Bundesrat will Banken zu Zusammenarbeit mit US-Behörden ermächtigen

Bundesrat will Banken zu Zusammenarbeit mit US-Behörden ermächtigen

Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf.

Bern – Die Lösung für die Bereinigung des Steuerstreits mit den USA sieht vor, dass die USA den Schweizer Banken ein unilaterales Programm anbieten werden, wie Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf am Mittwoch vor den Medien ausführte. Im Rahmen dieses Programms können die Banken ihre Vergangenheit regeln. Die Diskussionen mit den USA seien «ziemlich hart» gewesen, sagte die Bundesrätin am Mittwoch zu den rund zweijährigen Gesprächen mit den USA. Das Programm der US-Behörden sei als Angebot zur Regularisierung der nicht versteuerten US-Gelder zu verstehen, es werde nicht verhandelt werden können.

Alles läuft laut Widmer-Schlumpf nach US-Recht. Da dadurch die Banken in Konflikt mit Schweizer Recht kommen könnten, hat der Bundesrat nun ein Gesetz verabschiedet, das in der Schweiz die rechtliche Grundlage bietet. Es basiert auf dem bisherigen Vorgehen für die Zusammenarbeit der Banken mit den US-Behörden, bei dem unter anderem auch Mitarbeiterdaten in die USA geliefert wurden.

Die Banken könnten selbst entscheiden, ob sie auf das Angebot der USA einsteigen wollen oder nicht. Es handle sich um eine «gute Möglichkeit für die Banken, aus dieser Geschichte herauszukommen», sagte Widmer-Schlumpf. Die Banken machten die Regularisierung aber in ihrer eigenen Verantwortung.

Keine Auskunft über Höhe der Bussen
Über Bussen und deren Höhe, die aus der Lösung erwachsen dürften, wollte die Finanzministerin keine Auskunft geben. Das hätten die Verhandlungsdelegation so vereinbart. Bezahlen werden aber die Banken und nicht die Eidgenossenschaft, so Widmer-Schlumpf.

Details zum US-Programm erst nach Behandlung im Parlament
Auch zu den weiteren Details des unilateralen Angebots der USA an die Schweizer Banken wollte sich Widmer-Schlumpf nicht äussern. Auch dies sei mit den US-Behörden so vereinbart worden. Sie erklärte lediglich, dass das Programm zwischen Geschäften vor dem Jahr 2009 und nach 2009 unterscheide. Problematisch dürfte es für Widmer-Schlumpf damit insbesondere für solche Institute werden, welche nach 2009 noch signifikante Geschäfte mit unversteuerten US-Gelder getätigt haben. Sie gehe jedoch nicht davon aus, dass dies viele Banken sein dürften.

Wie Widmer-Schlumpf erklärte, werden die US-Behörden Details zum angebotenen Programm erst nach der Schlussabstimmung im Schweizer Parlament transparent machen. Das Parlament werde damit über das vorgeschlagene dringliche Bundesgesetz ohne Kenntnisse des US-Angebots an die Schweizer Banken befinden müssen. Die Schweiz habe im Rahmen der Verhandlungen bei der Ausgestaltung des Programms mitdiskutiert, so die Finanzministerin.

Kundendaten werden nur über den Weg der Amtshilfe geliefert
Die Lieferung von Kundendaten ist nicht Teil des Gesetzes, das der Bundesrat vorschlägt. Kundendaten würde wie bis anhing nur über den Weg der Amtshilfe geliefert. Der Bundesrat werde aber nach Abschluss der Gesetzesarbeiten erklären, dass er auf die Amtshilfegesuche der USA reagieren werde, sagte Widmer-Schlumpf. Dafür müssten die USA aber zunächst das im Senat blockierte neue Doppelbesteuerungsabkommen ratifizieren.

Widmer-Schlumpf betonte, dass die Lösung nicht auf Notrecht basiere. Es müsse auch kein Recht nachträglich geändert werden. Ohne eine Regelung drohen allerdings Strafklagen gegen Schweizer Banken, die deren Existenz bedrohen könnten.

Angebot gilt jetzt und nicht für Monate
Für den Fall, dass das Parlament dem Gesetz nicht zustimmt, dürften die US-Behörden individuell auf einzelnen Banken zugehen, so die Bundesrätin. Bezüglich der zeitlichen Dringlichkeit erklärte Widmer-Schlumpf, dass die USA klar zum Ausdruck gebracht hätten, dass das angebotene Programm jetzt gelte und nicht für längere Zeit.

