Bundesrat prüft Ausdehnung der Covid-Zertifikatspflicht – Tests nicht mehr gratis

Bundesrat prüft Ausdehnung der Covid-Zertifikatspflicht – Tests nicht mehr gratis
Schweizer Covid-Zertifikat. (Abb: BIT)

Bern – Der Bundesrat reagiert mit kostenpflichtigen Tests ab Oktober und der vorsorglichen Prüfung einer Ausdehnung der Zertifikatspflicht auf die stark ansteigenden Spitaleinweisungen von Corona-Patienten. Gastro- und Fitnessbranche und die SVP zeigen sich wie nicht anders zu erwarten empört.

Nur noch mit einem Covid-Zertifikat ins Restaurant, Kino oder Fitnesszentrum: Bis am Montag will der Bundesrat den Rückhalt für eine nationale Zertifikatslösung bei Kantonen und Sozialpartnern eruieren. Ziel ist es, eine Überlastung der Spitalkapazitäten und eine Schliessung von Betrieben zu vermeiden, wie Gesundheitsminister Alain Berset am Mittwoch vor den Medien in Bern sagte. Ob und – wenn ja – wann die neuen Regeln in Kraft gesetzt werden, wird der Bundesrat im Anschluss an die «vorsorgliche Konsultation» entscheiden.

Sicher nicht mehr gratis ab dem 1. Oktober sind Corona-Tests für asymptomatische Personen. Laut Berset ist es nicht mehr gerechtfertigt, die hohen Kosten von der Allgemeinheit zahlen zu lassen, «weil jede Person die Möglichkeit hat, sich impfen zu lassen». Die repetitiven Tests in Schulen und Betrieben würden dagegen weiterhin vom Bund finanziert.

Zu tiefe Durchimpfungsrate
Eine breitere Anwendung des Covid-19-Zertifikats auch in Innenräumen von Restaurants, Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie auf Veranstaltungen im Innern muss nach Ansicht des Bundesrats geprüft werden, weil die Durchimpfungsrate zu tief ist.

Anders als in früheren Infektionswellen will der Bundesrat auf die Schliessung ganzer Branchen oder Verbote von bestimmten Aktivitäten verzichten. Nicht geändert werden sollen die bekannten und breit akzeptierten Hygiene- und Abstandsempfehlungen, die Quarantäneregeln sowie die generelle Maskentragpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräumen, Läden und im öffentlichen Verkehr.

Aufgrund der «besorgniserregenden» epidemiologischen Lage ist für die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen- und -direktoren (GDK) eine Ausweitung der Zertifikatspflicht «naheliegend». Denn mit der Beschränkung des Zugangs auf geimpfte, genesene oder getestete Personen liesse sich die Gefahr einer Ansteckung stark reduzieren. Die GDK steht auch hinter dem Bundesratsbeschluss, die Vergütung von Corona-Schnelltests für asymptomatische Personen aufzuheben.

SVP: Wieder die Gastronomie bestrafen
Von den Parteien sprachen sich FDP, GLP, die Mitte und Grüne angesichts der sich zuspitzenden Lage in den Spitälern für die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Corona-Zertifikats aus. Für die SVP hingegen würde damit erneut die Gastronomie bestraft. Gastrosuisse unter ihrem Präsidenten Kasimir Platzer platzte einmal mehr der Kragen. Platzer bezeichnete die drohende Ausweitung als weiteren Spaltpilz für die Gesellschaft. Zudem ist die Massnahme für ihn «verfassungswidrig, diskriminierend, unverhältnismässig» und bringt auch epidemiologisch kaum etwas. Es gehe überdies nicht an, erneut «das Gastgewerbe zu missbrauchen, um die Impfquote zu erhöhen», so der gewohnt kritische Gastrosuisse-Präsident.

Der Schweizerische Fitness- und Gesundheitscenter Verband (SFGV) rechnet ebenfalls mit Umsatzverlusten. Nicht geimpfte Kunden würden dann vermehrt zuhause bleiben. Man habe seit der Wiedereröffnung nach dem Lockdown die Hausaufgaben gemacht. Die Ansteckungen geschähen erwiesenermassen anderswo.

In einer Übergangsphase könne es je nach Verlauf der Pandemie unvermeidlich werden, dass Ungeimpfte mehr Einschränkungen akzeptieren müssten als Geimpfte, stellte sich dagegen der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse hinter die Konsultation des Bundesrates. Zusammen mit dem Gewerbeverband und dem Arbeitgeberverband erliess er zudem einen gemeinsamen Impfaufruf an die Bevölkerung.

Bund sichert Impfschutz
Um den Nachschub zu sichern, hat der Bund einen weiteren Vertrag mit dem Biopharma-Unternehmen Pfizer abgeschlossen. Dieser umfasst die Lieferung von je sieben Millionen Impfdosen in den Jahren 2022 und 2023 mit der Option auf weitere je sieben Millionen Damit ist laut Bundesrat der Impfschutz für die Schweizer Bevölkerung auch in Zukunft gesichert.

Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, deren enge Familienangehörige sowie Grenzgängerinnen und Grenzgänger ohne obligatorische Krankenpflegeversicherung in der Schweiz können sich zudem ab sofort in der Schweiz gratis impfen lassen. Der Bundesrat hat am Mittwoch eine entsprechende Änderung der Epidemienverordnung beschlossen. Der Bund übernimmt diese Impfkosten.

In der Schweiz und in Liechtenstein sind dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Mittwoch innerhalb von 24 Stunden 3212 (-79 im Vergleich zum Mittwoch der Vorwoche) neue Coronavirus-Ansteckungen gemeldet worden, dazu sieben neue Todesfälle (+1) und 131 Spitaleinweisungen (+36).

Die Auslastung der Intensivstationen in den Spitälern beträgt zur Zeit 81,2 Prozent. 26,1 Prozent der verfügbaren Betten werden von Covid-19-Patienten belegt. (awp/mc/pg)

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