Swissair Group: Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage


Der 12. Juli 2001 wird wohl der wichtigste Tag in der Swissair-Geschichte. Chefpilot Mario Corti muss überzeugende Konzepte präsentieren, wie er den Sinkflug stoppen will. Harte Schnitte sind unumgänglich.

Von Beat Römer


Klare Führung, eindeutige Befehle, Vertrauen, Loyalität: Begriffe, die Mario Corti immer wieder braucht und die sein Verständnis von oberster Führung wiedergeben. Sein nicht mehr gerade zeitgemässer Hang zu Militarismen hat ihm in der jetzigen Krisensituation der Swissair nicht geschadet — im Gegenteil. Er ist der letzte Hoffnungsschimmer in der obersten Führung der Airline und klare Sprache (um nicht zu sagen Befehlsausgabe) ist in einem solchen Fall das Wichtigste. Corti hat damit auch den Eindruck erweckt, dass mit ihm eine Rettung überhaupt möglich ist.

Corti ist der einzige Hoffnungsschimmer
Bislang hat Mario Corti aber weder den Krieg noch eine Schlacht gewonnen, höchstens kleinere Scharmützel zu seinen Gunsten entschieden. Nach aussen hat er es zumindest geschafft, auch an den Finanzmärkten ein gewisses Vertrauen aufzubauen, selbst wenn sich die wirtschaftliche Lage der Swissair desolat präsentiert. Ein Konkurs ist nach wie vor möglich. Doch niemand kann es sich leisten, das nationale Symbol konkurs gehen zu lassen.

Langstreckennetz wird ausgedünnt
Morgen wird Corti nun offenlegen, wie er in Belgien aussteigen will und wie es mit anderen defizitären Beteiligungen (LTU) weitergeht. Zu erwarten sind happige Streichungen im Langstrecken-Netz der Swissair, die zu einem Stellenabbau auch bei den Piloten führen werden. Frühpensionierungen bei den Piloten werden aber erst Jahre später zu einer Entlastung der Kostenseite führen. Auch Aussagen zur mittelfristigen Strategie und zu einem Anschluss an eine der Airline-Allianzen werden von Corti erwartet.

Wer zieht mit?Bis heute ist es dem Ex-Nestlé-Finanzchef in seinen knapp 100 Tagen gelungen, die Auflösungserscheinungen in seiner Truppe zu stoppen und zumindest das Fussvolk hinter sich zu scharen, das sich tagtäglich abrackert, damit die Swissair nicht vollends auf die Nase fällt. Doch ist ihm das gleiche auch bei den höhergestellten Chargen gelungen?


Weil sich Corti bislang vor allem mit den Brandherden in Frankreich und Belgien beschäftigen und den Liquiditätsabfluss stoppen musste, hat er bis heute nicht eine eigene Truppe zusammenstellen können. Dass Corti in der Airline-Branche über keine grossen Beziehungen verfügt, dürfte dabei zu einem gewichtigen Nachteil werden.

Bald Flugwetter am Balsberg
Mit Ausnahme der neuen Finanzchefin Jacqualyn Fouse muss sich Corti mit den Leuten der Ära Bruggisser zufrieden geben. Gefährlich, denn die vielen Frustrierten und Beleidigten können Beschlüsse verlangsamen, wenn nicht gar torpedieren, und die nötige Aufbruchstimmung verhindern. Gerade das wäre in der jetzigen Situation katastrophal. Zwar hat der neue Swissair-General versprochen, allen die Chance zu geben, sich «Vertrauen zu erarbeiten». Diese Frist dürfte nun langsam ablaufen. In den nächsten Wochen und Monaten sind deshalb Abgänge am Balsberg programmiert. Je schneller sie kommen, je besser. Denn erst dies wird signalisieren, dass die Swissair ihre Vergangenheit bewältigt und zaghafte Schritte in die Zukunft macht.

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