Stephan Baer, CEO und VR-Präsident Baer AG: «Es ist unser Ziel, die Nummer Eins im Schweizer Markt zu werden»

Von André Schäppi


Moneycab: Herr Baer, wann haben Sie zum letzten Mal Käse gegessen?


Stephan Baer:(lacht) Gestern Abend. Ich esse fast jeden Tag Käse.


Ihren eigenen?


Auch den eigenen, aber nicht ausschliesslich. Dabei liebe ich die kräftigen ganz besonders und lasse deswegen den Camembert gut ausreifen.


Sie haben sich letztes Jahr stark für die Gentechfrei-Initiative engagiert und massgeblich dazu beigetragen, dass das Moratorium angenommen wurde. Jetzt werden Sie wohl wieder zusätzliche Freizeit haben. Zeit, um sich zufrieden zurückzulehnen?


(Lacht) Sich zurücklehnen wäre nicht das Richtige. Auch wenn ich jetzt wieder ein wenig mehr Zeit habe, wollen wir die fünf Jahre des Moratoriums nutzen, um uns auf die Zeit nachher vorzubereiten. Es ist mir ein grosses Anliegen, dass wir darüber hinaus in der Schweiz gentechfrei produzieren können. Es wird noch einige Diskussionen geben und da will ich mich weiterhin engagieren. Auch die Öffnung des Käsemarktes zur EU ist für uns eine Herausforderung, die wir «packen» wollen. Dann haben wir ganz interessante Projekte für neue und innovative Produkte. Es wird mir also absolut nicht langweilig.



«Baer soll auch in Zukunft ein Familienunternehmen bleiben»
Stephan Baer, CEO Baer AG


In welchem Bereich liegen die Projekte?


Wir wollen mit neuen Verfahren innovative Produkte herstellen, die nicht im Bereich des klassischen Weichkäses liegen. Das wird zu neuen Kreationen mit einer grösseren Breite führen. Wir rechnen damit, dass diese Produkte ab 2008 auf den Markt kommen und uns neue Wachstumsimpulse geben werden.


In einem Jahr wird der Käsemarkt liberalisiert. Wollen Sie im Export vom Erfolg der Gentechfrei-Initiative profitieren?


Das ist ein Merkmal, reicht aber nicht für eine Gesamtpositionierung. Weitere wichtige Aspekte sind die Qualität und der Genuss eines Lebensmittels. Und die müssen einfach stimmen. Aber wir wollen schon davon profitieren und das Label «gentechfrei» nutzen.


2003 hat Baer rote Zahlen geschrieben, hat sich aber 2004 wieder gefangen und einen Gewinn von 0,9 Mio. CHF geschrieben. Wie wird sich das abgeschlossene 2005 präsentieren?


Wir haben auf betrieblicher Ebene ein gesundes Jahr im Bereich des Vorjahres. Zudem verzeichnen wir positive Effekte wie den Verkauf des Halbhartkäsegeschäftes. Dadurch werden wir gesamt ein ganzes Stück besser sein, als im Vorjahr.


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Baer ist die grösste Weichkäseproduzentin in der Schweiz und hält im Heimmarkt einen Marktanteil von gut 20%. Da liegt wohl nicht mehr viel mehr drin?


Doch, wir sehen da schon noch Möglichkeiten. In den letzten Jahren haben wir stetig zugelegt. Der grösste Anbieter im Heimmarkt – der übrigens kein Schweizer ist – erreicht mit bekannten Marken wie Caprice des Dieux und anderen gesamt etwa 26% Marktanteil.


Und welche Position streben Sie denn an?


Es ist unser Ziel, die Nummer Eins zu werden. Und das ist durchwegs erreichbar.


Die Anteil an Käse-Convenience-Produkten am gesamten Umsatz betrug 2004 rund ein Drittel und war stark von Wachstum im Export geprägt. Ist dieser Erfolg anhaltend auch im 2005?


Im letzten Jahr haben wir im Export 30% zugelegt, während wir in der Schweiz einen Rückgang verzeichnet haben. Der Export hat einen ganz starken Zug, auch wenn der Anteil gesamthaft erst 12% beträgt. Aber immerhin sind wir im Export erst seit kurzem aktiv. Hier eröffnet sich uns ein grosses Feld Mit guten Wachstumschancen. Ich rechne aber auch im Inland dieses Jahr wieder mit Wachstum dank neuen Produkten.


Welches sind die für Sie interessanten Märkte?


Für uns steht ganz klar der Markt Deutschland im Fokus. Andere Märkte, wie etwa Skandinavien oder England, bei denen der Weichkäsekonsum am Wachsen ist, verfolgen wir auf «kleiner Flamme», denn wir wollen unsere Aktivitäten nicht verzetteln.


Seit Jahren orientiert sich die Unternehmensphilosophie an den Erfordernissen nachhaltiger Entwicklung mit dem Ziel, die wirtschaftliche, soziale und ökologische Verantwortung gleichgewichtig wahrzunehmen. In Zeiten härter werdenden Wettbewerbs wohl nicht immer eine einfache Aufgabe, alles unter einen Hut zu bringen?


Die drei Ziele unter einen Hut zu bringen, fällt natürlich in wirtschaftlich guten Zeiten leichter. Aber es geht darum, eine Ausgewogenheit zu erzielen. Deshalb darf man in härteren Zeiten nicht einfach einen Aspekt ausblenden. So haben wir beispielsweise die Mitarbeiterförderung auch im «Absturzjahr» 2003 beibehalten. Gerade weil wir eine langfristige Perspektive haben. Die Einsparungen wären zwar da, wenn man auf das eine oder andere verzichten würde. Und es hätte sicher kurzfristig keinen Einfluss auf unsere Kompetenz. Wir sind jedoch der Meinung, dass man sich auf längere Sicht keinen Dienst erweist.


