periode. Sie zeigt insbesondere die grossen Herausforderungen auf, denen sich die Pensionskassen zur Überwindung der weit verbreiteten Unterdeckung gegenübergestellt sehen.


Aktienanteil hat auf einen Fünftel der Vorsorgevermögen deutlich abgenommen
Die Vermögensaufteilung zeigt – vorwiegend marktbedingt – gegenüber dem Vorjahr markante Verschiebungen. Auffallend ist der Rückgang des vermögensgewichteten Aktienanteils bei den privat-rechtlichen Einrichtungen von durchschnittlich 26 auf 21% und bei den öffentlich-rechtlichen von 29 auf 23%. Die Zielgrösse liegt im Durchschnitt bei leicht über 28%. Es sind dies die tiefsten Aktienanteile seit Durchführung der Umfrage.


Stark negative Performance
74% der Vorsorgeeinrichtungen weisen eine Performance von weniger als -10% aus. Gesamthaft beträgt der Durchschnitt -12,9% und entspricht damit in etwa der Performance, welche mit der effektiven Asset Allocation per Ende 2007 ohne Rebalancing während 2008 erreicht worden wäre. Zu bedenken ist, dass die Vorsorgeeinrichtungen zur Erbringung der gesetzlich definierten Altersleistungen beim geltenden Umwandlungssatz eine Rendite von 4,8% erzielen müssen. Die Differenz zur tatsächlich erzielten Rendite geht fast vollständig zu Lasten der Aktiven unter den Versicherten.


Kaum positive Kapitalerträge über die letzten 8 Jahre
Der Blick auf die Mehrjahresperformance zeigt die finanzielle Belastung der Vorsorgeein­richtungen durch die Ertragseinbussen im Berichtsjahr drastisch auf. Ins Auge sticht primär die enorme Minusperformance des letzten Jahres, aber mindestens ebenso beunruhigend sind die Zahlen über die mittleren Zeiträume von 5 und 8 Jahren: Über 5 Jahre beträgt die durchschnittliche Performance knapp 2%, über 8 Jahre liegt sie wenig über 0%. I m Zeitraum der letzten 8 Jahre fällt neben dem Crash von 2008 auch jener von 2001-2002 auf. Die Kassen erzielten somit kaum positive Kapitalerträge, mussten aber während der gesamten Zeitspanne einen Mindestzins zwischen 2,25 und 3,0% ausrichten. Dieser wurde somit aus der Substanz finanziert.


Beunruhigende Verschlechterung der Deckungsgradsituation
Der durchschnittliche Deckungsgrad ist im Laufe des Jahres 2008 bei den privat-rechtlichen Kassen vermögensgewichtet von rund 110% auf 96% gesunken (ungewichtet von 115 auf 99%). Der Rückgang entspricht in etwa der Minusperformance plus der gesetzlichen Verzinsung. Diese Zahl ist dem Zieldeckungsgrad von 115% gegenüber zu stellen. Von den teilnehmenden privat-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen weisen rund 60% eine Unterdeckung aus; von den öffentlichen-rechtlichen sind 93% unterdeckt. Die meisten öffentlich-rechtlichen Kassen verfügen über eine teilweise oder vollständige Staatsgarantie, was wiederum hohe zukünftige Verpflichtungen des Staates mit sich bringt, die nicht bilanziert sind. Über alle Umfrageteilnehmer gesehen befinden sich zwei von drei Vorsorge­einrichtungen in Unterdeckung.


Pensionskassen haben angemessen reagiert
Aus den Kommentaren zu den Fragen zu Sanierungsmassnahmen geht hervor, dass die Schwellenwerte im Lichte der neusten Erfahrungen vielfach einer Überprüfung unterzogen werden. Es wird auch betont, dass die zuständigen Organe nicht untätig abwarten, bis eine bestimmte Unterdeckung eingetreten ist, sondern dass diese die finanzielle Verfassung der Kasse laufend überprüfen und oftmals bereits vor Erreichen der Limite Massnahmen prüfen oder einleiten. Nicht weniger als 56% der 272 antwortenden Kassen sagen aus, bereits Massnahmen ergriffen zu haben. Darunter sind auch etliche Kassen, die eine Überdeckung aufweisen. Als häufigste Massnahme erweist sich der vom Arbeitgeber geleistete Sanierungsbeitrag, der in der Regel parallel geht mit einem Sanierungsbeitrag der Arbeitnehmer. Bei den Kassen mit einem umhüllenden Vorsorgeplan steht die Durchführung einer Nullzinsrunde klar im Vordergrund.


Zu hoher Umwandlungssatz bevorzugt die Neurentner der nächsten Jahre
Die vom Parlament in der Wintersession 2008 beschlossene Senkung des Mindest-Umwandlungssatzes für die obligatorische berufliche Vorsorge wird mit einem kürzlich eingereichten Referendum in Frage gesellt. Angesichts der Kapitalmarktverhältnisse, der tatsächlich erzielbaren Renditen und der demografischen Entwicklung ist die Anpassung nach unten im Interesse der heutigen Rentner und der kommenden Generationen unumgänglich. Dies macht die Umfrage deutlich. Eine Mehrheit der Vorsorgeeinrichtungen hat durch Anrechnungen im überobligatorischen Bereich den Gesamtsatz bereits klar unter den obligatorischen Satz von 7,05% (für Männer) gesenkt. (swisscanto/mc/ps)


Strukturdaten der 9. Swisscanto Pensionskassenumfrage
An der mittlerweile 9. Swisscanto Pensionskassenumfrage haben im Frühjahr 2009 272 Vorsorgeeinrichtungen teilgenommen. Sie gliedern sich in 246 Pensionskassen, davon 45 öffentlich-rechtliche, sowie 15 offene Gemeinschaftsstiftungen und 11 Sammelstiftungen. Das Gesamtvermögen der Teilnehmer beträgt CHF 342 Mia. Damit werden schätzungsweise 60% des Vorsorgevermögens und der Destinatäre der schweizerischen beruflichen Vorsorge erfasst. Die Umfrage von Swisscanto liefert Fachleuten, Politikern und einer weiteren interessierten Öffentlichkeit detaillierte Daten über die Struktur der Pensionskassen. Erfasst wurden unter anderem die Zusammensetzung der Aktiven und Pensionierten, die Beiträge und Leistungen, die Vermögensanlage und die erzielte Performance.

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