Nationalrat will bei SRG-Konzession nicht mitreden

Nationalrat will bei SRG-Konzession nicht mitreden
SRF Studio Zürich Leutschenbach. (Foto: SRG)

Bern – Das Parlament soll bei der SRG-Konzession nicht mitreden. Das hat der Nationalrat am Dienstag beschlossen, nach einer engagierten Diskussion über den Sinn und Zweck des medialen Service public und die Gefahren politischer Einflussnahme auf Medien.

Mit 99 zu 87 Stimmen bei 4 Enthaltungen lehnte der Rat eine Motion seiner Kommission ab, die beim Auftrag an die SRG eine geteilte Kompetenz forderte: Das Parlament sollte die Rahmenkonzession genehmigen, der Bundesrat die Details in einer Betriebskonzession regeln.

Dafür sprachen sich SVP, FDP und GLP aus. Ihre Fraktionen stimmten aber nicht geschlossen. Nun bleibt es bei der heutigen Regelung, wonach der Bundesrat allein für die Konzession zuständig ist.

Expansion der SRG stoppen
Die Befürworterinnen und Befürworter einer Änderung argumentierten vergeblich, es brauche engere Fesseln für die SRG. Auch sie schätze Sendungen wie die «Tagesschau» oder die «Rundschau», sagte Natalie Rickli (SVP/ZH). «Aber warum macht die SRG das, was Private anbieten oder anbieten könnten?» Die Expansion der SRG müsse gestoppt werden.

Thierry Burkart (FDP/AG) stellte fest, auch private Medienanbieter trügen zur Vielfalt und zum Service public bei. Thomas Müller (SVP/SG) kritisierte, heute sei die SRG in der Hand des Bundesrates. Faktisch sei sie ein «Staatssender».

Politische Einflussnahme
Die Gegnerinnen und Gegner sahen es genau umgekehrt: Heute sei die SRG kein Staatssender, doch sie würde zu einem, wenn das Parlament politisch Einfluss nähme. Die SVP wolle die SRG um jeden Preis schwächen, um sie politisch steuern zu können, sagte Martin Candinas (CVP/GR). Die heutige Autonomie der SRG sei ein Schutz vor populistischen Kräften, welche die Kontrolle über Medien anstrebten.

Edith Graf-Litscher (SP/TG) argumentierte, angesichts der zunehmenden politischen Einflussnahme auf private Medien sei es wichtiger denn je, dass die SRG unabhängig bleibe. In einer direkten Demokratie sei das von grosser Bedeutung. Es gehe um die Frage «Kommerz und fake news» oder «Vielfalt und Qualitätsjournalismus».

Gefährliches SRG-Bashing
Matthias Aebischer (SP/BE) stellte fest, verschiedene Kreise versuchten, die SRG schlecht zu reden. Einige würden davon wirtschaftlich profitieren, andere versuchten dadurch eigene Medienmacht zu erlangen. Regula Rytz (Grüne/BE) befand, es sei höchste Zeit, vom «SRG-Bashing» weg und zu den Fakten zu kommen.

Die SRG sei nicht schuld an der Medienkrise. Es seien die Gratis-Websites und Plattformen wie Facebook, die Werbegelder absaugten. Der Konzentrationsprozess bei den Privaten sei eine viel grössere Herausforderung für die Vielfalt als die angebliche Vorherrschaft der SRG. «Leider werden das viele erst erkennen, wenn immer mehr private Titel in die Hände von ideologisch tickenden Medien-Tycoons à la Walter Frey gelangen sollten», sagte Rytz.

Kein Einfluss aufs Programm
Auch die GLP wolle nicht, dass das Parlament direkt auf die Programmgestaltung Einfluss nehme, antwortete Jürg Grossen (GLP/BE) den Gegnern. Mit einer dualen Kompetenz sei das aber nicht der Fall. Zur Diskussion stand auch, die Zuständigkeit für die Konzession ganz dem Parlament zu übertragen. Diesen Vorstoss aus den Reihen der SVP lehnte der Rat ebenfalls ab.

Der Bundesrat hatte sich auf die Seite der Gegner geschlagen. Schon heute könne das Parlament im Radio- und Fernsehgesetz den Rahmen für die SRG-Konzession festlegen, argumentierte er. Eine geteilte Kompetenz könnte dazu führen, dass die geltende Konzession ausliefe, ohne dass das Parlament eine neue genehmigt hätte.

Leuthard erstaunt über Liberale
Medienministerin Doris Leuthard hob im Rat die Bedeutung der SRG für die Demokratie und den nationalen Zusammenhalt hervor. Auch in der neuen digitalen Welt brauche es eine starke SRG. «Wenn die Politik immer mehr Einflussnahme will – auf Medien, auf die Programmgestaltung – so ist das gefährlich», sagte sie.

Viele Länder würden zunehmend Zensurbestimmungen erlassen. Es seien Länder, die man nicht unbedingt als Vorbild sehe. «Dass ausgerechnet die Schweiz staatliche politische Einflussnahme nur schon debattiert – vor allem auch die Liberalen – das erstaunt mich schon sehr», sagte die CVP-Bundesrätin.

Bündel von Forderungen
Anlass für die Debatte war der Service-public-Bericht des Bundesrates. Die Regierung will das Modell beibehalten, aber mittelfristig ans Internetzeitalter anpassen, damit der Service public auch die junge Generation erreicht. Konkrete Vorschläge für Gesetzesänderungen will der Bundesrat nächstes Jahr vorlegen.

Die vorberatende Kommission des Nationalrates hatte sich mit dem Bericht unzufrieden gezeigt und einen Zusatzbericht verlangt. Insbesondere wollte sie wissen, wo ein Marktversagen vorliege, das staatliches Eingreifen rechtfertige. Der Nationalrat hat diese Berichte nun zur Kenntnis genommen.

Zudem bestellte er einen Bericht, der aufzeigen soll, wie eine unabhängige Aufsichtsbehörde für Radio und Fernsehen geschaffen werden könnte. Über weitere Vorstösse seiner Kommission wird der Rat später entscheiden. Diese hatte ein ganzes Bündel von Forderungen zur SRG formuliert. (awp/mc/upd/ps)

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