Alle 26 Kantone weisen 2022 schwarze Zahlen aus

Alle 26 Kantone weisen 2022 schwarze Zahlen aus
Wappen der 26 Schweizer Kantone.

Bern – Erstmals seit 14 Jahren weisen alle Kantone in ihren Staatsrechnungen 2022 schwarze Zahlen aus. Eine vorsichtige Budgetierung, aussergewöhnlich hohe Steuereinnahmen und die hohe Gewinnausschüttung der Nationalbank sind die Gründe dafür.

Die Kantone schlossen damit 2022 um rund 4,59 Milliarden Franken besser ab als budgetiert, wie eine Zusammenstellung der Nachrichtenagentur Keystone-SDA ergeben hat. Laut Zahlen der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK) schrieben letztmals 2008 alle Kantone schwarze Zahlen.

Das zweitbeste Ergebnis seit dem Vorliegen der entsprechenden Daten (1999) gab es 2007, als lediglich das Tessin und Appenzell-Ausserrhoden rote Zahlen schrieben. 2021 hatten fünf Kantone negative Ergebnisse verzeichnet.

Robuste Schweizer Volkswirtschaft
Dass alle Kantone im Plus abgeschlossen haben, ist für Martin Mosler, Bereichsleiter Fiskalpolitik am Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) an der Universität Luzern, überraschend. Immerhin habe es einige Faktoren ausserhalb der kantonalen Handlungsmacht gegeben, etwa die unsichere geopolitische Lage durch den russischen Angriffskrieg oder der Druck durch die globale Inflationswelle. «Dass die kantonalen Budgets solche Schocks dennoch überstanden, zeugt von der robusten Schweizer Volkswirtschaft», so Mosler auf Anfrage.

Die praktisch durchgehend besseren Abschlüsse als budgetiert erklärte FDK-Präsident Ernst Stocker bereits vor einem Monat damit, dass die Kantone ihre Budgets für das Jahr 2022 noch 2021, also mitten in der Corona-Pandemie, erstellt hatten. Die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt hätten sich aber besser als damals erwartet entwickelt. Positiv ausgewirkt habe sich die sehr hohe Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank (SNB).

Grosse Kantone mit ausserordentlich guten Abschlüssen
Auffallend ist bei den vorliegenden kantonalen Staatsrechnungen, dass insbesondere die grossen Kantone Zürich und Bern, aber auch die beiden Basel und Genf ausserordentlich gute Abschlüsse ausweisen.

Zwischen 200 und 300 Millionen Franken besser als erwartet schlossen die Kantone Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Luzern, St. Gallen und Graubünden ab. Über 100 Millionen Franken höher als budgetiert waren die Überschüsse in den Kantonen Zug, Aargau, Solothurn und Tessin.

SNB-Gewinnausschüttung
Um mehr als eine Milliarde Franken besser als erwartet schloss Zürich seine Jahresrechnung ab. Verschätzt hatte sich der Kanton insbesondere bei den Steuereinnahmen. 964 Millionen Franken mehr als erwartet gingen ein. Nicht planbare Mehreinnahmen waren auch die hohe SNB-Ausschüttung und die höhere Gewinnausschüttung der Zürcher Kantonalbank.

Auch im Kanton Bern fielen die Steuereinnahmen schliesslich um 174 Millionen Franken höher aus als budgetiert. Ohne die SNB-Zahlung von 480 Millionen Franken hätte aber dennoch ein Minus von gut 122 Millionen Franken resultiert, rechnet Mosler vor. So schloss der Kanton seine Jahresrechnung schliesslich mit einem Gewinn von 358 Millionen Franken ab. Der Voranschlag wies ein Defizit von 88 Millionen Franken aus.

Die unerwartet hohen Steuererträge einiger Kantone sind laut Mosler wahrscheinlich getrieben durch die Erholung von der Corona-Krise. Zehn der 26 Kantone hätten zudem konservativ ohne die SNB-Gewinnausschüttung budgetiert. Darüber hinaus gab es auch kantonal spezifische Faktoren. Beispielsweise generierte der Kanton Wallis durch den florierenden Immobilienmarkt zusätzliche Einnahmen.

In einigen Kantonen wäre wohl auch ohne die SNB-Ausschüttung ein Überschuss möglich gewesen, da es teilweise aufgrund der guten Arbeitsmarktsituation zu unerwartet hohen Steuererträgen gekommen sei, stellt Mosler fest. In Basel-Stadt betrug der Überschuss 217 Millionen Franken bei einem SNB-Beitrag von 91 Millionen. Der Grund dafür waren auch hier um 224 Millionen höhere Steuererträge als budgetiert.

Rekordüberschuss in Genf
Aussergewöhnlich hohe Steuereinnahmen von 9,269 Milliarden Franken sind auch für den rekordhohen Ertragsüberschuss von 727 Millionen in der Genfer Kantonsrechnung verantwortlich. Ohne die zusätzlichen Abschreibungen von 606 Millionen aus der Haushaltsreserve im Zusammenhang mit der Rekapitalisierung der Vorsorgekasse des Staates Genf hätte der Gewinn sogar 1,3 Milliarden betragen.

Als einzige Kantone schlechter als budgetiert abgeschlossen haben Nidwalden und Neuenburg. Die Nidwaldner Staatsrechnung schloss mit einem Überschuss von 1,2 Millionen Franken ab – budgetiert war ein Plus von 1,5 Millionen Franken. Der Kanton äufnete allerdings 28 Millionen Franken an Reserven.

In Neuenburg betrug der Ertragsüberschuss 6,4 Millionen Franken gegenüber budgetierten 10,3 Millionen Franken. Der Kanton bildete aber ebenfalls zusätzliche Rückstellungen von 61,6 Millionen Franken zur Deckung verschiedener Risiken, unter anderem im Gesundheitsbereich. Auch im Steuerbereich wurde eine Rückstellung von 13,9 Millionen Franken verbucht. (awp/mc/pg)

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