Thomas Trauth: «Zinsbuckel in Aussicht»


Thomas Trauth, Credit Suisse Fixed Income & Credit Research, spricht im Moneycab Interview über die möglichen Auswirkungen für zukünftige Käufer, die von einer Festhypothek profitieren möchten.

Von Heinz Deubelbeiss

Die historisch tiefen Zinssätze der letzten zwei Jahre waren ein Segen für Schweizer Eigenheimbesitzer. Die Zinsen ziehen jedoch wieder an.

Moneycab: Die Fast-Nullzinsen scheinen der Vergangenheit anzugehören. Was kommt auf uns zu?

Thomas Trauth: Die amerikanische Notenbank FED hat seit Juni die Zinsen zum zweiten Mal um 25 Basispunkte auf 1,5 Prozent angehoben. Ähnlich hat die Schweizerische Nationalbank SNB, die während Jahren die Zinsen auf einem historischen Tief hielt, mit ihrer Zinserhöhung im Juni von 0,25 auf 0,50 Prozent signalisiert, dass sie schrittweise zu «normalen» Zinsen zurückkehren will. Weitere graduelle Erhöhungen sind zu erwarten, so dass wir auf Jahresfrist bei rund 1,5 Prozent liegen könnten. Trotz dieser graduellen Erhöhung in den nächsten Monaten gehen wir davon aus, dass die langfristigen Zinsen für Laufzeiten von fünf bis zehn Jahren, nur vorübergehend steigen werden. Wir werden aller Voraussicht nach 2005 in den USA ein schwächeres Wachstum sehen, was dafür sorgen wird, dass die Kapitalmarktrenditen im Vergleich zu heute nicht allzu stark ansteigen werden.

Die USA wachsen wirtschaftlich, während Europa dümpelt. Warum machen wir gleichwohl die Zinswende mit?

Die Europäische Zentralbank EZB hat zwar die Zinsen zwischen 2001und heute bis auf ein Niveau von zwei Prozent gesenkt, aber auf einen solch tiefen Zinsstand wie das FED mit einem Prozent und die SNB mit 0,25 Prozent ist sie nie gegangen. Bis anhin hat sie deshalb ihren Zins auf zwei Prozent belassen können. Wir rechnen damit, dass die EZB erst nächstes Jahr die Zinsen anheben wird. Bei der SNB besteht jedoch aufgrund der jüngsten positiven Wirtschaftszahlen ein zinspolitischer Handlungsbedarf.

Welchen Einfluss hat die Inflation auf die Zinsen hierzulande?

Die tiefe Inflation in der Schweiz, die gegenwärtig bei rund einem Prozent liegt, ermöglichte es der SNB, ihre lang anhaltende Quasi-Null-Zinspolitik beizubehalten. In Europa liegt die Inflation deutlich über dem von der EZB festgelegten Zielband von zwei Prozent. Dies ist mit eine Erklärung, weshalb die EZB ihre Zinsen nicht auf das amerikanische Niveau senkte. Die Credit Suisse geht davon aus, dass die SNB schrittweise einen Libor von 1,5 Prozent anpeilt.

Wird dadurch das Hypothekargeschäft schrumpfen?
Wenn, dann höchstens moderat. Das Immobiliengeschäft sah in der Schweiz – anders als in den USA – keine Überhitzung. Die Wachstumsraten lagen ungefähr bei vier bis fünf Prozent. Die Zinsen sind jedoch nur ein Faktor, den die Kaufwilligen einbeziehen. Wichtig ist vor allem das wirtschaftliche Wachstum insgesamt, das die Löhne und damit die Kaufkraft sowie die Immobilienpreise beeinflusst. Für dieses Wachstum sind wir vorsichtig optimistisch.


«Wir stellen in der Tat fest, dass derzeit der überwiegende Teil der Käufer – 80 bis 90 Prozent – Festhypotheken von zwei bis fünf Jahren abschliessen.» 



Befinden wir uns nicht in einer ähnlichen Lage wie in der ersten Hälfte der 90er Jahre, als die Immobilienpreise einbrachen?

Nein, gar nicht. Wir verzeichneten damals seit Mitte der 80er Jahre einen boomartigen Anstieg der Immobilienpreise. Die SNB, die die Zinsen Ende der 80er Jahre deutlich senkte, erhöhte diese ruckartig von rund zwei auf fast zehn Prozent, nachdem die Inflation Anfang der 90er Jahre stark anzog. Damit wurde es für diejenigen Immobilienbesitzer eng, die knapp kalkuliert hatten. Hinzu kam, dass die Schweiz in einen wirtschaftlichen Abschwung geriet. Trifft der Fall ein, wie wir ihn in den 90er Jahren sahen, dass bei hohen Zinsen das wirtschaftliche Wachstum schrumpft, kann es zu einem Zerfall der Immobilienpreise kommen. Heute zeigt sich ein gänzlich anderes Bild: Wir hatten in den vergangenen Jahren einen nur moderaten Anstieg der Immobilienpreise und das Wirtschaftswachstum zieht nach der Krise der letzten Jahre wieder etwas an. Weiter scheint auch die Inflation derzeit kein Problem zu sein. Bei den tiefen Zinsen entschlossen sich viele für ein Eigenheim. Haben die Banken zu bereitwillig Hypotheken vergeben? Nein, dies ist ganz eindeutig nicht der Fall. Die Credit Suisse kalkuliert mit einem langfristigen Durchschnittzins von fünf Prozent für die erste und 5,75 Prozent für die zweite Hypothek. Wir achten darauf, dass die Belastung der Hypothekarnehmer, die sich aus der Zinslast, der Amortisation und den Unterhaltskosten zusammensetzt, höchstens einen Drittel seines Bruttoeinkommens beträgt.

Kann man angesichts des Zinsausblicks damit rechnen, dass viele Kaufwillige noch von einer günstigen Festhypothek profitieren wollen?

Wir stellen in der Tat fest, dass derzeit der überwiegende Teil der Käufer – 80 bis 90 Prozent – Festhypotheken von zwei bis fünf Jahren abschliessen.

Ein Blick in die ferne Zukunft: Was geschieht mit Preisen und Zinsen, wenn die Schweiz dereinst der EU beitritt?

Im europäischen Vergleich sind die Schweizer Zinsen heute ungefähr 1,5 Prozent tiefer. Ich würde bei einem Beitritt, der ja frühestens in zehn Jahren ein Thema werden könnte, vermuten, dass wir uns auf dem höheren europäischen Zinsniveau einpendeln werden. Die Immobilienpreise würden in einem solchen Fall tendenziell sinken.


Moneycab Interviews Thomas Trauth 
Credit Suisse Fixed Income & Credit Research

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