Ständerat will Ausnahmeregel ins Kriegsmaterialgesetz schreiben
Bern – Der Ständerat will eine 2021 vom Parlament beschlossene Verschärfung des Kriegsmaterialgesetzes in einem Punkt wieder rückgängig machen. Der Bundesrat soll in Ausnahmefällen von den Bewilligungskriterien abweichen können.
Eine vom Ständerat am Donnerstag angenommene Motion verlangt, dass der Bundesrat von den Bewilligungskriterien für Auslandsgeschäfte abweichen können soll, wenn ausserordentliche Umstände vorliegen. Ebenfalls tun können soll er dies, wenn die Wahrung der aussen- oder sicherheitspolitischen Interessen des Landes es erfordert.
Parlamentskommissionen informieren
Der Bundesrat muss gemäss Motionstext die Sicherheitspolitischen Kommissionen der Räte innert 24 Stunden über seinen Beschluss informieren. Wird die Abweichung von den Bewilligungskriterien per Verordnung umgesetzt, muss diese befristet sein.
Eine linke Minderheit war gegen die mit 27 zu 11 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommene Motion der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates (SIK-S). Die Nein-Stimmen kamen von SP und Grünen sowie aus der Mitte. Nun ist der Nationalrat am Zug.
Neu sei die Motion nicht, sagte Kommissionssprecher Alex Kuprecht (SVP/SZ). Was sie verlange, sei im Ständerat schon einmal diskutiert und abgelehnt worden, unter dem Druck der Korrekturinitiative und in der Diskussion über den indirekten Gegenvorschlag.
Wolle man die Milizarmee abschaffen, könne man dies, indem man die hiesige Rüstungsindustrie kaputt mache, ergänzte Werner Salzmann (SVP/BE). Die Rüstungsindustrie habe wegen der Wiederausfuhrklausel bereits Anzeichen, weniger exportieren zu können.
Daniel Jositsch (SP/ZH) erinnerte an Medienberichte, wonach an sich korrekt exportiertes Schweizer Kriegsmaterial zum Beispiel im Jemen aufgetaucht sei. Nachdem nun die Initiative zurückgezogen sei, wolle die Mehrheit wieder zurück zum alten Zustand. Die Motion öffne das Scheunentor so weit, wie das nur möglich sei.
Mathias Zopfi (Grüne/GL) sprach von «politisch problematischem Verhalten» der Mehrheit und erinnerte an den Grundsatz, Verträge und Versprechen einzuhalten. Schweizer Lieferungen an die Ukraine seien wegen des Neutralitätsrechts trotz der Ausnahmebestimmung ohnehin nicht möglich.
Das Vorgehen der Mehrheit sei nicht unredlich, widersprach Kuprecht. Auch für Andrea Gmür-Schönenberger (Mitte/LU) hat die Motion nichts mit Wankelmütigkeit zu tun. «Wir haben einen Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine», sagte Josef Dittli (FDP/UR). Die «kleine Ausnahmemöglichkeit» sollte es deshalb wieder geben.
Bei Bedarf rasch reagieren
Wirtschaftsminister Guy Parmelin unterstützte die Motion ebenfalls. Der Bundesrat benötige diese Ausnahmekompetenz, um die Schweizer Interessen zu wahren und bei Bedarf rasch reagieren zu können. Ein Blankoscheck sei das nicht, denn die Bedingungen, um die Ausnahmekompetenz zu nutzen, seien strikte.
Die verschärften Regeln für Waffenexporte aus der Schweiz wurden vom Parlament 2021 als indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer (Korrekturinitiative)» beschlossen. Die Initiative wurde daraufhin zurückgezogen.
Die Ausnahme für Ausfuhren in Länder, die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen, gelten seither nicht mehr, weil das Parlament die Ausnahmeklausel für den Bundesrat strich. (awp/mc/pg)