Grosse Rochade im Bundesrat

Grosse Rochade im Bundesrat
(Foto: Parlamentsdienste 3003 Bern)

Bern – Im Bundesrat kommt es zu einer Departementsrochade: Mit Viola Amherd erhält die Schweiz zum ersten Mal eine Verteidigungsministerin, Karin Keller-Sutter wird Justizministerin. Simonetta Sommaruga geht ins Uvek und Guy Parmelin wird Wirtschaftsminister.

Der Bundesrat fand keine einvernehmliche Lösung für die Verteilung der Departemente. Er entschied per Abstimmung, wie Bundesratssprecher André Simonazzi am Montag vor den Bundeshausmedien sagte. Auf die Frage, ob das nicht ein schlechter Start für das neue Gremium sei, sagte Simonazzi, es sei nicht das erste Mal, dass eine Abstimmung nötig gewesen sei.

Das Problem war offenbar vor allem, dass niemand das Verteidigungsdepartement (VBS) übernehmen wollte. Dieses geht nun an die neu gewählte CVP-Bundesrätin Viola Amherd. 23 Jahre lang war das Departement in den Händen der SVP.

VBS kein SVP-Departement
Für den bisherigen Verteidigungsminister Guy Parmelin ist dies denn auch der Hauptgrund für den Wechsel: Das Departement gehöre nicht einer einzigen Partei, sagte er. Der Moment sei gekommen, dass eine andere Partei es übernehme. Dies werde das VBS stärken.

Parmelin betonte, das VBS sei kein Departement zweiter Klasse, wie in den vergangenen Tagen zu lesen gewesen sei. Es sei ein Departement mit engagierten Mitarbeitenden, das für die Sicherheit der Schweiz wichtig sei.

Grosses Geschäft unerledigt
Dass er seiner Nachfolgerin mit der Beschaffung neuer Kampfflugzeuge ein grosses unerledigtes Geschäft überlässt, sieht der scheidende Verteidigungsminister nicht als Problem. Das Geschäft sei auf gutem Weg, sagte er. Der Bundesrat werde die Beschaffung dem Parlament in Form eines Planungsbeschlusses vorlegen.

Parmelin wies auch darauf hin, dass es schon Bundesräte gegeben habe, die früher als nach drei Jahren im Amt das Departement gewechselt hätten. In der Bilanz seiner Zeit als Verteidigungsminister erwähnte er die Armeereform und das neue Nachrichtendienstgesetz, die beide noch von seinem Vorgänger aufgegleist worden waren. Auch auf das neue Spesenreglement im VBS wies Parmelin hin.

Schlüsselrolle in der Europapolitik
Welche Schwerpunkte er im neuen Departement setzen will, wollte Parmelin noch nicht verraten. Das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) ist für die flankierenden Massnahmen zuständig und spielt damit eine Schlüsselrolle in der Europapolitik. Wenn das Rahmenabkommen überhaupt noch eine Chancen haben soll, muss der neue Departementschef die Sozialpartner ins Boot holen. Dafür braucht er ebenso viel Fingerspitzengefühl wie Durchsetzungskraft.

Parmelin stellte dazu fest, sein Vorgänger habe es in diesem Dossier nicht einfach gehabt. Er werde das Gespräch suchen. Zu den weiteren Themen im WBF gehört die Landwirtschaftspolitik.

Wunschdepartement erhalten
Zufrieden mit der Departementsverteilung zeigte sich auch Simonetta Sommaruga. Das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) sei zuoberst auf ihrer Liste gestanden, sagte sie auf eine entsprechende Frage. Nach acht Jahren im Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) sei der richtige Zeitpunkt gekommen, um in einem anderen Departement noch einmal etwas zu bewegen. Sie freue sich darauf, sagte Sommaruga.

Mit dem Wechsel ins Uvek kehre sie zu ihren politischen Wurzeln zurück. Im Parlament habe sie sich intensiv mit den Dossiers Umwelt und Energie beschäftigt. Im Uvek werde vieles gemacht, was die Schweiz zusammenhalte. «Die ganze Bevölkerung soll auch in Zukunft auf eine hervorragende Infrastruktur zählen können», sagte Sommaruga und lobte die Arbeit ihrer Vorgängerin, von welcher sie auch gleich den Dienstwagen übernehmen will.

Asylreform durchgeführt
Vor den Medien blickte sie auf ihre Zeit im EJPD zurück. Sie habe in diesen acht Jahren zahlreiche spannende und heikle Projekte betreut und viele davon abgeschlossen. Dazu gehört die grosse Asylreform.

Sommaruga führte aber auch gesellschaftpolitische Reformen durch, darunter jene zum Sorge- und zum Unterhaltsrecht. Zudem setzte sie sich für Lohngleichheit ein. Die Pflicht für grosse Unternehmen zur Lohnanalyse kommt diese Woche im Parlament in die Schlussabstimmung.

Erneut Nicht-Juristin im EJPD
Wichtig sei ihr auch gewesen, blinde Flecken in der Gesellschaft zu erkennen, etwa Frauenhandel. Und: «Bei den Verdingkindern haben wir endlich hingeschaut.» Sommaruga hatte das EJPD vor acht Jahren gegen ihren Willen übernehmen müssen. Sie habe die Arbeit aber mit Leidenschaft gemacht, betonte sie. Mit Karin Keller-Sutter (FDP) übernimmt nun erneut eine Nicht-Juristin das Departement. Allerdings war sie früher St. Galler Justizdirektorin.

Im Uvek stehen zahlreiche Herausforderungen an, von der Umsetzung der Energiestrategie über die Klimapolitik bis zur Steuerung der bundesnahen Betriebe. Die neu gewählte CVP-Bundesrätin Viola Amherd hätte sich ebenfalls dafür interessiert. Die CVP muss nun mit dem VBS Vorlieb nehmen, die FDP verliert das Wirtschaftsdepartement. (awp/mc/ps)

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