Nationalrat will «vergessenen Branchen» in der Coronakrise helfen

Nationalrat will «vergessenen Branchen» in der Coronakrise helfen
(Foto: Parlamentsdienste)

Bern – Der Nationalrat möchte die wirtschaftlichen Massnahmen zur Bewältigung der Coronakrise ausweiten. Im neuen Covid-Gesetz sieht er Finanzhilfen für Unternehmen der Event- und der Reisebranche vor. Auch Kulturschaffende und Sportvereine sollen einfacher an Geld kommen.

Lorenz Hess (BDP/BE) sprach im Namen der Mitte-Fraktion von «Nuller-Branchen», denen geholfen werden soll – also Branchen, in denen die Umsätze aufgrund der Corona-Massnahmen ganz weggebrochen sind. Albert Rösti (SVP/BE) erwähnte die Schausteller. Diesen sei die Grundlage zur Ausübung ihres Berufs in den vergangenen Monaten entzogen worden.

Der Nationalrat hat deshalb einen neuen Artikel im Covid-19-Gesetz verankert, der Härtefallmassnahmen für Unternehmen vorsieht. Er nahm am Mittwoch einen Einzelantrag von Nicolo Paganini (CVP/SG) mit 192 zu 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Der Bundesrat hatte in den vergangenen Monaten mehrmals erwähnt, dass er mit den Kantonen nach einer Lösung für Härtefälle suche.

Nach Ansicht der grossen Kammer soll der Bundesrat Unternehmen dann helfen können, wenn diese vor der Coronakrise wirtschaftlich gesund waren und nicht schon von anderen Branchenlösungen profitieren. Da es um Härtefälle geht, sollen auch À-fonds-perdu-Beiträge möglich sein. Bundeskanzler Walter Thurnherr sagte, dass die Kantone aus Sicht des Bundesrats zur Finanzierung beitragen sollten.

Neues Modell für Sporthilfen
Druck auf den Bundesrat macht der Nationalrat bei der Corona-Unterstützung für den Sport. Er beschloss, Darlehen nicht an die Ligen, sondern direkt an die Klubs zu vergeben. Das hatten Nationalräte von fünf verschiedenen Fraktionen mit Einzelanträgen gefordert. Die grosse Kammer nahm die Vorschläge mit 135 zu 34 Stimmen bei 19 Enthaltungen an.

Gemäss der geltenden Verordnung gehen die vom Parlament gesprochenen 350 Millionen Franken an die nationalen Fussball- und Hockeyligen, die das Geld ihrerseits an die einzelnen Klubs weiterleiten sollten. Die Unterstützung ist bisher daran gescheitert, dass die Ligen nicht solidarisch für die Klub-Darlehen haften wollen.

Neu sollen die einzelnen Klubs direkt vom Bund zinslose Darlehen in Höhe von bis zu einem Viertel ihres Betriebsaufwands der vergangenen beiden Jahre erhalten. Die Unterstützung ist auf zehn Jahre befristet. Die Klubs müssen dafür Sicherheiten in Höhe von 25 Prozent leisten. Die Ständeratskommission sieht 35 Prozent vor.

Jene, die das Geld nicht innerhalb von drei Jahren zurückzahlen können, sollen die Löhne um bis zu einen Fünftel kürzen müssen. Darlehen sollen auch an andere professionelle und semiprofessionelle Ligen vergeben werden können

100 Millionen Franken für die Kultur
Das Covid-19-Gesetz enthält auch Massnahmen für die Kultur. Geht es nach dem Nationalrat, soll das Bundesamt für Kultur (BAK) im nächsten Jahr insgesamt bis zu 100 Millionen Franken einsetzen können, um zusammen mit einem oder mehreren Kantonen Kulturunternehmen zu unterstützen. Der Bundesrat hatte höchstens 80 Millionen Franken vorgesehen.

SVP und FDP wehrten sich gegen eine Aufstockung der Finanzhilfen für die Kulturbranche. «Vor dem Hintergrund der angespannten Finanzlage können wir das nicht mittragen», sagte Thomas de Courten (SVP/BL). Die Ratslinke wollte dagegen noch mehr Geld sprechen. Viele Kulturschaffende litten derzeit unter grossen Erwerbsausfällen, argumentierte Léonore Porchet (Grüne/VD). Beide Anträge scheiterten deutlich.

Medienförderung wenig umstritten
Bei den Finanzhilfen für die Medien folgte der Nationalrat deutlich dem Bundesrat. Dieser schlägt vor, die vollen Kosten für die Tageszustellung von abonnierten Tages- und Wochenzeitungen der Regional- und Lokalpresse im Umfang der am 1. Juni 2020 geltenden Tarife zu tragen. Zudem will er sich weiterhin an den Kosten für die Tageszustellung der überregionalen Titel beteiligen – mit 27 Rappen pro Exemplar.

Auch die Abonnementskosten der Basisdienste Text der Nachrichtenagentur Keystone-SDA will der Bund für elektronische Medien übernehmen – so lange, bis das vom Parlament genehmigte Kostendach von 10 Millionen Franken ausgeschöpft ist.

Die Medienförderung gälte so lange, bis das neue Mediengesetz in Kraft träte. Das Massnahmenpaket zugunsten der Medien berät der Nationalrat am Donnerstag. Zuerst schliesst der Nationalrat nun die Beratungen zum Covid-19-Gesetz ab. (awp/mc/pg)

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