Sulzer Medica: Wie CEO Stephan Rietiker die Zukunft des Konzerns sieht


Wohin führt der Weg von Sulzer Medica?Im Moneycab-Video-Interview spricht CEO Stephan Rietiker über die Szenarien und die Überlebenschancen des Konzerns.

Von Connie Voigt


(Foto: Keystone)
Ob Sulzer Medica die Auseinandersetzungen um die fehlerhaften Hüft- und Kniegelenk-Implante überlebt, ist weiter ungewiss. Die Auswirkungen sind für Sulzer Medica laut dem Konzern zur «Überlebensfrage» geworden. Dies beweist das Resultat des vergangenen Geschäftsjahres. Es endet mit einem Reinverlust von 1,19 Milliarden Franken. Das Eigenkapital ist von 1,9 Milliarden auf 784 Millionen Franken gesunken. Alleine die Gesamtkosten des Vergleichsvorschlags betragen 1,071 Milliarden Franken.

CEO Stephan Rietiker zuversichtlichTrotzdem bleibt CEO Stephan Rietiker zuversichtlich: «2001 war das Jahr des Umbruchs und des Aufbaus auf neuer, solider Grundlage. Nun haben wir ein neues Management-Team zu einer schlagkräftigen Mannschaft geformt, unser Geschäft in allen Bereichen auf konsequente Verbesserung der Ertragslage gestimmt und den Schadenfall in den USA einer Lösung zugeführt.»

Zusätzliche Restrukturierungskosten – Leicht höherer UmsatzAm Vergleich von rund einer Milliarde Franken beteiligt sich Sulzer Medica mit 725 Millionen Dollar. Den Rest bestreiten Sulzer und die Winterthur-Versicherungen. Zusätzlich belastet wird das Ergebnis durch ausserordentlichen Restrukturierungsaufwand von 198 Millionen Franken. Darin enthalten sind ausserdem Wertberichtigungen auf immateriellen Anlagen sowie Abschreibungen auf nicht-konsolidierten Beteiligungen. Positiv hingegen ist der um 5,3 Prozent gestiegene Umsatz auf 1,42 MiIlliarden Franken, welcher die Prognosen der Analysten leicht übertrifft.

Sulzer Medica: Jahresergebnis auf einen Blick 20012000±_in_%Nettoumsatz1’4181’3475,3EBITA100270- 63EBITA in % des Umsatzes7,120- 64,5Reingewinn/-verlust- 1’193190 Eigenkapital7841’993- 60,7Mitarbeiter3894339714,6Alle Geldwerte in Mio. Franken

Akquisitionen sorgen für MehrumsatzDie Sparte Gelenkersatz und Traumatologie, wo die Fehler passierten, steigerte den Umsatz währungs- und akquisitionsbedingt um 2 Prozent auf 855 Millionen Franken, wobei laut Sulzer Medica insbesodere der Europa-Umsatz deutlich wuchs. Das Geschäft mit Wirbelsäulen-Implantaten stagnierte (175 Millionen), während sich der Absatz von Dentalimplantaten akquisitionsbedingt deutlich erhöhte. Dank dem Erwerb von Paragon in Carlsbad/Kalifornien konnte der Umsatz auf 120 Millionen Franken verdoppelt werden.

Gesunkener Absatz von Herzklappen
Ebenfalls dank Akquisition stieg auch der Umsatz im Bereich Kreislauf-Implantate um 50 Prozent ; währungs- und akquisitionsbereinigt legte er 10 Prozent zu. Dagegen reduzierten sich die Erlöse aus dem Verkauf von Herzklappen um 6 Prozent auf 178 Millionen. Als Begründung nennt Sulzer Medica die gesteigerte Nachfrage nach biologischen Produkten. Dieser Bereich soll nun umstruktiert werden.

2002: Guter StartEin ermutigendes Zeichen für Sulzer Medica ist die Entwicklung des Geschäfts im laufenden Jahr. Die ersten drei Monate hätten sich positiv entwickelt und lägen deutlich über Vorjahresniveau. Ziel im laufenden Jahr ist es, nach der raschen Entschädigung der Patienten die Umsetzung einer neuen Konzernstrategie sowie die zügige Einführung eines neuen Brandings. Dass angesichts des Verlustes auch die Verbesserung des Konzernergebnisses oben auf der Prioritätsliste steht, ist verständlich.

Neuer Name für Sulzer MedicaSo wird am 16. Mai, einen Tag vor der Generalversammlung, der neue Name des Unternehmens vorgestellt. Fraglich ist jedoch, ob Aktionäre weiterhin in ein Unternehmen investieren wollen, dass keine strategische Neuausrichtung preisgibt und auf eine Dividendenausschüttung verzichtet. «Wir werden keine Ausführungen zu neuen Strategien machen, bevor der Schadensfall nicht geklärt ist», so CEO Stephan Rietiker gegenüber Moneycab. Somit befindet sich Sulzer Medica in einer Warteposition, die das Vertrauen der Investoren stark auf die Probe stellt.

Warten auf die 2/3-Mehrheit beim VergleichsverfahrenSollten weniger als zwei Drittel der Kläger in den USA dem Vergleichsverfahren zustimmen (opt-out), wird das rettende Chapter 11 in Kraft treten. Mit diesem Verfahren würde das Unternehmen Gläubigerschutz beantragen und mit einem neuen Reorganisationsplan umstrukturiert werden. Vergleichbar ist das Chapter 11 mit einem Nachlassverfahren vor dem amerikanischen Gericht. Offensichtlich bereitet sich Sulzer Medica auf dieses Szenario für die US-Tochter intensiv vor. Das erklärt die Zurückhaltung in einer strategischen Neuausrichtung.

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