Steueraffäre: Liechtenstein will kooperieren – Deutschland erwägt Massnahmen

Regierungschef Otmar Hasler verwies am Donnerstag in Brüssel auf unterschiedliche Steuersysteme in Liechtenstein und dem übrigen Europa. Er hielt fest, «dass wir unter Steuerhinterziehung und Steuerbetrug Unterschiedliches verstehen». Deswegen könne der Begriff Steuerhinterziehung erst in den Verhandlungen über das Betrugsabkommen definiert werden.


Beitritt zur Schengen-Zone
Hasler unterzeichnete in Brüssel das Protokoll über den Beitritt des Fürstentums zum Schengen-Raum. Liechtenstein wird voraussichtlich am 1. November gemeinsam mit der Schweiz der Schengen-Zone beitreten.


Klares Zeichen der Integration
Hasler erklärte, «mit dieser Unterzeichnung setzen wir ein klares Zeichen der Integration und des gegenseitigen Vertrauens». Er verwies darauf, dass die Umsetzungsquote der EU-Richtlinien in liechtensteinisches Recht bei 98,4% liege.


Auf europäische Steuerstandards verpflichten
Der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück will Liechtenstein auf europäische Steuerstandards verpflichten. «Wir üben auf europäischer Ebene Druck und Einfluss aus. Der Finanzministerrat wird sich in der nächsten Woche damit befassen», kündigte der SPD-Politiker in den Dortmunder «Ruhr Nachrichten» an. Sollte es auf europäischer Ebene keine Fortschritte geben, werde Deutschland einseitig Massnahmen ergreifen. Denkbar sei eine Anzeigepflicht oder eine Quellenbesteuerung für Überweisungen von Deutschland nach Liechtenstein, sagte Steinbrück.


Verfahren haben weit früher begonnen als bisher bekannt
Die «Süddeutsche Zeitung» berichete, die Steuer-Verfahren gegen Kunden der LGT Treuhand in Liechtenstein hätten weit früher begonnen als bisher bekannt. Bereits im Sommer 2007, ein halbes Jahr vor der Razzia bei Ex-Postchef Klaus Zumwinkel, hätten erste Kunden der Bank gemeldet, sie würden wegen ihrer geheimen Konten von den Steuerbehörden belangt.


Frankreich ebenfalls aktiv
Auch Frankreich ist inzwischen in der Sache aktiv geworden. Das Land verlangt Auskünfte von Liechtenstein. Der französische Haushaltsminister Eric Woerth kündigte am Donnerstag an, er werde kommende Woche mit einem Vertreter des Fürstentums sprechen. Liechtenstein sei eines der wenigen Länder, «in denen die Informationen noch undurchsichtig sind». Der Kleinstaat müsse «mehr Informationen» herausgeben, betonte Woerth. Er habe den Chef des französischen Zentralamtes für Steuern angewiesen, mit den Steuerbehörden der übrigen europäischen Länder zusammenzuarbeiten.


Lückenlose Aufklärung von Deutschland erwartet
Der Liechtensteiner Vize-Regierungschef Klaus Tschütscher erklärte in Vaduz, die Regierung erwarte von Deutschland eine lückenlose Aufklärung des Sachverhalts bei der Weitergabe von Bankkundendaten. Man werde alle Rechtsmittel ausschöpfen, um Kunden und Mitarbeiter vor Datendiebstahl zu schützen.


Auswirkungen in Singapur
Auswirkungen der Affäre spürt nun auch Singapur: Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier sagte nach einem Treffen mit seinem Amtskollegen George Yeo im Stadtstaat über Fragen des Steuerrechts und des Bankgeheimnisses müsse gesporchen werden. Yeo versicherte hingegen, was in Liechtenstein passiert sei, könne es in seinem Land nicht geben. (awp/mc/gh)

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