KOF Konjunkturprognose Herbst 2016: Zurück zu moderatem Wachstum

KOF Konjunkturprognose Herbst 2016: Zurück zu moderatem Wachstum
(Bild: © Kurhan - Fotolia.com)

Zürich – Nach einer Durststrecke erholt sich die Schweizer Wirtschaft langsam wieder. Mit der weiteren Belebung der Weltwirtschaft nimmt die Nachfrage nach Schweizer Waren und Dienstleistungen im Prognosezeitraum (bis 2018) langsam zu. Die Konjunktur findet auf einen moderaten Wachstumskurs mit einem BIP-Anstieg von 1.6% in diesem und 1.8% im Jahr 2017 zurück. Dadurch dürfte sich der Arbeitsmarkt langsam erholen. Die Teuerung wird 2017 wieder positiv, sie nimmt aber nur sehr leicht zu. Der private Konsum wächst solide, erhält aber keinen deutlichen zusätzlichen Auftrieb.

Internationales Umfeld
Wie in den vergangenen Quartalen wird die Weltwirtschaft weiterhin moderate Zuwächse verzeichnen. Die grössten Wachstumsbeiträge kommen aus den Schwellenländern. Allerdings werden die Wachstumsraten in China im Zuge des dortigen strukturellen Wandels sukzessive geringer, während der wirtschaftliche Aufschwung in Indien beständig bleiben dürfte. Bleiben die politische Entwicklung und die Rohstoffpreise stabil, sind auch aus Russland und Brasilien wieder positive Beiträge zur weltwirtschaftlichen Entwicklung zu erwarten.

Die KOF geht für ihre Konjunkturprognose davon aus, dass durch den angestrebten Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU weder kurz- noch mittelfristig grössere Verwerfungen entstehen und die Wirtschaft im Vereinigten Königreich weiterhin durch eine etwas expansivere Fiskal- und Geldpolitik unterstützt wird, so dass die Abschwächung der Wirtschaftsleistung beschränkt bleibt. Damit dürfte auch der Effekt auf den Euroraum gering bleiben. Die moderate Erholung im Euroraum setzt sich somit fort.

Schweizer Konjunktur
Nach einem von der Aufhebung des Mindestkurses geprägten Jahr 2015 verbessern sich die Rahmenbedingungen für die schweizerische Wirtschaft zusehends. Allerdings zeigen die offiziellen Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) zur Branchenentwicklung im vergangenen Jahr, dass die Industrie wesentlich stärker von der Frankenaufwertung betroffen war, als bislang erwartet wurde. Das bisherige Bild, dass die Industrie ihre mengenmässige Produktion unter Inkaufnahme von grossen Margenverlusten steigern konnte, muss revidiert werden. Die offiziellen Zahlen zeigen, dass die Preisrückgänge wesentlich geringer waren als in den ersten Schätzungen. Den Angaben des BFS zufolge nahm die Industrieproduktion um 0.9% ab und trug damit –0.2 Prozentpunkte zum BIP-Wachstum bei. Den stärksten Rückgang verzeichneten jedoch die Banken (–9%), die einen negativen Wachstumsbeitrag von –0.5 Prozentpunkten lieferten. Somit stehen die Unternehmen in der Schweiz weiterhin unter Druck, die Betriebsabläufe zu optimieren bzw. effizienter zu gestalten.

Schleppende Erholung auf dem Arbeitsmarkt
Die Situation am schweizerischen Arbeitsmarkt war in diesem Jahr von den Nachwirkungen der Konjunkturabschwächung des vergangenen Jahres geprägt. Das kräftige Beschäftigungswachstum der letzten Jahre konnte in den vergangenen Quartalen nicht mehr erreicht werden. Als Folge stieg die Arbeitslosigkeit. Die Zuwanderung war in den ersten Quartalen dieses Jahres ebenfalls niedriger.

Zwar wird sich der Arbeitsmarkt in der zweiten Jahreshälfte und im kommenden Jahr langsam erholen. Dennoch belasten die zögerliche Entwicklung des Aussenhandels, eine gedämpfte Konsumentenstimmung und strukturelle Probleme in gewissen Sektoren – wie beispielsweise eine tiefe Profitabilität in einigen Industriebranchen und im Bankensektor – die Beschäftigungsentwicklung. Aufgrund des gemächlichen Beschäftigungsaufbaus im Prognosezeitraum bildet sich auch die Arbeitslosigkeit kaum zurück. Saisonbereinigt dürfte die Arbeitslosenquote gemäss SECO in diesem Jahr 3.3%, im nächsten und übernächsten Jahr dann 3.4% betragen. Die Arbeitslosenquote gemäss International Labor Organization (ILO) wird bis Ende 2018 jährlich bei 4.6% liegen.

