Mit positiver Inflation sind Negativzinsen «erst einmal» vom Tisch

Neuenburg – Die Inflation in der Schweiz ist überraschend zurück im positiven Bereich. Nach der Leitzinssenkung auf null Prozent durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) erst vor rund zwei Wochen sind Negativzinsen damit unwahrscheinlicher geworden.
Die Teuerung stieg im Juni laut dem Bundesamt für Statistik (BFS) auf +0,1 Prozent. Im Vormonat waren es -0,1 Prozent gewesen, und die von der Nachrichteagentur AWP befragten Experten hatten im Vorfeld auch für den Juni fast unisono mit erneut -0,1 Prozent gerechnet. Damit bleibt es nun aber vorerst bei dem negativen Ausreisser im Mai, als die Inflation erstmals seit gut vier Jahren (März 2021) wieder negativ ausgefallen war.
Seither war sie im Zuge der Nach-Corona-Verwerfungen und den explodierenden Energiepreisen infolge des Ukraine-Krieges auf bis zu 3,5 Prozent im Sommer 2022 nach oben geschossen – ehe sie wieder zurückgegangen war. Letztmals über 2 Prozent lag sie im Frühling 2023, seit dem September 2024 notiert sie unter 1 Prozent.
Zwar keine akuten Deflationsrisiken, …
«Mit dem heutigen Zahlenmaterial sollten weitere Negativzinsdiskussion zunächst vom Tisch sein», schreibt VP-Bank-Chefökonom Thomas Gitzel in einem Kommentar. Er rechne deshalb für die September-Sitzung der SNB mit gleichbleibenden Zinsen.
Mit Verweis auf die Kerninflationsrate sagt Gitzel auch, es sei «keineswegs so, dass in der Schweiz akute Deflationsrisiken erkennbar wären». Die Kerninflation – ohne frische und saisonale Produkte, Energie und Treibstoffe – stieg im Juni im Vergleich zum Vorjahreswert auf +0,6 Prozent von +0,5 Prozent im Mai.
Binnenwirtschaftlich sei die Inflation durchaus spürbar, so Gitzel weiter. Die Mieten hätten etwa 2,6 Prozent zugelegt. Insgesamt stiegen die Konsumentenpreise bei den Inlandgütern im Vergleich zum Vorjahr um 0,7 Prozent nach 0,6 Prozent im Mai, bei den Importgütern lag die Teuerung hingegen bei -1,9 Prozent nach -2,4 Prozent.
… aber auch kaum Teuerung
Die Teuerung insgesamt sei etwas höher ausgefallen als erwartet, fasst Claude Maurer, Chefökonom bei BAK Economics, auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP zusammen. Aber die zugrundeliegende Entwicklung bleibe gleich: «kaum Teuerung in der Schweiz und weiterhin Deflationsdruck aus dem Ausland».
«Das Preiswachstum der Inlandgüter und der Kerninflation ist zwar niedrig, liegt aber klar im Zielbereich der SNB», sagt zudem Kevin Gismondi von der ZKB. Er rechne nach wie vor damit, dass Basiseffekte zu einem Anstieg der Gesamtinflation in der zweiten Jahreshälfte führen dürften. Auch der ZKB-Experte rechnet mit keiner weiteren Zinssenkung.
Für 2025 rechnen die meisten Ökonomen weiterhin mit einer leicht positiven Teuerung von zwischen +0,1 Prozent bis +0,3 Prozent. Damit dürfte die Inflationsrate auf Gesamtjahresbasis ohnehin positiv bleiben, aber eine rasche Rückkehr zu deutlich höheren Inflationsraten ist auch nicht in Sicht.
SNB kann etwas aufatmen
Erst vor knapp zwei Wochen hatte die SNB erneut auf die anhaltend tiefe Inflation hierzulande reagiert und den Leitzins um 25 Basispunkte auf 0,00 Prozent gesenkt. Notenbank-Chef Martin Schlegel signalisierte zudem, dass die Währungshüter – wenn irgendwie möglich – Negativzinsen vermeiden wollten, aber auch nicht gänzlich ausschliessen könnten.
Das Zielband der SNB für die Teuerungsrate liegt zwischen 0 und 2 Prozent. Sie selbst rechnet 2025 – bei einem angenommen Leitzins von 0 Prozent – mit einer Inflation von +0,2 Prozent. (awp/mc/ps)