Nationalrat einigt sich auf neue Geldwäscherei-Regeln

Nationalrat einigt sich auf neue Geldwäscherei-Regeln
KPMG: Banken und Behörden sind mit verschiedenen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen und mit Geldwäschereien konfrontiert. (Foto: Schlierner - Fotolia.com)

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Bern – Die verschärften Geldwäscherei-Regeln sind unter Dach und Fach. Der Nationalrat hat am Donnerstag nach langem Hin und Her seinen Widerstand aufgegeben und den Antrag der Einigungskonferenz stillschweigend gutgeheissen. Damit ist die Vorlage bereit für die Schlussabstimmung vom Freitag.

Mit den Gesetzesänderungen wollen der Bundesrat und das Parlament die Geldwäscherei-Regeln dem aktuellen internationalen Standard anpassen und so verhindern, dass die Schweiz auf einer schwarzen Liste landet. Massnahmen empfohlen hatte die «Groupe d’action financière» (GAFI), eine von den G-7 ins Leben gerufene Expertengruppe zur Geldwäschereibekämpfung.

Im Nationalrat stiessen die Änderungen auf heftigen Widerstand. Besonders umstritten war der Vorschlag des Bundesrates, Bargeldzahlungen über 100’000 CHF zu verbieten. Der Ständerat wäre damit einverstanden gewesen, doch der Nationalrat wollte nichts davon wissen.

Nicht jeder, der beim Bijoutier für 100’000 CHF Geschenke kaufe und bar bezahle, sei ein Mafioso, lautete der Tenor. Die Befürworterinnen und Befürworter argumentierten vergeblich, es gebe keinen redlichen Grund für Barzahlungen über 100’000 CHF.

Alternative zum Bargeldverbot
Nun haben die Räte eine Alternative zum Bargeldverbot beschlossen: Wenn Händler mehr als 100’000 CHF in bar entgegennehmen, müssen sie künftig genau hinschauen. Sie unterliegen Sorgfaltspflichten. Möchten sie diese nicht wahrnehmen, müssen sie den Kunden zur Bank schicken.

Zu den Pflichten gehört es, die Vertragsparteien und die wirtschaftlich berechtigten Personen zu identifizieren und dies zu dokumentieren. Erscheint ein Geschäft ungewöhnlich oder liegen Anhaltspunkte vor, dass das Geld aus einem Verbrechen oder aus Steuerbetrug stammt, muss der Händler die Hintergründe abklären.

Erhärtet sich der Verdacht, muss er unverzüglich die Geldwäschereimeldestelle benachrichtigen. Betroffen sind unter anderen Immobilien-, Kunst- oder Edelsteinhändler. Bei konkursamtlichen Steigerungen soll eine Bargeldlimite von 100’000 CHF gelten. In der EU müssen Verkäufer ab 15’000 Euro die Identität des Käufers prüfen.

Steuerbetrug als Vortat zu Geldwäscherei
Zu den weiteren zentralen Neuerungen gehört, dass Steuerbetrug als Vortat zu Geldwäscherei gilt, wenn die hinterzogenen Steuern bei mindestens 300’000 CHF pro Steuerperiode liegen. Damit müssen die Banken bei Verdacht auf ein solches Delikt den Kunden der Geldwäschereibehörde melden. Der Bundesrat wollte die Schwelle bei 200’000 CHF ansetzen.

Ursprünglich hatte der Bundesrat ein anderes Kriterium vorgeschlagen. Dies stiess jedoch auf Kritik. Damit greife der Bundesrat der geplanten Revision des Steuerstrafrechts vor, mit welcher Steuerdelikte anders definiert werden sollen, wurde bemängelt. Nach GAFI-Standard müssen schwere Steuerdelikte als Vortaten zu Geldwäscherei gelten – welche Delikte genau, überlässt das Gremium den Staaten.

Transparenz bei Inhaberaktien
Ferner wird mit der Gesetzesrevision Transparenz geschaffen bei Inhaberaktien. Wer Inhaberaktien einer Gesellschaft erwirbt, deren Aktien nicht an der Börse kotiert sind, muss künftig den Erwerb der Gesellschaft melden und sich identifizieren. Die Gesellschaft muss ein Verzeichnis über die Inhaber führen. Der Nationalrat hatte die Vorschrift zunächst auf grosse Gesellschaften beschränken wollen, lenkte aber schliesslich ein.

Die GAFI und auch das «Global Forum» der OECD hatten Ländern mit Inhaberaktien Massnahmen empfohlen, damit Gesellschaften mit Inhaberaktien nicht für Geldwäsche missbraucht werden. Die Behörden sollen auch bei nichtbörsenkotierten Unternehmen Zugang zu den Informationen über die Aktionäre sowie über jene Personen haben, die ein Unternehmen letztlich kontrollieren.

Neuerungen bringt die Gesetzesrevision auch für sogenannte politisch exponierte Personen (PEP). Gegenüber solchen Personen müssen Banken bereits heute erhöhte Sorgfaltspflichten wahrnehmen. Neu gelten jedoch nicht nur Machthaber im Ausland, sondern auch Personen in der Schweiz als PEP, beispielsweise Mitglieder der eidgenössischen Räte. Eine weitere Änderung betrifft kirchliche Stiftungen, die sich neu ins Handelsregister eintragen müssen.

Ruf der Schweiz steht auf dem Spiel
Der Nationalrat hatte die Vorlage zunächst zerzaust. Die bürgerliche Mehrheit bezweifelte, dass der Schweiz ohne die neuen Regeln wirklich Sanktionen drohten. SVP- und FDP-Vertreter warfen Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf vor, das Parlament unter Druck zu setzen und schärfere Bestimmungen als nötig vorzuschlagen.

Im Ständerat stiess diese Haltung auf harsche Kritik. Der Nationalrat manövriere die Schweiz mit seinem Trotz in eine unmögliche Situation, hiess es. Die Schweiz brauche nicht Musterschülerin zu sein, doch sie müsse die GAFI-Empfehlungen so umsetzen, dass sie beim nächsten Länderexamen nicht scheitere.

Auf dem Spiel stünden der Ruf des Landes und der Zugang der Banken zum EU-Markt, warnten die Befürworter strengerer Regeln. Sie wiesen darauf hin, dass das nächste Länderexamen bereits im Februar anstehe. (awp/mc/ps)

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