Tom Volpe, CEO der Dubai Group

von Gérard Al-Fil


 


Herr Volpe, ist an den Finanzmärkten das Schlimmste ausgestanden?



Vor sechs Monaten hatte man mir dieselbe Frage gestellt. Ich lag seinerzeit mit meiner recht pessimistischen Einstellung leider richtig. Offen gesagt, ich fürchte auch heute, dass da noch mehr «bad news» auf uns zukommen werden. Den Tiefpunkt der Krise, so denke ich jedoch, haben wir in der vergangenen Woche gesehen.


 


Der Schweizer Crash-Prophet Dr. Marc Faber in Hongkong glaubt, dass uns nunmehr ein globaler Abschwung ins Haus steht, nach Jahren des synchronen, weltweiten Wirtschaftsbooms. Teilen Sie diese Einschätzung?


 


Die Wahrscheinlichkeit für diese Synchronie besteht wohl. Doch würde ich überrascht, wenn es jetzt zu einem Abschwung mit negativem Wirtschaftswachstum in allen Regionen kommen würde. Deshalb ändern wir, die Dubai Group, auch zunächst nichts an unserer expansiven Investment-Strategie. Wir schauen uns weltweit nach Anlagemöglichkeiten um. An unseren Präferenzen hat sich nichts geändert.


 


Wer ist eigentlich die Dubai Group? Ein Staatsfonds?


 


Als Staatsfonds würde ich uns nicht bezeichnen. Die Dubai Group gehört zur staatlichen Dubai Holding, dem Firmen- und Investment-Konglomerat, hinter dem die Herrscherfamilie von Dubai um Seine Hoheit Sheikh Mohammed Bin Rashid Al-Maktoum steht, der auch Regierungschef der und Vizepräsident der Vereinigten Arabischen Emirate ist. Wir haben Beteiligungen und Anlagen von etwa 40 Mrd. Dollar weltweit in unseren Büchern. Unsere Aufgabe ist es, einen Teil der Staatseinnahmen der Regierung in zukunftsträchtige Firmen anzulegen. Die Dubai Group ist in die folgenden sieben Bereiche gegliedert: Dubai Ventures Group, Dubai Capital Group, Dubai Financial Group, Dubai Banking Group, Dubai Insurance Group, Dubai Investments Group und Noor Investment Group (zuständig für islamische Investments, d. Red.) Als deren Group CEO obliegt mir persönlich, die Anlagestrategie der sieben Bereiche zu koordinieren und zu überwachen. Über all unsere Divisionen und Tochtergesellschaften haben wir Firmeninteressen in 26 Ländern weltweit. Diese Firmen beschäftigen total 13’450 Menschen, die wiederum über 748 Niederlassungen 4 Millionen Kunden dienen. Wir sind schon deshalb kein Staatsfonds, weil wir sämtliche unserer Investments öffentlich bekannt geben, so wie jetzt im Fall der australischen Citigold, an der wir 18 Prozent der Aktien halten. Dies gilt aber auch bei nicht-börsenkotierten Unternehmen. Die Fact Sheets der genannten sieben Divisionen stehen übrigens allesamt auf unserer Homepage zum Download bereit. Die Staatsfonds operieren in diesem Punkt weit weniger transparent.


 



So wie die Emirates Airlines das Aushängeschild der Luftfahrtindustrie des Golf-Emirats ist und für Qualität und Innovation steht, so wollen wir die Noor Islamic Bank zum weltweiten Synonym für Islamic Finance mit einem hohem Kunden-Service aufbauen.


 


Welches Budget steht ihnen zur Verfügung?


 


Wir haben keinen festen Budget-Jahresplan. Bislang war für unsere Investitionspläne immer genügend Geld vorhanden. Daran dürfte sich auch in Zukunft nichts ändern.


 


Arbeiten Sie bei Ihren Firmenkäufen ohne Leverage?


 


Kredite werden nur sehr minimal aufgenommen, und die stammen in der Regel von Firmen, an denen die Dubai Group selbst beteiligt ist..


 


Wo setzten Sie Investment-Schwerpunkte?