2004 war fast jede dritte Person im Kader eine Frau. Betrachtet man die Entwicklung über die Zeit, so liegt der Zuwachs pro Jahr etwa 4%. In etwa 6 Jahren könnte die Hälfte des Kaders aus Frauen bestehen. Ihr Ziel?


Nein, wir haben kein Quotenziel in dieser Hinsicht. Aber wenn sich im Rahmen einer Neubesetzung eine Möglichkeit ergibt, prüfen wir sie gerne.


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Im Kader wird die Möglichkeit zur Teilzeit-Arbeit vor allem von Frauen wahrgenommen. Kein Thema für Stephan Baer?


Als ich bei Baer begonnen habe, habe ich tatsächlich 80% gearbeitet. Damals hatte ich auch noch kleine Kinder. Aber das Arbeitsumfeld machte es notwendig, dass ich Vollzeit arbeitete. Wir haben ein Geschäftsleitungsmitglied, das mehrere Jahre im Teilzeitpensum 80% gearbeitet hat, jetzt allerdings eine zusätzliche Funktion übernimmt und dadurch auf 100% kommt. Wir haben festgestellt, dass Teilzeitarbeit mehr eine Frage der Organisation ist und auch bei Führungsfunktionen durchaus erfolgreich funktionieren kann.


35% der Baer-Aktien sind in der Hand der Emmi AG. Ist es denkbar, dass man diesen Anteil erhöhen könnte?


Nein, das ist nicht vorgesehen. Baer soll auch in Zukunft ein Familienunternehmen bleiben. Der Ursprung dieser Synergiepartnerschaft war unsere Idee, damit den Verkauf im Ausland ausweiten zu können. Weil wir dachten, dass wir auf diese Weise schneller vorwärts kommen, haben wir uns seinerzeit zu diesem Schritt entschlossen. Emmi hatte schon bestehende Kanäle. Allerdings haben sich unsere Erwartungen diesbezüglich nicht erfüllt, weil Emmi im Selbstbedienungsbereich – und Weichkäse wird in diesem Bereich verkauft – nicht stark war. Jetzt, mit dem verstärkten Engagement von Emmi im Ausland, könnten sich wieder neue Möglichkeiten ergeben. Aber trotzdem haben wir in verschiedener Hinsicht von dieser Beteiligung profitiert.


Und in welcher Form?


Wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit im Bereich der Milchdisposition und der Logistik. Dann konnten wir uns im Einkauf der Versicherungen und Energie mit Emmi zusammentun, wodurch wir gesamthaft profitiert haben.


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Sie 53 Jahre alt und führen das Unternehmen in der dritten Generation. Da denkt man vermutlich noch nicht ans Aufhören, macht sich aber gewiss Gedanken über die Zukunft. Soll die Familie Baer auch inskünftig die Geschicke der Firma lenken?


Ich habe zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter, die jetzt noch in der Ausbildung stehen. Es wäre schön, wenn sie sich später in unserem Unternehmen engagieren könnten. Beide wären fähig und bringen die Voraussetzung mit, Baer in der vierten Generation zu führen. Ob sie das wollen und in ein paar Jahren attraktiv finden, ist eine andere Frage. Im Moment freue ich mich, dass sie sich für das Geschäft interessieren. Aber wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt andere Wege gehen, könnte ich das auch akzeptieren.






Zur Person
Stephan Baer wurde 1952 in Küssnacht am Rigi geboren.

Aus- und Weiterbildung

1979 Abschluss als lic.oec.publ., Universität Zürich
1979 – 1982 Berufsbegleitende Ausbildung an der Akademie für Erwachsenenbildung in Luzern

Berufliche Tätigkeit

1983 Übernahme der Geschäftsleitung der BAER Weichkäserei AG
1980 – 1982 Unternehmensberater bei OPM AG, Zürich

Weitere Tätigkeiten
1998 – 2001 Gründungs- und Vorstandsmitglied der Schweiz. Vereinigung für ökologisch bewusste Unternehmungsführung (ÖBU) 1989 bis 2001, als Präsident 1992 bis 1998.
1998 – 2001 Präsident der Käseorganisation Schweiz (KOS) Vorstandsmitglied der GfM Schweiz. Gesellschaft für Marketing Vorstandsmitglied «Fachstelle UND» Familien- und Erwerbsarbeit für Männer und Frauen

Auszeichnungen
1996 Preis der Stiftung für besondere Leistungen im Umweltschutz, Luzern
1990 Branco-Weiss-Preisträger als «Unternehmer des Jahres» mit besonderer Würdigung des ökologischen Engagements

Das Unternehmen
Baer, der grösste Schweizer Weichkäsehersteller, ist ein erfolgreiches und innovatives Unternehmen in der Lebensmittelherstellung. Stephan Baer führt das Familienunternehmen in dritter Generation. Dabei steht nicht nur der rein wirtschaftliche Aspekt im Vordergrund, sondern auch die soziale und ökologische Verantwortung.

Anzahl Mitarbeitende: 165 Personen (140 Vollstellen)
Umsatz 2005: CHF 44.3 Mio.
Marktgebiete: CH, Deutschland


 

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