NEAT lohnt sich rechnerisch weniger als erwartet

NEAT lohnt sich rechnerisch weniger als erwartet

BAV-Direktor Peter Füglistaler.

Bern – Die NEAT mit Lötschberg- und Gotthardtunnel kostet mehr als geplant, und der Betrieb wird teurer als angenommen. Dadurch hat sich laut einer Studie im Auftrag des Bundes die Wirtschaftlichkeit des Bauwerks erneut verschlechtert. Für die Volkswirtschaft bleibt ein Nutzen.

Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat, wie gesetzlich verpflichtet, die Wirtschaftlichkeit der Neuen Eisenbahn-Alpen-Transversale (NEAT) neu untersuchen lassen. Nach den Erfahrungen mit dem Lötschberg-Basistunnel aktualisierte das Büro Ecoplan die letzten Schätzungen aus dem Jahr 2002, wie das BAV am Dienstag mitteilte. Vor allem wegen des Erfolgs mit dem Lötschberg rechnet Ecoplan damit, dass die NEAT deutlich mehr Güter und Personen bewegen wird als angenommen. Im Schienenverkehr sollen bis 2030 rund 80% der Kapazität ausgeschöpft sein. Für die Bahnen bedeutet das zwar mehr Einnahmen, aber auch die erwarteten Betriebskosten sind in der Zwischenzeit nochmals gestiegen.

Güterverkehr von Beginn weg defizitär
In den ersten Jahrzehnten wird aus dem NEAT-Betrieb ein Überschuss erwartet. Dazu trägt vor allem der Personenverkehr bei, der alleine fast 90 Mio CHF Zusatzertrag pro Jahr abwerfen soll. Keinen Überschuss dürfte der Güterverkehr erzielen. Dem Überschuss von insgesamt 96 Mio CHF stehen jedoch Investitionen von jährlich knapp 87 Mio CHF gegenüber, mit denen die Betreiber die NEAT-Tunnel in Schuss halten müssen. Werden diese Ersatzinvestitionen berücksichtigt, bleiben unter dem Strich laut Ecoplan 9 Mio CHF übrig. Somit verdienen die Bahnen und die Betreibergesellschaften der Tunnel mit der NEAT insgesamt nur wenig mehr, als sie zusätzlich für Betrieb und Unterhalt sowie für den Substanzerhalt ausgeben müssen.

Substanzerhalt: Finanzloch droht
Beim teuren Substanzerhalt droht in der ferneren Zukunft ausserdem ein Finanzloch: In den nächsten Jahren sind zwar kaum Ersatzinvestitionen nötig, doch bis 2070 steigen die Kosten dafür auf rund 300 Mio CHF pro Jahr. Zu finanzieren sei dies nur mit höheren Trassenpreisen, Subventionen oder einer wirksameren Verlagerungspolitik, hält Ecoplan fest. Die erwarteten 9 Mio CHF Überschuss sind zu wenig, um auch noch die Kapitalkosten für die NEAT-Kredite zu decken. Dass die NEAT ihre Baukosten – nach heutigem Wissensstand sind es 23,8 Mrd CHF – nicht decken kann, ist seit Jahren erwiesen. Dennoch spricht das BAV von einer ausgeglichenen Wirtschaftlichkeit. Weil die NEAT vor allem auch verkehrspolitische Ziele erfüllen soll, genüge eine rein betriebswirtschaftliche Sicht nicht. Der Bund liess deshalb die angefallenen Kosten für die NEAT mit ihrem Nutzen für die Schweizer Volkswirtschaft vergleichen.

NEAT auch volkswirtschaftlich ein Verlust
Auf der Nutzenseite stehen vor allem die kürzere Reisezeit für Menschen und Güter dank der Basistunnel sowie die Entlastung der Umwelt. Allein letzterer Posten schlägt laut der Studie mit jährlich 200 Mio CHF zu Buche. Insgesamt errechnet Ecoplan einen Nutzen von 530 Mio CHF pro Jahr. Die Kosten für das Kapital liegen demgegenüber mit jährlich 560 Mio CHF leicht höher. Rein rechnerisch ist also die NEAT auch volkswirtschaftlich ein Verlust. Jedoch lassen sich nicht alle positiven Effekte der NEAT in CHF und Rappen ausdrücken.

Vorteile nicht vergessen
Nicht berücksichtigt sind beispielsweise die Vorteile für den internationalen Handel, die bessere Erreichbarkeit der Regionen oder die Stärkung des Standorts Schweiz. Ausserdem würden ohne NEAT deutlich weniger Güter auf die Schiene verlagert. Liessen sich diese Vorteile berechnen, so schreibt das BAV, wäre die NEAT kostendeckend und hätte einen Nutzen. Dieser Nutzen fällt allerdings nicht nur in der Schweiz an, wie die Studie zeigt: Profitieren von den schnelleren und günstigeren Nord-Süd-Verbindungen wird vor allem das Ausland. Der Nutzen für die Nachbarländer ist ungefähr dreimal so hoch wie deren Kosten. (awp/mc/ps)

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