 


Alle sieben Bereiche Dubai Group setzen insbesondere auf das islamische Finanzwesen als Zukunftstrend. Nehmen Sie unsere Division Dubai Banking Group. Dieser Bereich hat die 2003 gegründete Dubai Bank von einer konventionellen in eine islamische Bank umgewandelt. Wir halten 100 Prozent an der Dubai Bank. Die Zahl ihrer Filialen in Dubai werden wir noch bis Ende Jahr von 20 auf 25 ausbauen. Weiter halten wir ein Drittel der Anteile von an National Bonds in Dubai. Das ist die staatliche Anleihe-Gesellschaft, die Islamic Bonds oder Sukuk für Jedermann als Sparinstrument weltweit anbietet. Der Bereich Noor Investment Group investiert ausschliesslich in Scharia-konforme Firmen. Die im Januar 2008 gegründete Noor Islamic Bank, an der wir über unseren Bereich Noor Investments beteiligt sind, wollen wir als echte Marke mit weltweiten Wiedererkennungswert etablieren. So wie die Emirates Airlines das Aushängeschild der Luftfahrtindustrie des Golf-Emirats ist und für Qualität und Innovation steht, so wollen wir die Noor Islamic Bank zum weltweiten Synonym für Islamic Finance mit einem hohem Kunden-Service aufbauen. Die Bank ist übrigens ganz hervorragend aus den Startlöchern gekommen. Seit Anfang Jahr hat «die Noor» Anlagegelder in Höhe von umgerechnet 4,9 Mrd. Dollar akquiriert, was in dieser kurzen Zeitspanne bisher keiner islamischen Bank gelang.


 


Weniger hervorragend sieht die Bilanz der Islamischen Bonds aus. Erstmals seit Jahren schrumpfte das Volumen der neu emittierten Sukuk in 2008 um 10 Mrd. Dollar. Ist das Islamic Banking aufgrund der allgemeinen Unsicherheit nicht weit mehr von der Finanzkrise betroffen, als angenommen?


 


Es existieren sicher Herausforderungen, denn die Investoren halten sich auch im Mittleren Osten derzeit zurück. Kein Zweifel, davon blieb die Islamic Finance nicht komplett verschont. Allerdings überwiegen aus unserer Sicht die Vorzüge der zinslosen Finanzwelt, in der enorm viel Potenzial steckt.  Nehmen Sie Indonesien, das mit 235 Millionen Menschen grösste islamische Land der Welt. Dort steckt die Islamic Finance noch in ihren absoluten Anfängen. Der Markt ist so gut wie unentdeckt, …


 


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…entschuldigen Sie bitte, wenn wir da wir einhaken: aber in Indonesien bietet die deutsche Allianz SE Scharia-Versicherungen Takaful bereits seit 2006 an….


 


Einverstanden. Dennoch: Banken auf der Grundlage der koranischen Rechtsprechung verwalten in dem Land erst 10 Mrd. Dollar, was gegenüber globalen Scharia-Anlagen in Höhe von 750 Mrd. Dollar ein marginale Grösse darstellt. Ich greife aber gerne ihr Stichwort Takaful auf, um das Potenzial der Industrie zu unterstreichen. Dieses Segment ist mit global vier bis fünf Milliarden Dollar das kleinste in der Scharia-Finance. Mit der Aktienmehrheit, die wir an der islamischen Rückversicherungsgesellschaft Al Fajer Re-Takaful in Kuwait halten und mit der von uns gegründeten Re-Takaful in Dubai sind wir hier, denke ich, gut positioniert. Die Islamic Finance wächst um 20 Prozent pro Jahr. Die Golfregion ist noch schwer unterversichert. Dies ergibt eine klare Win-Win-Situation.


 


Welche regionalen Investment-Schwerpunkte setzen Sie?


