SNB: Aktuelle Geldpolitik noch zu expansiv – graduelle Schritte

Dies sagte SNB-Direktoriumsmitglied Philipp Hildebrand am Donnerstag vor der Mitgliederversammlung des Vereins IFZ in Zug.


BIP-Zuwachs könnte höher ausfallen
Anlässlich ihrer letzten Lagebeurteilung im März kommunizierte die SNB für dieses Jahr ein erwartetes Schweizer BIP-Wachstum von gut 2,0% sowie eine erwartete durchschnittliche Jahresinflationsrate von 1,0%. Seither hätten aber viele Konjunkturindikatoren darauf hingedeutet, dass der reale BIP-Zuwachs in diesem Jahr sogar höher ausfallen könnte. Aber auch die durchschnittliche Inflationsrate könnte leicht über die prognostizierten 1,0% zu liegen kommen, so Hildebrand.


Erste Kapazitätsengpässe absehbar
In der Schweiz dürfte sich Hildebrand zufolge die Outputlücke mittlerweile weitgehend geschlossen haben, erste Kapazitätsengpässe seien absehbar. Der Inflationsdruck vom Arbeitsmarkt her dürfte aber moderat bleiben. Denn über einen gewissen Zeitraum sei es möglich, dass der sich nach aussen öffnende Arbeitsmarkt auch bei erreichten Kapazitätsgrenzen und fallender Arbeitslosenquote weiterhin für gedämpften Lohndruck sorge.


Risiken für die Schweizer Wirtschaft
Hildebrand ortet aber auch eine Reihe von Risiken für die Schweizer Wirtschaft. Das SNB-Direktoriumsmitglied nennt in seiner Rede zum Beispiel steigende Kapitalmarktzinsen und Rohstoffpreise sowie einen deutlich schwächeren US-Dollar. Ferner sei es möglich, dass die jüngst gestiegene Volatilität an den Aktien- und Devisenmärkten und der damit verbundene weltweite Anstieg der Risikoprämien nicht unbemerkt an der Realwirtschaft vorbeiziehen werden. Ferner sei nicht auszuschliessen, dass sich die US-Konjunktur verlangsamen könnte.


Normalisierung des geldpolitischen Restriktionsgrades
Gerade auf Grund der genannten Risiken, sowie der Tatsache, dass die aktuelle Inflationsrate auf tiefem Niveau liege, erscheine der SNB die erwähnte «graduelle» Normalisierung des geldpolitischen Restriktionsgrades sinnvoll. Die SNB beobachte selbstverständlich die Konjunktur- und Finanzmarktindikatoren sehr genau und werde nicht zögern, bei Veränderungen des Umfelds ihre Gangart zu überprüfen und – falls notwendig – zu verändern, zitiert Hildebrand die übliche SNB-Rhetorik.


Lanze für Reformen des Binnenmarktes gebrochen
Zuletzt bricht Hildebrand in seinem Referat eine Lanze für Reformen des Binnenmarktes. Die herrschende Hochkonjunktur berge die Gefahr, dass die «hehren» Reformpläne für den Binnenmarkt, welche in der letzten wirtschaftlichen Schwächephase geschmiedet wurden, wieder in verschiedenen politischen Schubladen verschwinden. Der aktuelle Aufschwung werde bisher vor allem durch schnell wachsende Exporte in eine boomende Weltwirtschaft getragen, mahnt das SNB-Direktoriumsmitglied.


Am globalen Wettbewerb teilnehmen
«Wir müssen uns öffnen und offensiv am globalen Wettbewerb teilnehmen», so Hildebrand wörtlich. Die Schweiz brauche ein nachhaltig höheres Wirtschaftswachstum nicht zuletzt deshalb, um ihren hohen Lebensstandard zu sichern und den demographischen Herausforderungen Herr zu werden.


Tendenziell zu hohes Preisniveau
Reformen im Binnenmarkt könnten aber auch Auswirkungen auf die Geldpolitik haben, so Hildebrand. Das Preisniveau unserer geschützten Binnenwirtschaft sei im Vergleich zu den Nachbarländern tendenziell zu hoch. Mit der Öffnung der geschützten Sektoren werde möglicherweise ein Anpassungsbedarf beim realen Wechselkurs nach unten entstehen. Dies könne durch eine Verminderung des inländischen Preisniveaus, aber auch durch eine nominelle Abwertung des Frankens erfolgen. (awp/mc/ab)

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