Coronakrise: Die ungeliebte SwissCovid App und was das mit Pokémon Go zu tun hat

Coronakrise: Die ungeliebte SwissCovid App und was das mit Pokémon Go zu tun hat
SwissCovid-App. (Bild: BAG)

Der Bundesrat nimmt wieder mehr Einfluss auf das Geschehen und verschärft für die ganze Schweiz die Massnahmen. Der Fokus liegt auf der Maske mit neuer Tragepflicht in allen öffentlich zugänglichen Gebäuden und sonst an vielen Orten. Leider verpasst er einmal mehr die Chance, ein vorhandenes, wirksames Mittel richtig einzusetzen: Die SwissCovid App.

Von Helmuth Fuchs

Freiwilligkeit ist eine tolle Sache und funktioniert ja auch bei Dingen, die uns am Herzen liegen, für die wir uns begeistern, die uns berühren. Zum Coronavirus haben offenbar die meisten Schweizer ein eher distanziertes Verhältnis, was epidemiologisch auch genau richtig ist.

Leider gilt das auch für die SwissCovid App («Das grosse Fremdeln mit der Swiss-Covid-App»). Der Bundesrat hätte nach der Erkenntnis, dass das Teil ein Flop war, obschon es sehr schnell entwickelt, im Hinblick auf Privatsphären- und Datenschutz vorbildlich konzipiert und technisch hervorragend umgesetzt wurde, die Anwendungsbereiche genauer analysieren und neue Massnahmen ergreifen sollen.

Zettel, Handlisten und Excel-Tabellen statt Einsatz der SwissCovid-App
Anstatt es jedem Gastronomen und jedem Veranstalter, jedem Barbetreiber und Sportverein selbst zu überlassen, wie er die Informationen zu seine Kunden aufnimmt, wäre es sehr einfach gewesen, die aktivierte App als verpflichtendes Zutrittselement vorzuschreiben. Zumal der Bundesrat bei anderen oft willkürlichen und nutzlosen Vorschriften, wie derjenigen zur Nichtöffnung von Campingplätzen, wenig Zurückhaltung zeigte. Das hätte keine zusätzlichen Kosten und keinen Mehraufwand für die Veranstalter und Gastronomen gebracht. Die App hätte einen sinnvollen Einsatzbereich bekommen und wäre von so vielen Menschen eingesetzt worden, damit sie die Kosten für die Entwicklung auch gerechtfertigt hätte.

Stattdessen jammert man lieber darüber, dass die Akzeptanz der App dürftig und dass man mit dem Contact Tracing überfordert sei. Beides Themen, die man mit der App als obligatorischem Zutrittsticket zu Orten, die eine erhöhtes Ansteckungspotential bergen, adressieren könnte.

Der Charme einer ungeheizten Kaserne
Nach der ersten trockenen Version der App, die man unter hohem Zeitdruck entwickeln musste, fehlte offenbar auch der Wille, daraus ein echtes Produkt zu machen. Keine Releaseplanung, keine Ankündigung für neue Features, keine Social-Media-Elemente, keine Gaming-Komponenten. Eine App von Virologen für ein paar Nerds, aber nichts, das Jugendliche und U30-Anwender (das Altersegment, das aktuell für die grösste Verbreitung des Viruses sorgt) auch nur in Ansätzen begeistern könnte. Ein Blick auf die Erfolgsgeschichte von Pokémon Go hätte genügt, um sich einige Inspirationen zu holen.

Europa arbeiten an der Interoperabilität der Apps zum einfacheren Reisen
So zum Beispiel könnte man fast in Echtzeit Hotspots der Verbreitung anzeigen, über neueste Entwicklungen informieren, grosse Menschenansammlungen als Heatmaps anzeigen und das Contact Tracing viel interaktiver gestalten. So wie sich die App aktuell präsentiert, strahlt sie den Charme einer ungeheizten Kaserne aus. Da darf man sich dann auch nicht wundern, dass sich die wöchentlichen Downloadzahlen im homöopathischen Bereich bewegen und der Nutzen irgendwo in den Tiefen der Nachkommastellen verschwindet. Das einzig wirklich Grosse im Millionenbereich bleiben so die Entwicklungskosten.

Das Fremdeln der Benutzer mit der App ist verständlicher als das Fremdeln der verantwortlichen Behörden und Politiker mit der neuen Technologie. Statt diese gezielt zur Eindämmung der Pandemie einzusetzen, zelebrieren sie Papier bei der Kommunikation und vor dem Gesicht. Währenddessen forciert die EU die Kompatibilität zwischen Tracing Apps verschiedener Länder, damit die BürgerInnen auf Reisen in Europa eine einzige App nutzen können. Die Schweiz ist da natürlich nicht dabei und ein Fax-Interface ist nach letzten Stand nicht geplant.

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