Behring-Prozess nimmt Fahrt auf

Behring-Prozess nimmt Fahrt auf
Dieter Behring, gescheiterter Financier. (Archivbild)

Dieter Behring, gescheiterter Financier. (Archivbild)

Bellinzona – Nachdem die Bundesstrafrichter am Dienstagmorgen auf eine Fortführung des Prozesses entschieden, kamen erstmals die konkreten Vorwürfe gegen den mutmasslichen Finanzbetrüger Behring zur Sprache. Er erklärte ausserdem sein Anlagesystem, sprach über seine schlechte Gesundheit und den Weg ins Trader-Geschäft.

Behring hatte nach eigenen Angaben eine «behütete Kindheit». Mit Finanzgeschäften begann er bereits als Minderjähriger. Mit seinem Lehrlingsvertrag in Basel habe er einen Kredit über 5’000 Franken bekommen, den er umgehend für «Termingeschäfte» mit Weizen, Kakao und Zucker bei einer Investmentbank nutzte, sagte Behring vor Gericht. Das finanzielle Abenteuer endete mit einem Verlust – er habe mit einem «zu grossen Hebel gearbeitet».

Auf Anfrage des Richters machte Behring auch Angaben zum ausufernden Lebensstil, der ihm für die Zeit seiner Geschäftserfolge vorgeworfen wurde. Er sei daran interessiert gewesen, das Geld in Immobilienbesitz zu stecken, der «Hand und Fuss» habe. Er und seine Frau hätten ein glückliches Händchen mit teurem Wein gehabt, der über die Jahre ein vielfaches seines Ursprungswerts besass. Behring gestand ausserdem eine Schwäche für «hochkomplexe Uhren» ein – sein Ziel sei ein Spezialmuseum gewesen, so der Angeklagte.

Angeschlagene Gesundheit
Seine Gesundheit sei seit mindestens sechs Jahren stark angegriffen: Er habe Herzprobleme und leide unter starkem Morbus-Crohn. Dieser sei durch den Stress des Verfahrens wieder ausgebrochen. Zudem laboriere er an einer Verengung der Gallenwege, weshalb er in naher Zukunft eine Austauschleber benötige.

«Ich sehe in der Anklage nicht den Zusammenhang zu mir», sagte Behring, als er am Dienstag zu den in der Anklageschrift formulierten Vorwürfen Stellung nahm. Der Basler Financier soll in der Zeit zwischen September 1998 und Oktober 2004 gewerbsmässig Anleger betrogen haben. Die Zahl der Geschädigten beträgt rund 2000.

Hohe Renditen versprochen
Vom Richter wurde der Angeklagte mit seinem «Handelssystem Behring» konfrontiert, von dem er gegenüber potentiellen Investoren sagte, dass er es selbst entwickelt und seit Jahren erfolgreich bewirtschaftet habe. Behring soll dabei teilweise Jahresrenditen in zweistelliger Prozenthöhe in Aussicht gestellt haben.

Er verteidigte in der Befragung, dass sein System marktüberlegen gewesen sei – er habe synthetisch generierte Börsendaten für seine Anlagevorhersagen genutzt. Deshalb hätten sie die Risiken besser vermindern können als konkurrierende Systeme, sagte der Basler Financier. Dies hätten ihm auch Experten der internationalen Finanzwelt bestätigt. Ein Grossteil seines damaligen Verdienstes sei aus «Lizenzgebühren» für dieses System entstanden.

Behring sah sich während der Befragung teilweise in die Ecke getrieben – in anderen Momenten erzählte er dagegen mit so viel Eifer über sein System, als sei er immer noch auf Kundenakquise.

Anleger sagen aus
In der Dachgesellschaft, über die der mutmassliche Anlagebetrug erfolgt sein soll, habe er während 12 Jahren nur mit Juristen zusammengearbeitet – «und die soll ich alle über den Tisch gezogen haben?», fragte Behring vor Gericht. Immer wieder betonte er, dass er nur einen kleinen Teil des gesamten Anlagekonstrukts überblicken konnte – ab Ende 2003 müsse «etwas nicht mehr gestimmt haben». Behring gab vor Gericht an, dass er dazu im Laufe des Prozesses kleine «Mosaiksteinchen» vorlegen werde, die dies beweisen sollen.

Am Nachmittag kamen ebenfalls vier Auskunftspersonen zu Wort – sie hatten in das «System Behring» Geld investiert und hatten bis auf eine Ausnahme Schadensersatzforderungen. Die Bandbreite reichte dabei von der treuseligen Kleinanlegerin bis zum Unternehmer, der 1,75 Millionen Franken mit seinem Investment verlor. Er habe Behring vertraut, gleichzeitig aber auch überzeugende Statistiken und Grafiken gesehen, sagte dieser vor Gericht.

Ein weiterer Zeuge kannte Behring auch persönlich und erlag dem Renditeversprechen. Weil ihm die Beteiligten seriös erschienen, habe er in Basel eine Einzahlung von 100’000 Franken in bar geleistet. Diese wolle er nun zurückerhalten.

Der Prozess wird am Mittwoch mit der Befragung weiterer Auskunftspersonen fortgesetzt. (awp/mc/upd/ps)

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