Gedämpfte Konsumlaune der Verbraucher
In den kommenden Quartalen dürfte das Wachstum der Konsumausgaben bescheiden bleiben, da die privaten Haushalte nach wie vor skeptisch sind. Insgesamt wird das real verfügbare Einkommen dieses Jahr um 1.3% zulegen, während die vollzeitäquivalente Beschäftigung stagnieren dürfte. Im Jahresergebnis nimmt der private Konsum 2016 um 1% zu.

Mit der leichten Zunahme der Beschäftigung im Prognosezeitraum geht auch eine positivere Einkommensentwicklung in den kommenden zwei Jahren einher. Jedoch steigen die privaten Konsumausgaben im Jahr 2017 lediglich mit 1.2%, was zu einer höheren Sparquote führt. Im Jahr 2018 dürfte das real verfügbare Einkommen etwas schwächer steigen, unter anderem aufgrund einer leicht höheren Abschöpfungsquote und wieder leicht steigenden Preisen. Somit wird der private Konsum 2018 um 1.1% zunehmen.

Seit Anfang 2015 war die Preisentwicklung von der Anpassung an die neue Wechselkursrealität geprägt. Die Vorjahresteuerung, gemessen am Landesindex der Konsumentenpreise, lag im August nur noch leicht im negativen Bereich. Dazu beigetragen hat die Stabilisierung des Ölpreises bei knapp unter 50 US-Dollar in den letzten Monaten. Damit bleibt die Teuerungsprognose für 2016 unverändert bei –0.4%. Wegen der erwarteten schwachen Nominallohnentwicklung und einer unterdurchschnittlichen Entwicklung der Mieten bleibt der Teuerungsdruck aber weiterhin gering. Für 2017 erwartet die KOF eine geringfügig positive Jahresteuerung von 0.2% und für 2018 dann einen kaum höheren Wert von 0.3%.

Bauinvestitionen erholen sich, Ausrüstungsinvestitionen geprägt von Sonderfaktoren
Die momentane Investitionsneigung in der Privatwirtschaft ist verhalten. Die KOF geht von einer Stagnation der Bauwirtschaft in diesem Jahr aus. Allerdings sind die Finanzierungsbedingungen nach wie vor attraktiv und das wirtschaftliche Umfeld verbessert sich kontinuierlich. Wegen dieser guten Fundamentaldaten sowie hoher Investitionen in Spitalbauten und in Infrastrukturprojekten erholen sich die Bauinvestitionen mit einem Zuwachs von 1.2% im nächsten Jahr und 2.2% im Jahr 2018.

Die Entwicklung der Ausrüstungsinvestitionen ist durch die Auslieferung von bereits seit Langem bestellten Schienen- und Luftfahrzeugen geprägt. Durch den erwarteten Verlauf dieser Sonderfaktoren sinken die Ausrüstungsinvestitionen im nächsten Jahr um –0.4% und erholen sich erst 2018 wieder (3%).

Aussenhandel: Exportwachstum dank Pharmaindustrie
Die schweizerische Exportwirtschaft scheint auf den ersten Blick den Frankenschock vom Vorjahr angesichts eines soliden Exportwachstums im ersten Halbjahr 2016 verdaut zu haben. Allerdings war die Exportentwicklung in den vergangenen Quartalen sehr unterschiedlich: So sind vor allem die Exporte pharmazeutischer Produkte stark angestiegen. Nach den Rückschlägen im vergangenen Jahr belebt sich der Handel mit den EU-Ländern, welche für die Schweiz nach wie vor den wichtigsten Exportmarkt bilden, zunehmend. Für das zweite Halbjahr rechnet die KOF entsprechend mit einer zögerlichen Exportentwicklung. Erst im nächsten Jahr dürfte eine etwas breiter abgestützte Exporterholung einsetzen. Bei den Importen prognostiziert die KOF für dieses Jahr eine schwache Entwicklung. Nächstes Jahr dürften die Importe von Waren und Dienstleistungen wieder stärker zulegen. Neben der positiven Entwicklung im Exportsektor sind hier zusätzliche Investitionsgüterimporte massgeblich.

Der Druck auf den Schweizer Franken wird anhalten und die Schweizerische Nationalbank wird ihre expansive Geldpolitik mit Negativzinsen eine Weile fortsetzen müssen, um weiterhin Gegensteuer geben zu können. Die KOF geht im gesamten Prognosezeitraum von einem stabilen Wechselkurs gegenüber dem Euro von 1.10 aus. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen prognostiziert die KOF für 2016 einen BIP-Anstieg von 1.6%, der sich in den Jahren 2017 und 2018 mit 1.8% respektive 1.9% noch leicht erhöhen dürfte. Damit behält die KOF ihre bisherige Einschätzung für das Jahr 2017 nahezu bei. (KOF/mc/ps)

Weitere Informationen zur KOF Konjunkturprognose finden Sie hier:
www.kof.ethz.ch/prognosen-indikatoren/prognosen/kof-konjunkturprognosen.html.

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