 


Wir sind in erster Linie auf den Mittleren Osten fokussiert, weil hier der Kern des Islamic Banking ist. Die Region Mittler Osten und Nordafrika (MENA) ist in diesem Jahrzehnt erstmals dabei, «vor der eigenen Haustür» zu investieren, als, wie in den Jahrzehnten zuvor, das Tafelsilber stets in westlichen Ländern zu halten. Wichtig ist für uns, wie erwähnt, ebenso Südostasien. In Europa sehen wir noch Potenzial bei konventionellen Banken. In der Türkei gehört uns die Greenfield General Insurance-Gruppe vollständig. In Griechenland halten wir bereits rund ein Fünftel an der Marfin Popular Bank. Dieses Engagement untersteht der Sparte Dubai Financial Group DFG, die Anlagen mit einem Wert von 11 Milliarden Dollar verwaltet. Das Investment-Team der DFG weist einen hervorragenden Track Record auf. Von 2001 bis 2007 erwirtschaftete sie mit ihrem Portfolio 1’011 Prozent. Zum Vergleich: Der viel zitierte Arab Gateway Fund von Shuaa Capital in Dubai erzielte in diesem Zeitraum nur 402 Prozent.


 



Wir sind in erster Linie auf den Mittleren Osten fokussiert, weil hier der Kern des Islamic Banking ist. Die Region Mittler Osten und Nordafrika (MENA) ist in diesem Jahrzehnt erstmals dabei, «vor der eigenen Haustür» zu investieren, als, wie in den Jahrzehnten zuvor, das Tafelsilber stets in westlichen Ländern zu halten. Wichtig ist für uns, wie erwähnt, ebenso Südostasien. In Europa sehen wir noch Potenzial bei konventionellen Banken.


 


Renditen wie diese lassen freilich aufhorchen. Kann ich als privater Anleger an der Erfolgsstory der Dubai Group teilhaben?


 


Nein, die Dubai Group ist weder an einer Börse kotiert noch gibt es ausserbörsliche Anteilsscheine. Wir planen in absehbarer Zukunft auch keinen IPO, weil, wie gesagt, genügend Geld da ist und wir gar nicht auf Fremd- oder Beteiligungskapital angewiesen sind. Sie können aber sehr wohl unser Investment-Portefeuille einsehen und dann selbst entscheiden, ob Sie sich Aktien der börsenkotierten Firmen kaufen wollen, in die wir eingestiegen sind.


 


Ihr Werbemotto lautet «Financing the Future». Klammern Sie ihre Heimat USA aufgrund der Bankenkrise also in Zukunft aus?


 


Nein, im Gegenteil. Wir sind an Immobilien im Bundesstaat Massachusetts beteiligt. Es handelt sich dabei v. a. kommerzielle Liegenschafen, die komplett ausgebucht sind. In New York ist die Dubai Group Eigentümerin des Luxushotels Jumeirah Essex House von Manhattan. Bislang haben wir keine einzige amerikanische Aktie gekauft. Für das erste Quartal 2009 haben wir bereits einen Fund of Funds fest eingeplant. Dieser wird mit einem Kapital von einer Milliarde Dollar ausgestattet. Wir werden das Geld in den arabischen Golfstaaten von Privaten und Institutionellen akquirieren. Der Fonds soll mit einem klassischen Anlagestil in amerikanische Aktien und in Private Equity-Unternehmen investieren. Wir halten aber weiterhin nach Hotels und Immobilien in Nordamerika Ausschau. Trotz der der Subprime-Krise sehen wir hier noch Potenzial für die Zukunft.


 


Wer wird ihrer Meinung nach der nächste US-Präsident?


 


(lächelt) Also,… ich tippe auf Barack Obama.


 


Herr Volpe, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.


 


 





Der Gesprächspartner


Der US-Amerikaner Thomas S. Volpe, ist seit Januar 2007 Chief Executive Officer der Dubai Group, einem Investment- und Beteiligungskonglomerat der staatlichen Dubai Holding. Er ist auch Gründer und Managing Partner der Volpe Investments LLC im kalifornischen Silicon Valley. Der hochgewachsene Volpe war auch Gründer und Chairman der Volpe Brown Whelan & Company, die er auch nach deren Verkauf an Prudential Securities 1999 als deren Chairman weiterführte. Tom Volpe ist Absolvent der Harvard Business School (MBA), der London School of Economics und des Harvard College. In den Golf-Emiraten engagiert sich Volpe privat im American Business Council of Dubai & the Northern Emirates, einem sozialen Netzwerk für amerikanische Staatsbürger in Dubai.

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