Anzeichen für Immobilienblase in der Schweiz

Anzeichen für Immobilienblase in der Schweiz
(Foto: Marcel Schauer - Fotolia.com)

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Zürich – In elf Bezirken der Schweiz bestehen klare Anzeichen einer Immobilienblase. Betroffen sind nicht die Zentren, sondern Regionen, die in ihrer Nähe liegen. Zu erwarten ist, dass sich die Situation innert Jahresfrist beruhigt. Diese Voraussage macht der Immobilien-Report der ETH Zürich und des Internet-Vergleichsdienstes comparis.ch, der auf mehr als einer Million Immobilieninserate beruht. Die Erhebung zeigt: Die Preise für Wohnungen sind im Vergleich zu 2007 in über 80 Prozent der Bezirke bis zu einem Viertel oder der Hälfte teurer.

In insgesamt elf Bezirken der Schweiz bestehen klare Anzeichen einer Immobilienblase. Dies ist jeweils für einzelne Typen von Immobilien der Fall, zum Beispiel für Wohnungen oder für Häuser. Es sind allesamt Gebiete, die nicht in den eigentlichen Zentren und klassischen teuren Regionen liegen, aber dennoch in ihrer Nähe. Dies zeigt sich zum Beispiel im Kanton Zürich und am Zürichsee, wo die Bezirke Horgen, Bülach, Hinwil und Höfe betroffen sind, nicht aber die Goldküste oder die Stadt Zürich. Auch im Kanton Aargau bestehen Anzeichen für eine Blasen-Situation in Gebieten, die noch im Einzugsgebiet von Zürich liegen.

In der Westschweiz sind es die Bezirke Jura-Nord Vaudois sowie Monthey; auch diese Gebiete liegen an der Peripherie der beliebten Wohnregionen am Genfersee.

Abflachung innert Jahresfrist
«Wir erwarten, dass in den meisten dieser Bezirke innert einem Jahr eine Änderung eintritt», sagt Didier Sornette, Professor für Entrepreneurial Risks an der ETH Zürich, der die Untersuchung geleitet hat. Zwar haben die rekordtiefen Hypothekarzinsen und Krisen im europäischen Wirtschaftsraum die Nachfrage nach Immobilien erheblich angeregt. Dennoch ist kein böses Ende zu erwarten: «Eine Änderung der Situation hin zu einer Preisstagnation oder einem Soft-Landing ist wahrscheinlicher als ein Crash», sagt Sornette. Zu diesem Schluss kommt der ETH-Forscher durch einen Vergleich der Situation in der Schweiz mit den Daten von Immobilienblasen in anderen Ländern. «Die Art von Immobilienblase, wie wir sie aufgrund der Comparis-Daten jetzt in der Schweiz feststellen, endet üblicherweise in einer Abflachung oder einer Stagnation der Preise», so Sornette.

«Bubble» hat sich bereits in verschiedenen Gebieten aufgelöst
Das bestätigt auch eine genauere Betrachtung des Kantons Zug und der Bezirke Dietikon, Dielsdorf, Affoltern, Bremgarten, March und Lausanne. In diesen Gebieten hat sich eine «Bubble» im Jahr 2012 bereits aufgelöst, ohne dass der Markt zusammengebrochen wäre. Bei dieser Analyse berechneten die ETH-Forscher die Situation aufgrund sämtlicher Inserate bis Ende 2011, um mit ihrem Berechnungsmodell virtuell die Situation im Jahr 2012 vorauszusagen. Diese Resultate wurden den tatsächlichen Daten für das Jahr 2012 gegenübergestellt. Es zeigte sich, dass in diesen sieben Bezirken, in denen das Modell eine Änderung der Situation vorausgesagt hatte, die Preise tatsächlich nicht weiter stiegen bzw. stagnierten oder gar zurückgingen.

