Erfolge für SVP und FDP in Wirtschafts-Sonderdebatte im Nationalrat
Bern – Ja zur Begrenzung der Zahl der Vollzeitstellen beim Bund und zu günstigeren Bedingungen für Investitionen, Nein zu einer Digitalsteuer für grosse Tech-Unternehmen. In der grossen Wirtschafts-Sonderdebatte im Nationalrat hat sich im Wesentlichen das bürgerliche Lager durchgesetzt.
Die grosse Kammer fällte ihre Entscheidungen am Montag in einer Sonderdebatte über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz und den Erhalt von Arbeitsplätzen, die Stärkung des Werkplatzes und die Kaufkraft.
Insgesamt hatte der Rat in der ausserordentlichen Session über zehn thematisch sehr unterschiedliche Motionen und zwei Postulate aus den Reihen von SVP, FDP, Grünen, SP und Mitte zu befinden.
Keine Regulierungsbremse
Die SVP drang dabei nicht nur mit ihrer Forderung nach einer Obergrenze bei den Bundesstellen durch. Eine Mehrheit fand auch ihre Forderung, die Erwerbseinkommen von Arbeitnehmern im AHV-Alter von der direkten Bundessteuer zu befreien. Unterstützung erhielt die Partei dabei von FDP und GLP.
Dagegen verwarf der Rat zwei weitere Motionen aus den Reihen der SVP. Dabei ging es um die Einführung einer Regulierungsbremse und um die Forderung, Krankenkassenprämien sollten bei der direkten Bundessteuer künftig vollständig abgezogen werden können.
Die Forderung, Krankenkassenprämien von den Steuern abziehen zu können, sei nicht neu, räumte Thomas Stettler (SVP/JU) ein. Allerdings habe der Bundesrat frühere Versprechungen, das Kostenwachstum zu stoppen, nicht eingehalten. Im Grunde handle es sich um eine Steuer, da die Menschen verpflichtet seien, sich zu versichern. Und das dafür verwendete Geld müsse auch als Einkommen versteuert werden, obwohl es nicht frei verfügbar sei.
Der Bundesrat wandte mit Erfolg ein, profitieren würden in erster Linie Menschen mit hohen Einkommen. Zudem würde es sich um Symptombekämpfung handeln.
Intensiver Standortwettbewerb
Mehrheiten gab es am Montagabend auch für mehrere Vorstösse aus den Reihen der FDP. Zum einen schlugen die Freisinnigen mit Erfolg eine regelmässige, umfassende Überprüfung von Subventionen und eine Reform der Exportrisikoversicherung vor.
Zum anderen hiess der Nationalrat auch zwei Motionen von FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt (ZH) gut. Er möchte Investitionen und die Forschungstätigkeit mit besseren Rahmenbedingungen fördern. Als mögliches Instrument dazu schlägt er höhere Steuerabzüge vor.
Der Standortwettbewerb werde immer intensiver, sagte Silberschmidt. Früher habe die Schweiz mit tiefen Steuern die hohen Lohnkosten teilweise kompensieren können. Dies habe sich mit der OECD-Mindeststeuer aber geändert. Es brauche daher neue Instrumente.
«Gleiche ideologische Stossrichtung»
Verlangt hatten die ausserordentliche Session neben FDP und SVP auch die Grünen. Sie erhielten eine Mehrheit für ihre Forderung nach Innovationsgutscheinen und mehr Beratungsangeboten für kleine und mittlere Unternehmen.
«Wenn wir wollen, dass auch kleine, hochspezialisierte Unternehmen ihre Produkte marktfähig machen können, müssen wir die Hürden dafür senken», argumentierte Franziska Ryser (Grüne/SG).
Nichts wissen wollte die Ratsmehrheit dagegen von einer Digitalsteuer. Die Zürcher SP-Nationalrätin Min Li Marti forderte mit einer Motion eine gerechte Besteuerung von Online-Plattformen. Sie wollte zudem einheimische und europäische Alternativen zu den grossen Plattformen gezielt gefördert sehen.
Die US-Regierung halte wenig von Europa, sagte Marti mit Verweis auf die neue Sicherheitsstrategie der USA. Die grossen Tech-Konzerne seien teils eng mit der Regierung Donald Trumps verbandelt und verfolgten die gleiche ideologische Stossrichtung.
Bericht zu Industriestrategie
Angenommen wurden weiter zwei Postulate. Das erste davon stammt von Sophie Michaud Gigon (Grüne/VD) und betrifft die Industriestrategie der Schweiz und die bestehenden Abhängigkeiten vom Ausland. Dazu muss der Bundesrat nun einen Bericht erarbeiten.
Es gehe nicht um ein Votum für eine Schweizer Industriepolitik, sondern um eine stringente Strategie angesichts der neuen geopolitischen Realitäten, unterstrich Michaud Gigon. Mehrere bürgerliche Ratsmitglieder hatten ihren Vorstoss mitunterzeichnet.
Darlegen muss die Landesregierung auch, wie das Weiterarbeiten nach Erreichen des Rentenalters steuerlich gefördert werden kann. Dies, da der Rat dazu ein Postulat von Thomas Rechsteiner (Mitte/AI) überwies.
Unklarheiten bei OECD-Regeln
Der Bundesrat hatte nur die Motion zur Reform der Exportrisikoversicherung zur Annahme empfohlen. Für die anderen elf Vorstösse beantragte er ein Nein.
Wirtschaftsminister Guy Parmelin verwies in der Debatte vergeblich auf bereits bestehende Aktivitäten des Bundes und auf den geringen finanziellen Spielraum. Was Steuererleichterungen für Unternehmen angeht, machte er geltend, es sei noch unklar, welche Massnahmen mit den Regeln der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vereinbar seien.
Die angenommenen Motionen gehen an den Ständerat. (awp/mc/ps)