Krankenversicherung: Prämienausgleich für 800 Mio Franken gutgeheissen

Krankenversicherung: Prämienausgleich für 800 Mio Franken gutgeheissen
(Foto: 18percentgrey - Fotolia.com)

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Bern – Für das Problem der in einigen Kantonen zu viel und in anderen zu wenig bezahlten Krankenkassenprämien hat der Ständerat am Dienstag eine Lösung verabschiedet. Die Prämien sollen bis auf das Jahr 1996 zurück ausgeglichen werden. Aufkommen dafür sollen der Bund und die Versicherten.

Nach mehreren Anläufen hat endlich ein Vorschlag zum Ausgleich der zu viel und zu wenig bezahlten Krankenkassenprämien eine Parlamentskammer passiert. Ohne Gegenstimme hiess der Ständerat eine Lösung gut, die auf einem Kompromiss der Mehrheit der kantonalen Gesundheitsdirektoren basiert. Der Vorschlag sieht vor, dass die zwischen 1996 und 2011 zu viel oder zu wenig bezahlten Krankenversicherungsprämien mit einem Betrag von 800 Mio CHF kompensiert werden. Effektiv bezahlten die Versicherten in den «Verlierer-Kantonen» allerdings 1,7 Mrd CHF zu viel in dieser Zeit.

Prämienzahler werden zur Kasse gebeten
Finanziert werden soll der Ausgleich je zu einem Drittel vom Bund, von den Versicherten in den begünstigten Kantonen sowie von den Krankenkassen. Letztere können dazu überschüssige Reserven anzapfen oder einen Prämienzuschlag bezahlen. Im Endeffekt bezahlen die Prämienzahler auch diesen Teil.

Verzicht auf Vergütung der CO2-Abgabe
Der Versichertenbeitrag wird dadurch eingezogen, dass die Prämienzahler in den Kantonen mit zu tiefen Prämien in der Vergangenheit bis zu drei Jahre lang auf die rund 50-fränkige Vergütung aus der CO2-Abgabe verzichten müssen. Der Bund trägt pauschal 266 Mio CHF über drei Jahre bei. Wer in einem Kanton wohnt, in dem die Prämien zu hoch waren, erhält einen Prämienabschlag.

Keine Begeisterung
Im Ständerat und bei Bundesrat Alain Berset war die Begeisterung für die Lösung nicht gross. Die Lösung sei ein politischer Kompromiss und werde nicht jedem Einzelfall gerecht, sagte Christine Egerszegi (FDP/AG) im Namen der vorberatenden Kommission. Wegen Wohnorts- und Krankenkassen-Wechseln dürften einige Personen auch zweimal zur Kasse gebeten werden. «Es war, ist und bleibt ein Murks», sagte Urs Schwaller (CVP/FR). Er stimme zwar zu, damit es endlich eine Lösung gebe, aber ohne Herzblut. Hans Stöckli (SP/BE) sprach von der «am wenigsten schlechten Lösung». Joachim Eder (FDP/ZG) warnte davor, mit der Diskussion über den Ausgleich der Einheitskassen-Initiative Vorschub zu leisten.

Alex Kuprecht (SVP/SZ) kritisierte das Säbelrasseln – vor allem aus der stark betroffenen Westschweiz – das zur Lösung geführt habe. Erst nach kantonalen Interventionen trat die Gesundheitskommission auf eine Lösung ein. Der Versicherungsvertreter erinnerte zudem daran, dass das Bundesamt für Gesundheit (BAG) über Jahre Prämien genehmigt habe, die nicht den effektiven Kosten entsprochen hätten.

Keine Korrekturmöglichkeit
Gesundheitsminister Berset verwahrte sich indes jeder Kritik an seinen Vorgängern im Bundesrat und am BAG. Dieses habe kein Recht, überhöhte Prämien zu senken. Beim Versuch, zu hohe Prämien zu senken, sei das Amt sogar vom Gericht zurückgepfiffen worden. Vorgesehen ist die Möglichkeit der Prämiensenkung erst im neuen Aufsichtsgesetz über die obligatorische Krankenversicherung.

Dieses Gesetz dürfte zu einem Knackpunkt des Prämienausgleichs werden, da die beiden Geschäfte verknüpft sind. Zwar hat der Ständerat das Gesetz gutgeheissen, doch die vorberatende Nationalratskommission will es an den Bundesrat zurückweisen. Zu beiden Vorlagen ist eine hitzige Debatte in der grossen Kammer zu erwarten.

Zahlungen in unbekannter Höhe
Wie viel die Prämienzahler in den einzelnen Kantonen nach dem Kompromiss bezahlen oder erhalten würden, lässt sich derzeit nicht sagen. Die Berechnung erfolgt erst, wenn das Gesetz in Kraft ist. Ziemlich sicher ist, dass die Prämienzahler in den Kantonen Waadt, Genf, Zürich und Tessin zu viel bezahlt haben.

Bekannt sind die Zahlen für die Jahre 1996 bis 2011. Am stärksten betroffen sind in dieser Zeit die Prämienzahler in den Kantonen Waadt und Genf, die pro Kopf insgesamt 955 respektive 883 CHF zu viel bezahlt haben. Es folgen Tessin (429 CHF), Zürich (363 CHF) und Thurgau (318 CHF). Demgegenüber profitierten die Prämienzahler in den Kantonen Jura, Bern, Uri und Glarus am meisten. Sie bezahlten insgesamt 879, 866, 844 respektive 817 CHF zu wenig.

Die Kantone einigten sich eigentlich darauf, für die Berechnung des Saldos für jeden Kanton nur die letzten zwölf Jahre zu berücksichtigen. Der Ständerat entschied sich aber mit 27 zu 10 Stimmen für die volle Zeitdauer bis 1996, um nicht weitere Diskussionen zu provozieren. Die Zahlen ändern sich für die Kantone je nach Periode beträchtlich. (awp/mc/pg)

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