Wer kann, sollte warten
Aus diesen Voraussagen und Berechnungen lassen sich Ratschläge für den Immobilienkäufer in den erwähnten kritischen Gebieten ableiten: «Wer noch ein oder zwei Jahre warten kann, sollte dies unbedingt in Erwägung ziehen – in der Hoffnung, von einer leichten Deflation zu profitieren», sagt Felix Schneuwly, Mediensprecher von comparis.ch. Dies gilt jedoch nicht für die übrigen Bezirke, in denen sich die Situation bereits wieder entschärft hat: «Wo die Blase von 2012 bereits wieder Luft verloren hat, könnten sich potentiell gute Kaufgelegenheiten bieten», sagt Schneuwly.

Doch auch wenn übermässige Preissteigerungen zurzeit nicht zu erwarten sind, so sind die Preise dennoch sehr viel höher als noch vor wenigen Jahren. Die Analyse von der ETH Zürich und comparis.ch beruht darauf, wie schnell und wie stark die Preise in die Höhe geklettert sind.

Preissteigerungen praktisch in der ganzen Schweiz
Eindrücklich sind auch die Prozentwerte, um welche der Quadratmeterpreis von Wohnungen sich verteuert hat (siehe Karte 2). Vergleicht man die Medianpreise vom ersten Quartal 2007 mit jenen vom vierten Quartal 2012 und beschränkt man sich aus methodischen Gründen auf die Bezirke mit einer genügenden Datengrundlage, so zeigt sich folgendes Bild: In 38 Prozent der Bezirke hat sich der Medianpreis pro Quadratmeter um bis zu 25 Prozent erhöht, in 43 Prozent zwischen 26 und 50 Prozent. Mit anderen Worten: «Die Wohnungspreise sind seit 2007 praktisch in der ganzen Schweiz in die Höhe geklettert. In über vier Fünftel der Bezirke kosten Wohnungen bis zur Hälfte mehr als vor sechs Jahren», sagt Didier Sornette von der ETH.

Verschwindend klein ist der Anteil der Bezirke, in denen der Medianpreis pro Quadratmeter von Wohnungen günstiger geworden oder gleich geblieben ist: Dies ist bloss in 3 Prozent der Bezirke der Fall, in denen genügend Daten für die Berechnung vorliegen. Bedeutend teurer geworden sind die Angebotspreise zum Beispiel in den Gebieten rund um den Zürich-, den Zuger- und den Genfersee sowie in Tourismusdestinationen im Kanton Graubünden – und zwar im Bereich von 51 bis 75 Prozent. Am heftigsten fiel diese Steigerung mit 133 Prozent im Bezirk Entremont im Kanton Wallis aus. (comparis.ch/mc/pg)

Methodik
Besteht in der Schweiz eine Immobilienblase? Was soll man tun, wenn man von den tiefen Hypothekarzinsen profitieren und ein Haus oder eine Wohnung kaufen möchte? Noch warten oder zuschlagen, solange die Preise für Immobilien nicht ins Unermessliche gestiegen sind? Solche Fragen beantwortet der Immobilien-Report, den die Professur für Entrepreneurial Risks der ETH Zürich und der Internet-Vergleichsdienst comparis.ch erstellt haben. Die Analyse beruht auf über einer Million Inserate für Häuser und Wohnungen, die von 2005 bis Ende 2012 auf dem Immobilienmarkt von comparis.ch angezeigt wurden.

Die Datengrundlage für die Analyse bilden die Angebotspreise für die Immobilien. Mit einem mathematischen Modell konnten die Wissenschaftler der ETH Zürich unter Leitung von Didier Sornette, Professor für Entrepreneurial Risks, kritische Regionen identifizieren und berechnen, wie sich die Situation dort entwickeln wird. Mit diesem Modell hatte Professor Sornette bereits mehrere Immobilienblasen in verschiedenen Regionen der Welt vorausgesagt (siehe Kasten zur Methode).

Im Unterschied zu anderen Immobilien-Studien, welche die frühere oder die heutige Situation untersuchen, erlaubt das hier angewandte Modell auch einen Blick in die Zukunft. Das Projekt wurde von der Kommission für Technologie und Innovation des Bundes (KTI) mitfinanziert.

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