Sie versicherte aber, dass es während der Dauer, in der das Programm läuft, keine Klagen gegen weitere Banken von den USA angeklagt werden.

Kein Referendum gegen dringliches Bundesgesetzt möglich
Wie der Botschaft zum vorgeschlagenen Bundesgesetz zu entnehmen ist, würde das Gesetz umgehend nach der Verabschiedung durch die Räte voraussichtlich auf den 1. Juli 2013 in Kraft treten. Das für dringlich erklärte Bundesgesetz untersteht dabei nicht dem fakultativen Referendum, da seine Geltungsdauer ein Jahr nicht übersteigt.

Zurückhaltende Reaktionen der betroffenen Banken
Die vom Bundesrat vorgestellte Verhandlungslösung wird von den betroffenen Banken äusserst zurückhaltend kommentiert. Grundsätzlich werde begrüsst, dass nun eine Lösung auf dem Tisch sei, war sowohl von Seiten der Grossbank Credit Suisse (CS) wie auch von Julius Bär und den beiden Kantonalbanken BKB und ZKB zu erfahren.

Die Bank begrüsse es, dass die schweizerischen Behörden einen rechtlichen Rahmen für eine Lösung des Steuerstreits gefunden haben, schreibt beispielsweise die Basler Kantonalbank (BKB) in einer Stellungnahme. Mit der vom Bundesrat nun vorstellten Lösung werde für alle Banken, die US-Kunden betreut haben, d.h. nicht nur diejenigen, welche bereits in Kontakt mit den US-Behörden stehen, eine klare rechtliche Grundlage geschaffen, um ihre allfälligen Altlasten im US-Geschäft in einem strukturierten Prozess zu lösen.

ZKB/BKB: Noch keine Rückstellungen getätigt
Sie würden bekanntlich seit längerem mit den US-Behörden im Rahmen des schweizerischen Rechts kooperieren, ergänzten die beiden Kantonalbanken. Diese zeigen sich zuversichtlich, dass mit der nun für sämtliche Banken vorgestellten Lösung auch ihre individuellen Verhandlungen mit den US-Behörden positiv beeinflusst werden und eine individuelle Vereinbarung gefunden wird.

Eine allfällige Busse gegen die Bank werde Gegenstand dieser individuellen Vereinbarung sein, schreibt die ZKB. Diese hat wie die BKB bisher noch keine Rückstellungen für eine mögliche Busse gebildet. Letztere hat dies deshalb noch nicht getan, weil die Höhe allfälliger Zahlungen noch nicht bekannt sei, sagte CEO Guy Lachappelle im Februar. Die CS hatte dagegen bereits Ende 2011 Rückstellungen von rund 300 Mio CHF für den Steuerstreit gebildet.

Die CS, Julius Bär und die beiden erwähnten Kantonalbanken gehören zu den gemäss Bundesrat insgesamt 14 Banken, gegen die das US-Justizdepartment (DoJ) Untersuchungen genehmigt hat. Allerdings habe das DOJ auch zu verstehen gegeben, dass es über mehrere weitere Banken bereits Informationen eingeholt habe, schreibt der Bundesrat in der am Mittwoch vorgelegten Botschaft an das Parlament.

SBVg: «Einwandfreie und abschliessende Regelung»
Positiv sei, dass den Banken mit dem Bundesgesetz eine Möglichkeit geboten wird, ihre Steuerproblematik rechtlich einwandfrei und abschliessend zu regeln, schreibt die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) in einer Stellungnahme. Die Weitergabe von Daten von Bankmitarbeitenden an die USA sei dabei ein wichtiges Element. Die SBVg habe sich immer stark dafür eingesetzt, dass dieser Prozess rechtstaatlich abgesichert ist und der Schutz der betroffenen Mitarbeitenden so gut wie möglich gewährleistet werden kann. Entsprechend erfreut sei der Verband, dass dazu eine Vereinbarung geschlossen werden konnte.

Befremdet zeigt sich der SBVg aber darüber, dass keine Angaben zum Programm gemacht wurden, das die USA den Schweizer Banken anbieten werden. Die Bussenhöhe sei für den Finanzplatz in der Schweiz ein wichtiges Kriterium. Der Verband wiederhole deshalb seine Forderung nachdrücklich, dass der Bundesrat weiterhin alles daran setzen müsse, um eine Lösung zu finden, die im Verhältnis zum vorgeworfenen Unrechtsverhalten steht. (awp/mc/upd/ps/pg)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert