Siemens schockiert mit Gewinnwarnung

Im laufenden zweiten Quartal 2007/08 (30. September) sei wegen Schwierigkeiten bei Grossprojekten mit einer Ergebnisbelastung von rund 900 Millionen Euro zu rechnen, teilte das Unternehmen in der Nacht zum Montag in München mit. «Wir haben unsere Sparten neu ausgerichtet und dabei auch den Stand von Grossaufträgen unter die Lupe genommen», sagte Siemens-Chef Peter Löscher bei einer Telefon-Konferenz. «Diese Belastungen waren für uns zuvor nicht sichtbar. Nun liegen die Dinge schonungslos offen.» Die Siemens-Aktien brachen daraufhin um bis zu 19 Prozent ein – dies entspricht einem Verlust von rund 14 Milliarden Euro an Marktwert.


Verzögerungen im Bahngeschäft
Mit rund 600 Millionen Euro entfalle der Löwenanteil der Belastungen auf den Kraftwerksbau, sagte Löscher. Weitere 200 Millionen Euro stammten aus dem Bahngeschäft. Hier verzögere sich die Auftragsentwicklung bei der Magnetschwebebahn Transrapid in China. Ausserdem gebe es weitere Belastungen aus der fehlkonstruierten Niederflur-Strassenbahn Combino. Die verbleibenden 100 Millionen fallen bei Siemens IT Solutions and Services an. So habe ein Kunde in Grossbritannien einen Grossauftrag storniert. «Siemens geht davon aus, dass dies der grösste Teil der zusätzlichen Belastungen in 2008 ist», hiess es in der Mitteilung. Die Ziele für 2010 bestätigte das Unternehmen. Für 2009 sei «eine klare Entwicklung» in Richtung dieser Ziele zu erwarten.


Ziele im Januar noch bestätigt
Auf der Hauptversammlung im Januar hatte Löscher die Ziele für das laufende Geschäftsjahr noch bekräftigt. Demnach sollte der Umsatz des Konzerns von zuletzt 72,5 Milliarden Euro im fortgeführten Geschäft doppelt so schnell zulegen wie die Weltwirtschaft und das operative Ergebnis nochmals doppelt so stark. Im vergangenen Geschäftsjahr 2006/07 kam Siemens auf ein operatives Ergebnis der Bereiche im fortgeführten Geschäft von 6,5 Milliarden Euro.


Kapazitätsgrenzen überschritten im Kraftwerksbau
Im Kraftwerkbau habe man nicht mit den Produkten Probleme, sagte Sektor-Chef Wolfgang Dehen. Vielmehr seien angesichts der regen Kraftwerks-Nachfrage die Kapazitätsgrenzen überschritten worden, daher leide Siemens unter Lieferschwierigkeiten bei Einzelteilen und unter einem Mangel an erfahrenen Projektingenieuren. Auch die Einarbeitung neuer Leute brauche Zeit. «Mit unseren Produkten haben wir keine Schwierigkeiten», sagte Dehen. «Wir haben die Hauptursachen identifiziert und Vorkehrungen getroffen.»


Im Neugeschäft im Plan
In seinem Neugeschäft sieht sich Siemens derweil im Plan. Die operative Ausrichtung des Neugeschäfts stimme, sagte Löscher. Auch im konjunktursensiblen Geschäft sehe er in der Breite keine Bremsspuren. Daher blieben die Ziele für 2010 unverändert bestehen. Über die Gewinnerwartungen für 2008 und 2009 will sich Löscher erst zu einem späteren Zeitpunkt äussern. «Der Fahrplan nach vorne ist intakt», sagte der Siemens-Chef. (awp/mc/ps)

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