Tamedia prüft zwei Lösungen für Berner «Bund»

Das habe eine Analyse durch ein internes Projektteam ergeben, an dem alle Redaktionen und Verlage der abonnierten Tageszeitungen von Tamedia beteiligt waren. Konkret prüft Tamedia die Projekte «TagesBund» sowie «Berner Zeitung&Der Bund». Bei ersterem erhielten «Tages-Anzeiger» und «Bund» einen gemeinsamen Mantel. Es käme zu einem «weitgehenden Austausch» redaktioneller Inhalte oder zu einer teilweise gemeinsamen Ressortstruktur. Bei dieser Lösung würde aber laut Tamedia das Berner Modell zweier unabhängiger Tageszeitungen wie heute zwischen Bund und BZ in einem Verlag fortgeführt.


Stellenabbau voraussichtlich unvermeidlich
Als zweite Lösung prüft Tamedia die Zusammenführung von «Bund» und «BZ». Eine solche Fusion werde umgesetzt, falls die Zusammenarbeit von «Bund» und «TA» publizistisch und wirtschaftlich nicht tragfähig sei. Beide Lösungen seien mit einem Abbau von Stellen verbunden, sagte Christoph Zimmer, Leiter Unternehmenskommunikation bei Tamedia auf Anfrage der SDA. Für genauere Angaben sei es jetzt aber noch zu früh.


Uli Rubner übernimmt Projektleitung
Bis Mitte nächsten Jahres wollen die Verwaltungsräte von Tamedia und Espace Media Groupe entscheiden, welches der beiden Projekte realisiert wird. Projektleiterin wird Uli Rubner, die bis 2008 als Chefin des Bereichs Zeitschriften Mitglied der Unternehmensleitung von Tamedia war. Das Überleben des «Bund» als eigenständige Zeitung ist seit Jahren ein Thema. Seit dem Verkauf der Berner Traditionszeitung durch die Verlegerfamilie 1992 waren insgesamt fünf Partner am Blatt beteiligt. In den letzten zwölf Jahren fuhr der «Bund» laut Tamedia Verluste von 30 Mio CHF ein.


Fachleute nicht überrascht
Im Sommer 2007 kam der Bund ganz zu Tamedia, weil die Neue Zürcher Zeitung und Publicitas ihre Beteiligungen an Espace Media abtraten. Ebenfalls 2007 hatte Tamedia Ecpace Media übernommen, womit auch die «BZ» zum Zürcher Medienkonzern kam. Die Medienwissenschaftler Roger Blum und Louis Bosshart sind nicht überrascht über die Pläne von Tamedia mit dem «Bund». Eine zunehmende Konzentration sei auch für den Medienplatz Bern unausweichlich.


Kooperation mit Tagi bevorzugt
Für Professor Roger Blum vom Institut für Medienwissenschaft der Universität Bern wäre es für die Bundesstadt jedoch «eine Katastrophe, wenn es nicht mehr zwei Zeitungen gäbe, die publizistisch im Wettbewerb stehen». Blum hofft deshalb auf die Option einer Kooperation mit dem «Tagi». «Bund» und «Tagi» würden gut zueinander passen. «Auf diese Weise könnte in Bern die Vielfalt bewahrt werden», sagte Blum auf Anfrage. Die Lage für den «Bund» sei seit langem prekär. Was ihm fehle, seien Wachstumsmöglichkeiten.


«Gentleman»-Modell ausgedient
Der Freiburger Medienwissenschafter Louis Bosshart ist ebenfalls nicht überrascht von den Plänen des Tamedia-Verlags. Es gehe hier um eine zunehmende Konzentration, wie sie in anderen Gebieten auch stattgefunden habe; damit habe man rechnen müssen. Das Berner Modell, wie es der «Gentleman» Charles von Graffenried, Präsident der Espace Media Groupe vertreten habe, sei «edel und vornehm». Doch die Realität sei seit der Übernahme durch Tamedia eine andere geworden.  (awp/mc/ps/16)

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